Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerrufsrecht bei Verkauf individuell angefertigter Wintergärten zur Selbstmontage

 

Leitsatz (amtlich)

Beim Verkauf von Wintergartenbausätzen zur Selbstmontage, die nach den individuellen Maßen und Besonderheiten des Aufstellortes gefertigt werden und dadurch nicht für andere Gebäude verwendet werden können, besteht gem. § 312g Abs. 2 Ziff. 1 BGB kein Widerrufsrecht des Verbrauchers.

 

Normenkette

BGB § 312g Nr. 1; Richtlinie 2013/11/EU Art. 2 Abs. 4; UWG §§ 5, 5a, 8

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Kiel vom 20.07.2020, Az. 13 O 257/19, wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Kiel ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 20.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt von der Beklagten Unterlassung der Verwendung bestimmter Widerrufsbelehrungen und meint, es liege ein Verstoß gegen verbraucherschützende Informationspflichten vor. Die Beklagte handelt mit Glasanbauten / Wintergärten und bietet hierzu ihren Kunden Bausätze für Wintergärten zur Selbstmontage an. Auf den Bestellformularen für ein Montageset für einen Glasanbau / Wintergarten findet sich neben der Angabe der Vertragsparteien eine genauere Beschreibung der bestellten Ware und in einem Kasten im unteren Bereich des Formulars folgender Hinweis:

"Ich habe die allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie die Leistungsbeschreibung gelesen und akzeptiere diese. Das Widerrufsrecht besteht laut § 312g Abs. 2 Ziffer 1 BGB bei diesem, mit dem Auftragnehmer bestehenden Vertrag nicht, da es sich bei den bestellten Bauteilen um nach den individuellen Wünschen / Maßen des Kunden herzustellende Bauteile handelt und insofern der Ausschluss des § 312g Abs. 2 Nr. 1 Anwendung findet. Dieser lautet wie folgt:

(2) Das Widerrufsrecht besteht, soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben, nicht bei folgenden Verträgen:

1. Verträge zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind."

Wegen des weiteren Inhalts des Bestellformulars wird auf die Anlage K 3 (Bl. 32 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die genannte Ausnahme in § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB vorliegend nicht greife, da es sich bei den von der Beklagten angebotenen Waren lediglich um vorgefertigte Bausätze handele. Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 01.07.2020 (Bl. 120) habe er nachgewiesen, dass die Beklagte jedenfalls auch vorgefertigte Bausätze liefere. Auf die Anlagen K 10 und K 11 wird Bezug genommen. Zudem handele es sich, da auch die Montage der Wintergärten vermittelt werde, um Werkverträge, bei denen die Ausnahme vom Widerrufsrecht nicht eingreife.

Die Beklagte hat behauptet, dass für jeden einzelnen Wintergarten ein genaues Aufmaß genommen werde. Dieses Aufmaß entspreche den örtlichen Gegebenheiten beim Kunden und werde dann hinsichtlich der Dachkonstruktion beim Werk der T GmbH & Co. KG bestellt und dort von dieser vormontiert. Hinsichtlich des Kunststoffunterbaus schicke sie die jeweiligen erhobenen Maße und die Anzahl sowie die Art der Öffnungen und die gewählte Farbe unter Vorlage entsprechender Skizzen des geplanten Wintergartenbausatzes an die Firma R GmbH. Die Kunststoffelemente würden fest miteinander verschweißt und könnten nicht mehr getrennt werden, ohne dass das Bauteil zerstört werde. Dadurch entstünden fest verschweißte Seitenteile und ein bis zwei Frontteile. Die Beklagte hat weiter behauptet, die jeweils hergestellten Bauteilteile könnten in der Regel nicht für einen anderen Wintergarten Verwendung finden, da jeweils die örtlichen Gegebenheiten wie z. B. die Dachneigung, die Statik eines bestimmten Hauses - insbesondere bei Vorliegen großer Fenster -, die Windlast, der Fußbodenaufbau, etwaige Kellerabgänge oder Mauerteile am vorhandenen Gebäude berücksichtigt worden und die Gegebenheiten in der Regel individuell seien.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, nachdem es in der mündlichen Verhandlung noch angekündigt hatte, einen Hinweis- oder Beweisbeschluss zu erlassen. Zur Begründung heißt es u. a.: Die Beklagte könne sich auf die Bereichsausnahme des § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB berufen. Sie fertige Bausätze, die auf die jeweiligen Bedürfnisse zugeschnitten seien. Die gefertigten Bauteile würden derart verschweißt, dass sie sich nicht ohne Substanzverlust oder unverhältnismäßigen Arbeitsaufwand voneinander trennen ließen. Diese Überzeugung habe sich das Gericht aufgrund des konkreten und detailreichen Vortrages der Beklagten, der Schilderung im Termin und der Vorlage von Planungsunterlagen gebildet. Es handele sich nicht um einen Werkvertrag, da die Montage nicht geschuldet sei, sondern nach den vorliegenden Unterlagen von dem...

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