Entscheidungsstichwort (Thema)

"Hochziehen" des erstinstanzlich verbliebenen Teils eines Rechtsstreits durch das mit einem Teilurteil befasste Berufungsgericht

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ist ein für den Kläger günstiges Teilurteil noch in der Berufungsinstanz anhängig, während die erste Instanz nach Rücknahme der Klage im Übrigen bereits im Wege eines Schlussurteils über die Kosten entscheidet, hebt das Berufungsgericht dieses Schlussurteil auch ohne gesonderten Antrag auf und entscheidet seinerseits abschließend auch über die Kosten des Rechtsstreits, wenn es der Berufung des Beklagten stattgibt und die Klage abweist.

2. Die Wirksamkeit einer aus wichtigem Grund ausgesprochenen Abberufung vom Amt des GmbH-Geschäftsführers hängt allein von der materiellen Rechtslage nach § 38 Abs. 2 GmbHG ab. Ist die Abberufung durch die Gesellschafterversammlung materiell rechtmäßig, greift sie sofort mit Bekanntgabe des Beschlusses

 

Normenkette

GmbHG § 38; ZPO § 301

 

Verfahrensgang

LG Lübeck (Urteil vom 24.10.2006; Aktenzeichen 11 O 48/06)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten zu 1) wird das am 24.10.2006 verkündete Teilurteil der Kammer für Handelssachen II des LG Lübeck insoweit geändert, als dort nicht bereits die Klage gegen die Beklagten zu 2) und 3) abgewiesen worden ist und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) und 3) der Klägerin auferlegt worden sind.

Die Klage gegen den Beklagten zu 1) wird als unzulässig abgewiesen.

Das am 21.12.2006 verkündete Schlussurteil der Kammer für Handelssachen II des LG Lübeck wird aufgehoben. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits auch im Übrigen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten zu 1) gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zu 1) vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin - erstinstanzlich vertreten durch Rechtsanwalt W. als besonderen Vertreter - verlangt Auskunft und Rechnungslegung über Einnahmen und Ausgaben der Gesellschaft in der Zeit vom 1.1.1995 bis 31.12.2005. Erstinstanzlich hat sie insoweit die Beklagten zu 1) und 2) im Wege der Stufenklage mit der Ankündigung von Schadensersatzansprüchen nach Auskunftserteilung in Anspruch genommen. Einen gegen den Beklagten zu 3) in der Klagschrift angekündigten Schadensersatzanspruch hat die Klägerin nicht gestellt, weshalb insoweit zu ihren Lasten durch Versäumnisurteil entschieden worden ist.

Die Klägerin ist von dem Beklagten zu 1) 1984 gegründet worden. Hinsichtlich ihrer Satzung wird auf die im Tatbestand des angefochtenen Urteils S. 4 enthaltenen Auszüge verwiesen. Am 18.4.1995 schloss der Beklagte zu 1) mit dem Nebenintervenienten - dieser allerdings durch eine vollmachtlose Vertreterin vertreten - einen Vertrag über die Abtretung eines Geschäftsanteils von 15.000 DM. Die Wirksamkeit dieser Abtretung und damit die Gesellschafterstellung des Nebenintervenienten sind zwischen ihm und dem Beklagten zu 1) im Streit. Tatsächlich wurde der Nebenintervenient in der Folgezeit jedenfalls als Mitgeschäftsführer der Klägerin tätig. Spätestens seit dem Jahr 2005 kam es zu erheblichen Streitigkeiten zwischen dem Beklagten zu 1) und dem Nebenintervenienten. Auf Gesellschafterversammlungen vom 31.5.2005 und 5.7.2005 wurde beschlossen, dass einerseits der Kläger und andererseits der Nebenintervenient als Geschäftsführer der Beklagten aus wichtigem Grund abberufen und ihr Anstellungsverhältnis aus wichtigem Grund gekündigt würden. Mit rechtskräftigem Urteil vom 13.9.2005 (11 O 46/05 und 11 O 65/05) stellte das LG Lübeck fest, dass die Beschlüsse dieser Gesellschafterversammlungen nichtig seien.

Am 4.4.2006 fand erneut eine Gesellschafterversammlung der Beklagten statt, an der der Beklagte zu 1) und der Nebenintervenient mit ihren jeweiligen Anwälten teilnahmen. Dort stand auf der Tagesordnung die wechselseitige Beschlussfassung über die Abberufung als Geschäftsführer aus wichtigem Grund und die fristlose Kündigung des Anstellungsvertrages sowie die gegenseitige Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen. Hinsichtlich der Einzelheiten der Tagesordnung und des Ergebnisses dieser Gesellschafterversammlung wird auf das Versammlungsprotokoll Anlage K 1 im Anlagenband Bezug genommen. Die Versammlung beschloss mit den Stimmen des Beklagten zu 1) die Abberufung des Nebenintervenienten als Geschäftsführer und die Kündigung seines Anstellungsvertrages aus wichtigem Grund, sowie die gerichtliche Geltendmachung von Schadenseratzansprüchen der Gesellschaft gegen diesen unter Beauftragung von Rechtsanwalt H., den Rechtsstreit für die Klägerin zu führen. Umgekehrt beschloss die Versammlung mit den Stimmen des Nebenintervenienten die Abberufung des Beklagten zu 1) als Geschäftsführer und die Kündigung des Anstellungsverhältnisses aus wichtigem Grund sowie die Beauftragung von Rechtsanwalt W., für die Klägerin u.a. Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten z...

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