Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertretungsnachweis bei der GbR

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wenn in der Zeit bis zum Inkrafttreten der Neufassung des § 47 GBO durch das ERVGBG eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nur unter ihrer Bezeichnung in das Grundbuch eingetragen worden ist, kann das Nachweisniveau des § 29 GBO nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls gelockert werden, um eine endgültige faktische Grundbuchsperre zu verhindern.

2. Soweit ein Nachweis in der Form des § 29 GBO nicht möglich ist, kann das Grundbuchamt in derartigen Fällen auch nichturkundliche Beweise oder Erfahrungssätze heranziehen und in freier Würdigung aller ihm bekannten Tatsachen das Vorliegen der Eintragungsvoraussetzungen prüfen.

 

Normenkette

BGB § 899a; GBO §§ 29, 47

 

Verfahrensgang

AG Pinneberg (Beschluss vom 19.01.2011)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1. und 2. vom 24.1.2011 wird der Beschluss des Grundbuchamtes des AG Pinneberg vom 19.1.2011 aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, die am 15.12.2010 von der Beteiligten zu 1. bewilligte und beantragte Eintragung einer Grundschuld (UR-NR./2010 der Notarin Dr. M D. in Hamburg, am 29.12.2010 mit Antrag der Beteiligten zu 2. beim Grundbuchamt eingereicht) vorzunehmen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten begehren die Eintragung einer Grundschuld zugunsten der Beteiligten zu 2., welche die im Rubrum genannten Gesellschafter Boris B., Stefan T. und Holger Z. als Vertreter der Beteiligten zu 1. bewilligt haben.

Die genannten Gesellschafter hatten die Beteiligte zu 1. mit privatschriftlichem Gesellschaftsvertrag vom 13.9.2007 gegründet (Anlage B 1 zur Beschwerdeschrift). Gegenstand des Unternehmens sind der Erwerb, die Bebauung und die Verwaltung des betroffenen Grundbesitzes in R.. Mit notariellem Kaufvertrag vom 27.12.2007 erwarb die Gesellschaft, vertreten durch die Gründungsgesellschafter, den Grundbesitz (UR-NR./2007 des Notars Dr. F. M. in Hamburg, Anlage B 2, ONr. 30 der Grundakten).

Am 19.1.2008 nahm das Grundbuchamt die beantragte Eintragung der im Kaufvertrag bewilligten Auflassungsvormerkung vor, allerdings nur mit der Gläubigerbezeichnung "Grundstücksgesellschaft R. GbR" ohne Angabe der Gesellschafter. Ein Beschwerdeverfahren führte dazu, dass das LG Itzehoe das Grundbuchamt anwies, die Eintragung der Vormerkung zu ändern und die Gesellschafter ebenfalls in das Grundbuch einzutragen (Anlage B 7). Dies geschah am 23.5.2008.

Am 18.2.2009 trug das Grundbuchamt sodann die Beteiligte zu 1. als Eigentümerin ein, und zwar wiederum ohne Angabe ihrer Gesellschafter. Dieser Fassung der Eintragung war ein Beschwerdeverfahren gegen eine Zwischenverfügung des Grundbuchamtes vorausgegangen, wonach nur die Gesellschaft und nicht die Gesellschafter eingetragen werden könnten (vgl. dazu den Nichtabhilfebeschluss vom 16.12.2008, Anlage B 10). Die Beteiligte zu 1. hatte die Beschwerde zwar im Hinblick auf die Entscheidung des BGH zur Grundbuchfähigkeit der GbR vom 4.12.2008 (BGHZ 179, 102) zurückgenommen, sich jedoch in der Folgezeit mit Schreiben vom 8. und 15.1.2009 weiterhin um die Eintragung auch der Gesellschafter bemüht.

Mit notariell beglaubigter Erklärung ihrer Gründungsgesellschafter vom 15.12.2010 (UR-NR./2010 der Notarin Dr. M D. in Hamburg) bewilligte und beantragte die Beteiligte zu 1. die Eintragung einer Buchgrundschuld zugunsten der Beteiligten zu 2. i.H.v. 2.630.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 15 % jährlich. Die Beteiligte zu 2. hat diese Erklärung am 29.12.2010 beim Grundbuchamt eingereicht und sich den darin enthaltenen Anträgen angeschlossen.

Mit Schreiben vom 3.1.2011 hat das Grundbuchamt der Beteiligten zu 2. den Hinweis erteilt, es sei nicht nachgewiesen, dass die handelnden Personen immer noch (alleinige) Gesellschafter der Beteiligten zu 1. und vertretungsberechtigt seien. Formlose Anteilsübertragungen könnten stattgefunden haben. Die Vermutung in § 899a BGB gelte nicht, da die Gesellschafter nicht in das Grundbuch eingetragen worden seien. Weil das Eintragungshindernis auch nicht behebbar sei, werde um Rücknahme des Eintragungsantrages gebeten.

Daraufhin hat die beglaubigende Notarin das Grundbuchamt um Mitteilung gebeten, ob als Nachweis eine näher bezeichnete Ergänzungsurkunde ausreichend sei. Das Grundbuchamt hat indes an seiner Auffassung festgehalten, es sei eine Grundbuchsperre eingetreten. Nach weiterem Schriftwechsel hat das Grundbuchamt den Antrag auf Eintragung der Grundschuld durch Beschluss vom 19.1.2011 zurückgewiesen. Der Gesellschafterbestand und die Vertretungsverhältnisse der Beteiligten zu 1. seien zu keiner Zeit nachgewiesen worden, da die Gesellschaft bereits vor dem Abschluss des Kaufvertrages vom 27.12.2007 privatschriftlich gegründet worden sei. Daher genüge es auch jetzt nicht, wenn die seinerzeit handelnden Personen die Gesellschaft vertreten hätten.

Dagegen haben die Beteiligten zu 1. und 2. am 24.1.2011 Beschwerde beim OLG Schleswig eingereicht. Wegen der Ausführungen zu ihrer Rechtsauffassung wird auf den Inhalt der Beschwerdeschrift vom 24.1.2011 ver...

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