Entscheidungsstichwort (Thema)

Geltendmachung einer Familienstreitsache im Wege des Widerantrags

 

Leitsatz (amtlich)

In einem Verfahren betreffend eine Familienstreitsache kann eine andere Familienstreitsache grundsätzlich im Wege des Widerantrags geltend gemacht werden.

 

Normenkette

FamFG § 113 Abs. 1 S. 2, § 117 Abs. 2; ZPO §§ 33, 538 Abs. 2 Nr. 3

 

Verfahrensgang

AG Lübeck (Beschluss vom 18.12.2014; Aktenzeichen 125 F 12/14)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Lübeck vom 18.12.2014 (125 F 12/14) aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das AG - Familiengericht - Lübeck zurückverwiesen.

2. Von der Erhebung von Gerichtskosten und gerichtlichen Auslagen für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen.

Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten im Beschwerdeverfahren bleibt der Endentscheidung des Familiengerichts vorbehalten.

3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten waren miteinander verheiratete Eheleute. Die Ehescheidung (AG U.) ist am 15.9.2011 rechtskräftig geworden.

Durch Antrag vom 2.8.2011 begehrt die Antragsgegnerin zunächst gegenüber dem LG Lübeck die Herausgabe von vier Stück Sommerkompletträdern sowie Zahlung von Schadensersatz. Durch Beschluss des LG Lübeck vom 5.10.2011 wurde das Verfahren an das AG - Familiengericht - Lübeck verwiesen. Das LG hat die Verweisung mit der vorrangigen Zuständigkeit des Familiengerichts nach § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG begründet.

Im Verfahren vor dem AG - Familiengericht - Lübeck begehrt der Antragsteller von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 10.4.2012 im Wege des Widerantrages Auskunft über den Bestand ihres End- und Anfangsvermögens zum Zwecke der Geltendmachung eines Anspruches auf Zugewinnausgleich. In diesem Stufenantrag macht der Antragsteller weiterhin einen unbezifferten Antrag auf Zahlung von Zugewinnausgleich geltend.

Durch Beschluss vom 9.1.2014 wurde das Verfahren betreffend den Widerantrag abgetrennt. Nach entsprechendem Hinweis des Familiengerichts, dass es für den Widerantrag örtlich nicht zuständig sei, ist dieser durch Beschluss vom 18.12.2014 als unzulässig abgewiesen worden. Zur Begründung hat das Familiengericht ausgeführt, dass es nicht zulässig sei, eine sonstige Familiensache i.S.d. § 266 FamFG und einen Antrag auf Zugewinnausgleich in einem Verfahren miteinander zu verbinden.

Gegen die Entscheidung des Familiengerichts wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde. Er ist der Auffassung, dass es keinerlei rechtliche Gründe gäbe, die eine Verbindung dieser beiden Verfahren ausschließen würden.

Zuletzt hat der Antragsteller beantragt, den Beschluss des AG Lübeck - Familiengericht - vom 18.12.2014, Az. 125 F 12/14, aufzuheben und das Verfahren an das AG Lübeck - Familiengericht - zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Entscheidung des Familiengerichts sei nicht zu beanstanden.

Der Senat hat durch Beschluss vom 27.2.2015 darauf hingewiesen, dass das Familiengericht den Antrag zu Unrecht als unzulässig abgewiesen habe und beabsichtigt sei, das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Familiengericht zurückzuweisen. Weiterhin wurde in diesem Beschluss angekündigt, ohne mündliche Verhandlung über die Beschwerde zu entscheiden.

II. Die nach den §§ 58 ff. FamFG statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache insoweit vorläufigen Erfolg, als der angefochtene Beschluss einschließlich des zugrunde liegenden Verfahrens aufzuheben und das Verfahren an das AG - Familiengericht - Lübeck zurückzuverweisen ist, § 117 Abs. 2 Satz 1 FamFG i.V.m. § 538 Abs. 2 Nr. 3 ZPO.

1. Entgegen der vom Familiengericht vertretenen Rechtsauffassung, kann der Antragsteller den von ihm als Stufenantrag erhobenen Anspruch auf Auskunft und Zahlung von Zugewinnausgleich im Wege des Widerantrages gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 33 ZPO in dem beim Familiengericht rechtshängigen Verfahren geltend machen.

Bei dem bei dem Familiengericht rechtshängigen Ausgangsverfahren handelt es sich um eine sonstige Familienstreitsache i.S.d. § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG. Die Antragsgegnerin macht in diesem Verfahren Ansprüche auf Herausgabe von Gegenständen und Schadensersatzansprüche geltend.

Voraussetzung für die Geltendmachung eines Anspruches im Wege des Widerantrages gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 33 ZPO ist zunächst die sachliche Zuständigkeit des Gerichts für den Widerantrag.

Das AG - Familiengericht - Lübeck ist als Familiengericht gemäß § 23a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GVG für den Widerantrag des Antragstellers sachlich zuständig, da es sich mit den Antrag auf Auskunft und Zahlung von Zugewinn um eine Güterrechtssache und damit um eine Familiensache (§ 111 Nr. 9 FamFG) handelt.

2. Weiterhin muss ein Zusammenhang mit dem antragsweise geltend gemachten Anspruch bestehen (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 33 Rn. 15)....

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