Verfahrensgang

LG Kiel (Beschluss vom 09.04.1997; Aktenzeichen 11 O 489/96)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten der Klägerin nach einem Beschwerdewert von 3.895,00 DM zurückgewiesen.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist gem. § 17 a Abs. 4 S. 3 GVG statthaft und auch form- und fristgerecht eingelegt worden, §§ 569 Abs. 2, 577 Abs. 2 ZPO.

Das Rechtsmittel ist unbegründet, weil das Landgericht den Rechtsstreit zu Recht an das zuständige Arbeitsgericht verwiesen hat. Die Beklagte gilt nämlich als Arbeitnehmerin im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes gem. §§ 5 Abs. 3 ArbGG, 92 a HGB.

1. Maßgebend für die Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges ist allein der Vortrag der Klägerin. Allerdings kommt es nicht auf deren Bewertungen an. Entscheidend ist vielmehr, ob sich das Klagebegehren nach den zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen bei objektiver Würdigung aus einem Sachverhalt herleitet, der nach Bürgerlichem Recht zu beurteilen ist. Die behauptete Zuständigkeit muß sich mit anderen Worten schlüssig aus dem Klagevorbringen ergeben (BGH VersR 1996, 1563 m. w. N.).

Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich aus ihrem eigenen Vortrag, daß für den geltend gemachten Anspruch gegen die Beklagte die Arbeitsgerichte aufgrund der Sonderregelung der §§ 5 Abs. 3 ArbGG, 92 a HGB zuständig sind.

a) Die Beklagte war bis zur Beendigung des Vertragsverhältnisses zum 31. März 1995 hauptberuflich für die Klägerin als Einfirmenvertreterin i. S. v. § 92 a HGB tätig. Das folgt aus Nummer 1.1 und 1.2 des von der Klägerin selbst vorgelegten Zusatzvertrages für Führungskräfte vom 30.01./03.02.1994. Ausführungen dazu erübrigen sich angesichts des eindeutigen Vertragswortlautes.

b) Gem. § 5 Abs. 3 S. 1 ArbGG ist die Beklagte als Arbeitnehmerin zu behandeln, wenn sie während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses im Durchschnitt nicht mehr als 2.000,00 DM monatlich an Vergütung bezogen hat.

Das Vertragsverhältnis der Parteien ist zum 31. März 1995 aufgehoben worden. Im Ausgangspunkt kommt es folglich auf die Vergütungen an, die die Beklagte für den Zeitraum vom 1. Oktober 1994 bis zum 31. März 1995 bezogen hat. Die Klägerin hat in ihrem Schriftsatz vom 27. Februar 1997 die Auffassung vertreten, daß die Beklagte spätestens seit April 1994 kaum noch Aktivitäten entfaltet habe, insbesondere sei nach diesem Zeitpunkt die Zahl der Eigengeschäftsanträge äußerst gering gewesen. Die von der Klägerin vorgelegten Abrechnungsunterlagen weisen aus, daß für jenen Zeitraum nur noch geringe Beträge an die Beklagte geflossen sind. Kommt es auf die letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses an, kann es keinem Zweifel unterliegen, daß die Beklagte als Arbeitnehmerin i. S. v. § 5 Abs. 3 S. 1 ArbGG zu behandeln ist.

c) Allerdings ist anerkannt, daß bei der Bemessung des Zeitraumes die Monate außer Betracht zu bleiben haben, in denen das Vertragsverhältnis bereits gestört war.

Im Sinne dieser Rechtsprechung vertritt die Klägerin die Auffassung, nur die letzten sechs Monate vor dem 31. März 1994 seien als ein ungestörtes Vertragsverhältnis zu betrachten.

Diese Auffassung ist rechtsirrig. Das Vertragsverhältnis ist nicht dann gestört, wenn es aus der Sicht des Unternehmers nicht mehr wirtschaftlich befriedigend verläuft. Von einem gestörten Vertragsverhältnis im hier maßgeblichen Sinne kann erst dann die Rede sein, wenn zwischen den Vertragsparteien Streit entweder über den Bestand des Vertragsverhältnisses oder über maßgebliche Pflichten entsteht und der Handelsvertreter infolge dieses Streites seine Tätigkeit für den Unternehmer ganz oder überwiegend schon von der formellen Beendigung des Vertragsverhältnisses einstellt. Die von der Klägerin bevorzugte Auslegung des Begriffs „Störung” unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist mit der gerade für die Frage des Rechtsweges gebotenen Klarheit oder Rechtssicherheit unvereinbar.

Für die Umstände, die eine Abweichung von dem Zeitraum der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses wegen einer bereits eingetretenen Störung im dargelegten Sinne gebieten, ist derjenige darlegungs- und beweispflichtig, der sich darauf beruft.

Was die Klägerin hierzu vorträgt, ist im Sinne der dargelegten Grundsätze nicht schlüssig.

Die von der Klägerin in dem bereits genannten Schriftsatz vom 27. Februar 1997 dargelegte Entwicklung der Eigengeschäfte ist noch nicht einmal ein Indiz dafür, daß die Beklagte sich in den letzten Monaten des Vertragsverhältnisses nicht mehr mit voller Arbeitskraft für die Klägerin eingesetzt haben sollte. Daß die Zahl der Eigengeschäfte der Beklagten nach ihrer „Beförderung” zur Führungskraft zurückgingen, liegt in der Natur der Sache. Dazu bedarf es nur eines Blickes in den Zusatzvertrag für Führungskräfte. Danach ist es nicht mehr in erster Linie Aufgabe einer Führungskraft, Eigengeschäfte zustande zu bringen, sondern die ihr unterstellten Mitarbeiter zu optimaler Vermittlungstätigkeit anzuhalten. Dafür erhält die Führungskraft zum Ausgleich auch die unter Nummer 5 des V...

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