Entscheidungsstichwort (Thema)

Hinweispflichten eines Rechtsanwalts auf Fristablauf in der Unfallversicherung im Rahmen eines Mandats wegen eines Verkehrsunfalls

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Mandat, das einem Rechtsanwalt "wegen Verkehrsunfall" erteilt wird, erstreckt sich nicht auf die Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber einem privaten Unfallversicherer auch wenn dieser mit dem Haftpflichtversicherer des Unfallgegners identisch ist.

Hat ein Unfallversicherer den Mandanten mehrfach verständlich über eine Ausschlussfrist belehrt und hat der Mandant den Hinweis verstanden, besteht keine Pflicht des Anwalts, diesen Hinweis zu wiederholen.

 

Normenkette

BGB § 280 Abs. 1

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 12.05.2021 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund der Urteile gegen ihn zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweiligen Vollstreckungsbetrages leisten.

Der Wert des Berufungsverfahrens beträgt 30.247,76 EUR.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Ansprüche wegen Pflichtverletzung aus einem Anwaltsvertrag.

Der Kläger wurde als Motorradfahrer bei einem Verkehrsunfall mit einem Auto schwer verletzt. Der Beklagte zu 2, der zu diesem Zeitpunkt als Anwalt in Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit der Beklagten zu 1 tätig war, vertrat den Kläger bei der Abwicklung der Unfallschäden. Der Kläger war Inhaber einer Unfallversicherung bei der X-Versicherung, diese Gesellschaft war auch Haftpflichtversicherer des Unfallgegners. Der Unfallversicherer wies den Kläger mehrfach schriftlich darauf hin, dass Leistungen ausgeschlossen seien, wenn nicht eine ärztliche Feststellung der Invalidität erfolge. Die Schreiben des Versicherers übersandte der Kläger an den Beklagten zu 2., der gegenüber dem Unfallversicherer nicht tätig wurde. Der Versicherer lehnte später Leistungen ab, da die Invalidität nicht innerhalb der hierfür vereinbarten Frist festgestellt worden sei.

Der Kläger hat dem Beklagten zu 2 vorgeworfen, dieser habe ihm wiederholt mitgeteilt, dass zunächst die Schuldfrage bei dem Unfall geklärt werden müsse.

Mit der Klage verlangt er von den Beklagten Schadensersatz wegen fehlerhafter Beratung bei der Abwicklung der Unfallfolgen.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe nicht ausreichend darlegen und beweisen können, dass die Angelegenheit der Unfallversicherung Gegenstand des Mandats gewesen sei. Die Darstellung des Klägers, darüber, wie er dem Beklagten zu 2 einen Auftrag erteilt haben wolle, sei nicht nachvollziehbar. Ein Vertrag ergebe sie nicht schon durch die Unterzeichnung der Vollmacht mit dem Betreff "wegen Verkehrsunfall". Hierzu stehe im Widerspruch, dass der Kläger selbst ohne Hilfe durch den Beklagten zu 2 den Schaden bei der X-Versicherung gemeldet habe. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut des Schreibens der X-Versicherung vom 16.06.2015. Durch Zuleitung dieses Schreibens an den Beklagten zu 2 sei kein Mandatsverhältnis im Hinblick auf die eigene Unfallversicherung entstanden. Auch sei nicht bewiesen, dass der Beklagte zu 2 zugesagt habe, sich zu kümmern.

Der Kläger habe auch keinen Anspruch wegen der Verletzung von Schutzpflichten. Zwar träfen den Anwalt besondere Warn- und Hinweispflichten, wenn ihm die außerhalb des konkreten Mandats liegenden Begleitumstände und die hieraus drohenden Gefahren offenkundig oder bekannt sein. Für die Beklagten sei aber nicht offenkundig gewesen, dass Ansprüche verloren zu gehen drohten. Der Beklagte zu 2 habe darauf vertrauen dürfen, dass der Kläger von der X-Versicherung ausdrücklich auf den drohenden Fristablauf hingewiesen und sich ausreichend um seine Angelegenheit bezüglich der Unfallversicherung kümmern werde.

Gegen die Klageabweisung wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er ist der Ansicht, dass ihm ein Anspruch wegen einer vertraglichen Pflichtverletzung gegen die Anwälte zustehe. Aus der Anhörung des Beklagten zu 2 in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht ergebe sich, dass diesem bekannt gewesen sei, dass er - der Kläger - Aufklärungsbedarf und sich aufgrund des Unfalls in einer beruflichen Ausnahmesituation befunden habe. Die Pflichten eines Rechtsanwalts erstreckten sich auch auf die Aufklärung über die versicherungsrechtlichen Ausschlussfristen, wenn er Grund zu der Annahme habe, sein Auftraggeber sei sich einer Gefahr nicht bewusst. Er habe den Mandanten insbesondere auf die versicherungsvertraglichen Ausschlussfristen für die Geltendmachung von Invaliditätsleistungen aus einer Unfallversicherung hinzuweisen und ihm zu verdeutlichen, dass innerhalb der Frist a...

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