Verfahrensgang

LG Itzehoe (Aktenzeichen 2 O 170/14)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 19.12.2017; Aktenzeichen XI ZR 796/16)

 

Tenor

Das Versäumnisurteil des Senats vom 21.4.2016, Az. 5 U 84/15, wird aufrechterhalten.

Die Kläger tragen auch die weiteren Kosten des Berufungsrechtszugs.

Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Kläger machen gegen die Beklagte, den griechischen Staat, Erfüllungs- und hilfsweise Schadensersatzansprüche aus dem Erwerb griechischer Staatsanleihen geltend.

Die Kläger erwarben über ihre Kreditinstitute, die Hamburger Sparkasse, die comdirekt bank AG und die Deutsche Bank Privat- und Geschäftskunden AG, von der Beklagten emittierte Schuldverschreibungen. Der Kläger zu 1) zeichnete am 18. und am 22.3.2011 Griechenland EO-Notes 1998, ISIN GR0128001584, in Höhe von nominal 20.000,00 EUR respektive 2.000,00 EUR und zahlte dafür 18.902,99 EUR bzw. 1.899,38 EUR. Bereits am 21.9.2010 hatte der Kläger zu 1) eine Griechenland-Anleihe, ISIN GR0124021552, in Höhe von nominal 2.000,00 EUR gekauft und dafür 1.756,31 EUR bezahlt. Die Klägerin zu 2) zeichnete am 23.3.2011 Griechenland EO-Notes 1998, ISIN GR0128001584, in Höhe von nominal 20.000,00 EUR und zahlte dafür 19.012,73 EUR. Die Wertpapierkäufe gemäß der Anlagen K2 und K4 wurden als Komissionsgeschäfte durchgeführt; in Anlage K1 heißt es insofern "Wertpapierrechnung, Verwahrland Griechenland".

Im Jahr 2012 führte die Regierung der Beklagten angesichts ihrer schweren Schuldenkrise in Abstimmung mit der so genannten "Troika", bestehend aus der Europäischen Union, der Europäischen Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds, eine Umschuldung ihrer Staatsanleihen durch, von der auch die streitgegenständlichen Anleihen der Kläger erfasst waren. Am 24.2.2012 richtete die Beklagte sich an Investoren, die direkt am Girosystem der griechischen Zentralbank beteiligt waren und lud diese zur Teilnahme an der Umschuldung ein. Dieses Angebot eröffnete die Möglichkeit, die Anleihepapiere zu einem um 53,5 % verringerten Nennwert gegen neue Staatsanleihen und Schuldverschreibungen umzutauschen.

Neben dem Umtauschangebot enthielt der Umschuldungsprozess noch eine weitere Komponente, nämlich den "Collective Action"-Prozess (Gläubigerbeschluss), für den durch das am 23.2.2012 vom griechischen Parlament verabschiedete Gesetz 4050/2012 die Grundlage geschaffen wurde. Das Gesetz schuf die Möglichkeit, auch die Anleihegläubiger - wiederum nur die Teilnehmer am Girosystem der griechischen Zentralbank -, die das Umtauschangebot nicht angenommen hatten, in den Umschuldungsprozess einzubeziehen. Voraussetzung hierfür war, dass die Anleihegläubiger über den Umtausch der teilnehmenden Anleihepapiere mit einem Quorum von 50 % des ausstehenden Nennbetrages dieser Titel abstimmen würden. Ferner musste für die Annahme des Vorschlages eine Zweidrittelmehrheit erreicht werden. Damit schuf das Gesetz 4050/2012 den Rahmen für eine nachträgliche Änderung der Anleihebedingungen durch Mehrheitsentscheidung der Anleihegläubiger. Die an der Abstimmung teilnehmenden Gläubiger repräsentierten zusammen 91,5 % des ausstehenden Gesamtnennbetrages und 94,34 % des teilnehmenden Kapitals stimmte für den Vorschlag. Der diese Entscheidung billigende Beschluss des Ministerrats hatte die Wirkung, dass - entsprechend den Bestimmungen des Gesetzes 4050/2012 - nunmehr alle Anleger und Anleihegläubiger der Titel hieran gebunden waren. Am 12.3.2012 wurden deshalb alle betroffenen Anleihepapiere durch die Griechische Zentralbank eingezogen und sämtliche aus ihnen resultierenden Rechte und Pflichten erloschen. Im Gegenzug wurden die ersatzweise zur Verfügung gestellten neuen Anleihen in das System eingebucht. Auch die Wertpapiere der Kläger wurden in diesem Rahmen im März 2012 ausgebucht; stattdessen wurden 24 andere Wertpapiere eingebucht. Mit dieser Neueinbuchung hatten die Anleihen der Kläger 53,5 % ihres ursprünglichen Nominalwerts (44.000,00 EUR) verloren; sie hatten nunmehr einen Nominalwert von 20.460,00 EUR.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, die deutschen Gerichte seien örtlich zuständig. Die Beklagte könne sich nicht auf Staatenimmunität berufen. Der Verbrauchergerichtsstand gemäß Art. 15 Abs. 1c), 16 Abs. 1 EuGVVO sei eröffnet. Der Umtausch aufgrund des griechischen Gesetzes sei unwirksam und habe gegen wesentliche Grundrechte des deutschen und griechischen Verfassungsrechts sowie gegen die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten verstoßen (EMRK).

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die deutsche Gerichtsbarkeit sei nicht eröffnet. Der Klage stehe der Einwand der Staat...

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