Entscheidungsstichwort (Thema)

Rücktritt nach Reparatur durch Drittfirma

 

Leitsatz (amtlich)

Reparaturversuche der mangelhaften Kaufsache bei einer Drittfirma schließen den Rücktritt nicht aus. An die Drittfirma gezahlte Reparaturkosten sind nicht erstattungsfähig, wohl aber die an den Händler wegen weiterer vergeblicher Reparaturversuche gezahlten Kosten.

 

Normenkette

BGB §§ 284, 347, 434, 437

 

Verfahrensgang

LG Itzehoe (Urteil vom 09.06.2010)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des LG Itzehoe vom 9.6.2010 in Abs. 2 des Tenors dahin geändert, dass der Kläger einen weiteren Betrag i.H.v. 729,99 EUR (nicht 1.999,05 EUR) nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.2.2010 zu zahlen hat.

Die Kostenentscheidung wird dahin geändert, dass der Kläger 18 % und die Beklagte 82 % der Kosten des Rechtsstreits erster Instanz zu tragen haben.

Im Übrigen bleibt das Urteil unverändert.

Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Von den Kosten zweiter Instanz tragen der Kläger 10 % und die Beklagte 90 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Der Kläger verlangt von der Beklagten die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über einen Pkw Renault Grand Espace sowie die Erstattung ihm entstandener Reparaturkosten für das Fahrzeug. Der dem zugrunde liegende Sachverhalt im Einzelnen ist dem Tatbestand des angefochtenen Urteils zu entnehmen. Im Übrigen wird nach §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO von der Darstellung des Tatbestandes abgesehen.

Die Berufung hat teilweise Erfolg.

1. Das LG hat dem Kläger zu Recht einen Anspruch gegen die Beklagte auf Rückabwicklung des Kaufvertrages zuerkannt. Der Anspruch auf Rückabwicklung ergibt sich aus den §§ 434, 437 Nr. 2, 440, 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

a) Die von dem Sachverständigen festgestellten Mängel der verschlossenen Abgasrückführung, der fixierten Abstellklappe im Venturimischer sowie des verharzten EGR-Ventils sind als solche außer Streit. Nicht angegriffen wird auch seine Feststellung, dass diese für die Geräuschentwicklung und den Leistungsmangel des Motors ursächlich sind. Die Beklagte wendet sich jedoch gegen die Annahme des Sachverständigen, dass die festgestellten Mängel bereits zum Zeitpunkt der Übergabe am 28.6.2007 vorhanden gewesen sein müssten. Auch dies aber hat das LG zu Recht für festgestellt erachtet.

Weshalb das im selbständigen Beweisverfahren eingeholte Gutachten nicht verwertbar sein soll, wie die Beklagte im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 8.2.2011 rügt, ist nicht nachvollziehbar. Seine Einholung ist nötig geworden, weil die Beklagte mit Schreiben vom 4.6.2006 ausdrücklich bestritten hat, dass die Geräusche bei Übergabe des Fahrzeugs bereits vorhanden gewesen seien. Ihr Bestreiten, ausdrücklich hinsichtlich beider Mängel (Geräuschentwicklung und Leistungsabfall), hat sie noch im Beweisverfahren aufrechterhalten, wie sich aus den an den Sachverständigen gerichteten Fragen im Anwaltsschriftsatz vom 25.3.2009 ergibt (Bl. 49f d. Beiakte).

Der Sachverständige hat seine Annahme auf das äußere Erscheinungsbild der Mängel gegründet. Die vorgefundenen Ölverharzungen seien weit fortgeschritten gewesen; als "hart wie Teer" hat er sie in seiner mündlichen Anhörung im selbständigen Beweisverfahren beschrieben (Bl. 74d. Beiakte). Der Bindedraht, mit dem die Abstellklappe fixiert worden sei, sei stark korrodiert gewesen. Bei diesem Erscheinungsbild gehe er davon aus, dass dieser Zustand weit über ein Jahr, eher zwei Jahre bestanden habe müsste (Bl. 75 ebd.). Eine solche Einschätzung muss einem erfahrenen Sachverständigen auch ohne Materialprüfung möglich sein. Die dem Gutachten angefügten Bilder (insb. Nr. 007, 008, 011) lassen die Schlussfolgerungen des Sachverständigen zudem als durchaus nachvollziehbar erscheinen. Sie werden nicht dadurch in Frage gestellt, dass der TÜV das Fahrzeug unbeanstandet abgenommen hat und dass die Mängel bei den Reparaturversuchen der Firma H nicht aufgefallen sind. Bei der TÜV-Untersuchung konnten sie unentdeckt bleiben, weil dort andere Fragen, nämlich die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs, im Mittelpunkt stehen. Dass die in Rede stehenden Mängel die Verkehrssicherheit beeinflusst haben könnten, ist jedoch nicht ersichtlich. Außerdem hat die Beklagte erstinstanzlich selbst Beweis dafür angetreten, dass die blindgesetzte Abgasrückführung für den Erhalt der Betriebserlaubnis unerheblich sei (Schriftsatz vom 25.2.2010 S. 4, Bl. 23 d.A.). Abgesehen davon kann der TÜV-Abnahme hier schon deshalb keine Indizwirkung für eine Mangelfreiheit zukommen, weil nach Aktenlage sowohl bei dieser wie auch bei der Abgassonderuntersuchung nicht einmal das Fehlen des betriebsnotwendigen zweiten Katalysators beanstandet wurde.

Es besagt auch nichts, dass die Mängel von der Firma H nicht entdeckt wurden. Dem Sachverständigen offenbarten sie sich erst im Rahmen einer mehrtägigen Untersuchung (Gutachten S. 5 unten), mit der er die Ursachen der Geräuschentwicklung und des Leis...

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