Entscheidungsstichwort (Thema)

Verwirkung des Geschiedenenunterhalts nach 18 Monaten eheähnlichen Zusammenlebens

 

Leitsatz (amtlich)

Zieht der neue Partner der geschiedenen Ehefrau in das ehemalige Familienheim, an dem er Miteigentum vom geschiedenen Ehemann erworben hat, und lebt er dort eheähnlich mit der geschiedenen Ehefrau, kann dies auch schon nach 18 Monaten zu einer Verwirkung von deren Anspruch auf Geschiedenenunterhalt führen.

 

Verfahrensgang

AG Norderstedt (Urteil vom 09.09.2003; Aktenzeichen 53 F 62/03)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des AG – FamG – Norderstedt vom 9.9.2003 abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die notarielle Scheidungsvereinbarung der Parteien vom 11.8.2000 des Notars ‚ wird in II. § 5 Ziff. 2 dahin abgeändert, dass ab 1.1.2002 die Unterhaltsverpflichtung des Klägers ggü. der Beklagten entfällt.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Mit seiner Abänderungsklage begehrt der Kläger die Abänderung einer Scheidungsfolgenvereinbarung der Parteien dahingehend, dass er ab dem 1.1.2002 der Beklagten keinen nachehelichen Unterhalt mehr zu zahlen hat.

Die Parteien hatten am 1987 geheiratet. Die Ehe ist seit dem 2001 geschieden. Aus der Ehe sind die Kinder M ‚ geboren am 1987, und J ‚ geboren am 1991, hervorgegangen. Die Kinder leben seit der Trennung der Parteien am 1.8.1999 bei der Beklagten auf dem vormaligen Familiengrundstück.

Mit notarieller Urkunde des Notars D. in Q. vom 11.8.2000 verkaufte der Kläger seine Eigentumshälfte am gemeinsamen ehelichen Grundstück mit Reihenhaus in E. an Herrn P. Jedenfalls seit dem 1.7.2000 lebt die Beklagte mit Herrn P. zusammen. In der vorgenannten notariellen Urkunde verpflichtete sich der Kläger, an die Beklagte einen monatlichen Ehegattenunterhalt i.H.v. 416,58 Euro zu zahlen. Auch der Kindesunterhalt wurde geregelt.

Im ersten Rechtszug hat der Kläger vorgetragen, die Beklagte lebe mit Herrn P. bereits seit dem 1.8.1999 zusammen. Dessen Auto sei häufig auf der Straße vor dem Haus in E. abgestellt gewesen. Deshalb sei der Ehegattenunterhaltsanspruch der Beklagten seit dem 1.1.2002 entfallen. Ein Kindesbetreuungsunterhaltsanspruch stehe der Beklagten nicht zu, da sie vollschichtig arbeiten könne und auch Herr P. ausreichend verdiene. Die Kinder benötigten keinerlei Betreuung mehr.

Zudem habe die Beklagtenvertreterin ihn bei Abschluss der notariellen Vereinbarung über Unterhaltsvoraussetzungen getäuscht.

Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe Herrn P. Ende Juli 1999 kennen gelernt. Er habe in Cuxhaven gewohnt und sei ab und zu am Wochenende zu ihr zu Besuch gekommen. Beruflich sei er ab 1.4.2000 nach H. versetzt worden. Sein Haus habe er zum 1.7.2000 verkauft. Bis dahin sei er regelmäßig nach C. gefahren. Seit dem 1.7.2000 lebe er bei ihr.

Mit dem angegriffenen Urteil hat das AG – FamG – die notarielle Scheidungsvereinbarung dahingehend abgeändert, dass ab 1.1.2003 die Unterhaltsverpflichtung ggü. der Beklagten entfällt. Auf den Inhalt des Urteils wird Bezug genommen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Ziel weiter, dass die Unterhaltsverpflichtung ggü. der Beklagten ab dem 1.1.2002 entfällt.

Der Kläger macht geltend:

Es sei verfehlt, die 2 1/2-jährige Wartezeit auf den 1.7.2000 zu legen. Es komme darauf an, welches Erscheinungsbild das Verhältnis zu Herrn P. in der Öffentlichkeit abgegeben habe, wobei unerheblich sei, ob sie noch getrennt gelebt oder näher miteinander zusammen gewesen seien. Wenn Herr P. nach dem 1.8.1999 ab und zu bei ihr übernachtet habe und sein Pkw vor dem Haus geparkt worden sei, müsse jedermann annehmen, dass er nunmehr an seine, des Klägers, Stelle getreten sei. Abgesehen davon müsse nach der Rspr. die Probezeit nach Bezug des gemeinsamen Hauses auf unter 2 Jahre gekürzt werden. Im Übrigen stütze er seine Berufung auch auf das Rechtsinstitut c.i.c. mit Rücksicht auf den Hilfsantrag.

Der Kläger beantragt, das Urteil des AG – FamG – Norderstedt abzuändern und die Scheidungsfolgenvereinbarung in II § 5 Ziff. 2 aus der Urkunde vom 11.8.2000 des Notars D. in Q., UR-Nr. …, dahin abzuändern, dass die Unterhaltsverpflichtung ggü. der Beklagten ab 1.1.2002 entfalle;

hilfsweise: die Beklagte zu verurteilen, ihm die monatliche Unterhaltszahlung von 416,58 Euro aus der notariellen Urkunde ab 1.1.2002 zu erlassen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor:

Es gebe keine „Wartezeit”. Nach der Rspr. sei nicht vor Ablauf einer gewissen Mindestzeit, die im Regelfall kaum unter 2 bis 3 Jahre liegen dürfe, nicht verlässlich zu beurteilen, ob die Parteien nur probeweise zusammenleben, oder ob eine die Ehe ersetzende Lebensgemeinschaft begründet sei. Ferner müsse die Zumutbarkeit einer uneingeschränkten Unterhaltsbelastung geprüft werden. Der Kläger sei durch die Hausübernahme von seinen Gesamtkosten entlastet worden. Er könne sich nicht aller Belastungen entledigen. Keineswegs sei die Zweijahresfrist nach der Entscheidung...

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