Verfahrensgang

LG Flensburg (Aktenzeichen 3 O 18/19)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg vom 22. November 2019 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage hinsichtlich des Feststellungsantrags zu 1) als unzulässig, hinsichtlich der Feststellungsanträge zu 5) und 6) als derzeit unzulässig und im Übrigen als unbegründet abgewiesen wird.

Das Urteil und das vorgenannte landgerichtliche Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Der Kläger als Erbbauberechtigter macht Schadensersatz geltend, weil die beklagte Kirchengemeinde der Veräußerung eines auf ihrem Grundstück bestellten Erbbaurechts nicht zugestimmt hat.

Mit Erbbauvertrag vom 25. Mai 1961 bestellte die Beklagte als Eigentümerin eines 1.095 m2 großen Grundstücks in Keitum/S, ein Erbbaurecht zugunsten des Arbeiters und Heimatvertriebenen Alfred F, zu einem jährlichen Erbbauzins von 54,75 DM. Der Erbbauberechtigte war ausweislich § 2 des Vertrags im Wesentlichen dazu berechtigt, das Erbbaugelände mit einem Wohnhaus und einem Nebengebäude zu bebauen. Im Vertrag heißt es u. a. wörtlich:

"§ 8

(1) Zu jeder Belastung des Erbbaurechts mit Hypotheken-, Grund- oder Rentenschulden oder Reallasten und zu einer sonstigen Veränderung der Belastungen des Erbbaurechts bedarf der Erbbauberechtigte der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Grundstückseigentümers. Das Gleiche gilt für jede Veräußerung oder sonstige Übertragung des Erbbaurechts.

(2) Die Zustimmung soll nicht versagt werden, wenn anzunehmen ist, daß durch die Belastung oder Veräußerung der mit der Bestellung des Erbbaurechts verfolgte Zweck nicht wesentlich beeinträchtigt oder gefährdet wird, die Persönlichkeit des Erwerbers Gewähr für eine ordnungsgemäße Erfüllung der sich aus dem Erbbaurechtsinhalt ergebenden Verpflichtungen bietet und die Belastung mit den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft vereinbar ist.

(3) Der Erbbauberechtigte darf das Erbbaurecht nicht veräußern oder sonst übertragen, ohne daß der Erwerber in sämtliche Verpflichtungen dieses Vertrages eintritt.

[...]

(5) Jede Belastung oder Veräußerung des Erbbaurechts bedarf außerdem der schriftlichen Genehmigung der kirchlichen Aufsichtsbehörde.

[...]

§ 10

(1) Der Grundstückseigentümer kann die Übertragung des Erbbaurechtes an sich oder an einen von ihm zu bezeichnenden Dritten (Heimfall) verlangen, wenn

[...]

2. für den Grundstückseigentümer die Fortsetzung des Erbbaurechtsverhältnisses aus einem in der Person des Erbbauberechtigten liegenden Grund eine unbillige Härte bedeuten würde, (z. B. Kirchenaustritt oder kirchenfeindliches Verhalten des Erbbauberechtigten),

[...]"

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrags wird auf die Anlage K 1 (Bl. 12 ff. d. A.) Bezug genommen. Dem Vertrag war ein Beschluss des Kirchenvorstands der Beklagten in der Sitzung vom 1. März 1961 vorausgegangen, wonach das Erbbaurecht zur Errichtung eines Wohnhauses im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus bestellt werden sollte, da der Antragsteller und seine Familie "Gemeindeglieder" seien (vgl. Auszug des Protokolls vom 1. März 1961, Anlage B 5, Bl. 148 d. A.). Der Erbbauberechtigte bebaute das Grundstück mit einem reetgedeckten Klinkerbau, welcher nach dem Vortrag des Klägers mittlerweile stark sanierungsbedürftig ist.

Mit notariellem Vertrag vom 29. März 2018 (Anlage K2, Bl. 17 ff. d. A.) erwarb der Kläger von dem Rechtsnachfolger des ursprünglichen Erbbauberechtigten, Herrn Egon Alfred Karl F. das Erbbaurecht zum Kaufpreis von 1.090.000,00 EUR unter der aufschiebenden Bedingung der Anpassung des Erbbaurechtsvertrags zwischen ihm und der Beklagten. Im Zusammenhang mit diesem Kaufvertrag vereinbarten die Parteien mit notariellem Vertrag vom 9. April 2018 (Anlage K 3, Bl. 39 ff. d. A.) eine Erhöhung des seit 1961 unveränderten Erbbauzinses auf 5.475 EUR jährlich für die Dauer von 10 Jahren und alsdann schrittweise Erhöhungen um weitere 5.475 EUR für jeweils 10 Jahre bis zu einem Erbbauzins von 21.900 EUR jährlich für die Zeit ab 1. Januar 2048 bis zum Ende der Laufzeit, die bis zum 3. September 2096 verlängert wurde. Außerdem wurde der Erbbaurechtsvertrag in § 6 um einen fünften Absatz ergänzt, wonach sich der jeweilige Erbbauberechtigte verpflichtet, das Erbbaurecht und das auf dem Grundstück stehende Gebäude überwiegend als Erstwohnsitz für sich und seine Familie zu nutzen.

Nachdem der Kläger vom Kirchengemeinderat der Beklagten angehört worden war, erteilte die Beklagte die Genehmigung des notariellen Kaufvertrags vom 29. März 2018.

Der Kläger wollte einen Teil des Kaufpreises, der Erwerbsnebenkosten und der aufzuwendenden Sanierungskosten über ein Bankdarlehen finanzieren. Hierzu bestellte er zu Lasten des Erbbaurechts eine Grundschuld in Höhe von 1.000.000,00 EUR nebst 15 % Zinsen p.a. un...

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