Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss des Einwands mangelnder Prüffähigkeit einer Schlussrechnung im Rückforderungsprozess des Bürgen nach Zahlung auf erstes Anfordern

 

Leitsatz (amtlich)

Nach Zahlung auf eine Bügschaft auf erstes Anfordern kann der Bürge im Rückforderungsprozess sich auf die fehlende Prüffähigkeit der Schlussrechnung über die durch die Bürgschaft gesicherte Werklohnforderung jedenfalls dann nicht berufen, wenn er selbst die Erstellung einer prüffähigen Schlussrechnung hätte veranlassen können.

 

Normenkette

BGB §§ 765 ff.; VOB/B § 14

 

Verfahrensgang

LG Flensburg (Urteil vom 24.07.2005; Aktenzeichen 6 O 18/00)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 28.06.2007; Aktenzeichen VII ZR 199/06)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 24.7.2005 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen des LG Flensburg - 6 O 18/00 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Jedoch kann die Klägerin die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht vor Beginn der Vollstreckung die Beklagte Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kl., eine Sparkasse, begehrt von der Beklagten, eine Bau-Generalunternehmerin, die Rückzahlung einer Bürgschaftssumme, die sie an diese nach Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern ausgezahlt hatte.

Diese Bürgschaft sollte die Werklohnansprüche der Bekl. aus einem Generalunternehmervertrag vom 27.2.1998 mit der "Grundstücksgesellschaft am S. GmbH Co. KG" (Bauherrin) besichern. Trotz ursprünglichem Abschluss eines Pauschalpreisvertrages über die schlüsselfertige Instandsetzung und Modernisierung eines Wohn- und Geschäftshauses in W. mit Ladenlokalen im Erdgeschoss und Gaststätte im Kellergeschoss sowie 10 Wohnungen zu netto 1.815.000 DM kam es während der Bauausführung zu diversen Mehr- und Minderleistungen wegen Planungsänderungen.

Deren Umfang steht zwischen den Parteien ebenso im Streit wie die Behauptung der Bekl., dass die Bauherrin am 22.1.1999 insoweit Nachtragsaufträge erteilt habe. Die von der Bekl. unter Berücksichtigung bisheriger Abschlagszahlungen am 26.10.1999 erstellte Schlussrechnung hält die Klägerin aber auch schon nicht für prüffähig, weil die Bekl. zwar Zuschläge und Abzüge vorgenommen, nicht aber ihre Kalkulation offengelegt habe.

Das LG hat die Rechnung für prüffähig gehalten und nach Beweisaufnahme über die Erteilung von Nachtragsaufträgen und den Umfang der Mehr- und Minderleistungen die Rückforderungsklage im Wesentlichen abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos.

Allerdings hat der Senat die Revision zugelassen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Klägerin, eine Sparkasse, begehrt von der Beklagten die Rückzahlung einer Bürgschaftssumme, die an die Beklagte nach Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern gezahlt hat.

Eine "Grundstücksgesellschaft am S. GmbH & Co. KG" (nachfolgend: Bauherrin), für welche die Klägerin ggü. der Beklagten bis zum Betrag von 421.080 DM die streitgegenständliche Bürgschaft auf erstes Anfordern zur Sicherung von Zahlungsansprüche für erbrachte Leistungen übernommen hatte (K 1, Bl. 3 d.A.), beauftragte die Beklagte mittels Generalunternehmervertrag vom 27.2.1998 (B 3) mit der schlüsselfertigen Instandsetzung und Modernisierung eines Wohn- und Geschäftshauses in W. mit Ladenlokal im Erdgeschoss und Gaststätte im Kellergeschoss sowie 10 Wohnungen zum Pauschalpreis i.H.v. 2.105.004 DM inkl. 10 % Mehrwertsteuer (netto 1.815.000 DM). Vertragsgrundlage sollte u.a. die VOB/B sein. Gemäß § 4 Ziff. 3 des Vertrages sollte ein Vergütungsanspruch für geänderte oder zusätzliche Leistungen nur auf Grundlage einer gesonderten schriftlichen Vereinbarung mit dem Auftraggeber entstehen.

Während der Bauausführung kam es wegen Planungsänderungen zu verschiedentlichen Mehr- und Minderleistungen. Dies betraf den Fortfall einer ursprünglich geplanten Ladenpassage ebenso wie eine neue Statik. Abgesehen von der unstreitigen Inauftraggabe eines anderweitigen Gründungsverfahrens zum Pauschalpreis von 160.000 DM netto und einigen weiteren unstreitigen Positionen entstand zwischen den Parteien Streit über Inauftraggabe und Umfang dieser Leistungen. Nachdem die Beklagte der Bauherrin per 3.11.1998 diverse Nachtragsangebote erteilt hatte (B 21), aber der für die Bauherrin tätige Architekt K. diese mit Schreiben vom 14.11.1998 (A 2, Bl. 269f d.A.) zunächst zurückgewiesen hatte, kam es nach weiterer Korrespondenz - Schreiben des Architekten K. vom 1.12.1998 (A 3, Bl. 271 d.A.), Schreiben der Beklagten vom 2.12.1998 (A 4, Bl. 273 d.A.), Schreiben des Architekten K. vom 4.12.1998 (A 5, Bl. 478 d.A.) und vom 15.12.1998 (A 6 Bl. 575 d.A.) - zur Übersendung einer weiteren Mehrkostenaufschlüsselung der Beklagten vom 7.1.1999 an die Bauherrin (B 22) und am 22.1.1999 zu einer Baubesprechung in W....

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