Entscheidungsstichwort (Thema)

Antrag nach § 729 Abs. 2 ZPO

 

Leitsatz (amtlich)

Wegen der weitreichenden wirtschaftlichen Folgen einer Nachfolgeklausel ist § 727 ZPO streng formal anzuwenden, selbst wenn die Erfolgsaussichten einerKlage auf Erteilung der Vollstreckungsklausel nach § 731 ZPO auf der Handliegen.

 

Orientierungssatz

Nachweis der Voraussetzungen einer Nachfolgeklausel gem. §§ 727, 729 II ZPO.

 

Normenkette

ZPO §§ 727, 729 Abs. 2, § 731

 

Verfahrensgang

LG Kiel (Aktenzeichen 9 O 367/94)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Die Erinnerung der Erinnerungsführerin vom 13. Juli 1999 wird zurückgewiesen.

Die Erinnerungsführerin trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens nach einem Wert von 538.598,31 DM.

 

Gründe

Die gemäß §§ 567 Abs. 1, 729 Abs. 2, 727 ZPO zulässige Beschwerde der Gläubigerin ist begründet.

Nach dem maßgebenden Sachstand zum Zeitpunkt der Senatsentscheidung (dazu Thomas/Putzo, ZPO, 21. Aufl., § 732 RdNr. 7) hat die Rechtspflegerin im Ergebnis zu Recht der Gläubigerin eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 6. August 1998 auch zum Zwecke der Zwangsvollstreckung gegen die Erinnerungsführerin als Firmenübernehmerin des Schuldners M. S. gemäß §§ 729 Abs. 2, 727 ZPO erteilt.

Allerdings ist im angefochtenen Beschluß zutreffend ausgeführt, durch die vorgelegten beglaubigten Handelsregisterauszüge allein seien die Voraussetzungen einer Firmenfortführung i.S.v. § 25 Abs. 1 HGB nicht durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen. Zwar hat das Landgericht nicht geprüft, ob Nachweislücken wegen Offenkundigkeit von Tatsachen, die für den Haftungstatbestand des § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB konstitutiv sind, unschädlich sein könnten, § 727 Abs. 1 ZPO. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist indes der angefochtene Beschluß nach dem Verfahrensstand zur Zeit der landgerichtlichen Entscheidung nicht zu beanstanden.

Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 4. November 1991 (NJW 1992, 911), dessen Maßgeblichkeit von den Verfahrensbeteiligten nicht angezweifelt wird und dessen Grundsätzen der Senat folgt, ist für den Haftungstatbestand des § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB die durch Firmenfortführung nach außen dokumentierte Kontinuität des in seinem wesentlichen Bestand fortgeführten Unternehmens entscheidend (BGH aaO. S. 911).

Ein Antragsteller nach § 729 Abs. 2 ZPO muß daher mit den Mitteln des § 727 Abs. 1 ZPO nicht nur nachweisen oder durch Offenkundigkeit belegen, daß der neue Unternehmensträger die Firma des alten Unternehmensträgers, also seinen Namen, unter dem er seine Geschäfte betrieben hat, § 17 Abs. 1 HGB, fortführt, sondern auch, daß das bisherige Unternehmen in seinem wesentlichen Bestand fortgeführt wird.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist § 727 ZPO wegen der weitreichenden wirtschaftlichen Folgen einer Nachfolgeklausel streng formal anzuwenden. Jede Lücke in der Nachweisführung mit den nur zugelassenen Mitteln führt zur Abweisung des Antrages auf Erteilung einer Vollstreckungsklausel gegen den angeblichen Rechtsnachfolger, selbst wenn die Erfolgsaussichten einerKlage auf Erteilung der Vollstreckungsklausel nach § 731 ZPO aufgrund der Gesamtumstände auf der Hand lägen. Es bedarf keiner näheren Begründung, daß jedenfalls die Fortführung des bisherigen Unternehmens des Schuldners durch die Erinnerungsführerin beim Landgericht weder offenkundig noch in gehöriger Form nachgewiesen war.

Dies ist aufgrund der Vorlage der Märzausgabe 1999 der Fachzeitschrift „bbr” durch die Gläubigerin im Beschwerdeverfahren anders zu beurteilen.

Aufgrund der Anzeige der Erinnerungsführerin auf Seite 30 dieser Ausgabe ist offenkundig und bedarf daher keines Nachweises mehr, § 291 ZPO, daß die Erinnerungsführerin das frühere Unternehmen des Schuldners in seinem wesentlichen Bestand fortführt. Die an die Fachöffentlichkeit gerichtete Werbung der Erinnerungsführerin, seit übe 20 Jahren in der Kanal- und Schachtsanierung tätig zu sein, hebt die für eine Firmenfortführung konstitutive Tatsache der Unternehmenskontinuität auf die Ebene der Allgemeinkundigkeit.

Auch die weiter erforderliche Firmenidentität im Sinne von §§ 25 Abs. 1 Satz 1, 17 Abs. 1 HGB ist aufgrund dieser Anzeige offenkundig.

Mit welcher Firma der Schuldner früher im Geschäftsverkehr aufgetreten ist, ist offenkundig im Sinne von gerichtskundig (dazu Zöller/Greger, ZPO, 21. Aufl., § 291 RdNr. 1).

Der Schuldner selbst hat im Erkenntnisverfahren eigene Schreiben zur Akte gereicht, aus denen sich seine tatsächlich verwendete Firma ergab (z.B. die Anlage B 4 zur Klageerwiderung vom 11. November 1994 = Schreiben an die Gläubigerin vom 24. September 1992). Damit ist die Gestaltung der damaligen Geschäftsbriefe als gerichtskundig zu erachten, weil es um Tatsachen aus dieser Akte geht.

Die damals verwendete Firma wird durch den in herausgehobenem Fettdruck aufgeführten Begriff „r.” mit einem kleinen hochgesetzten „R” in einem Kreis über dem „c” von „r.” gekennzeichnet. Dagegen tritt der ...

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