Normenkette

BGB § 1105 Abs. 1; EGBGB Art. 115

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten vom 12. Juni 2020 wird die als Aufklärungsverfügung überschriebene Zwischenverfügung des Amtsgerichts Ratzeburg - Grundbuchamt - vom 11. Juni 2020 aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, die mit Schreiben vom 19. März 2020 beantragte Eintragung des Übergangs des Miteigentumsanteils nicht von einer Rücknahme des Antrags auf Eintragung des Pflegerechts abhängig zu machen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten begehren die Eintragung des Übergangs eines Miteigentumsanteils, eines Wohnungsrechts, einer Auflassungsvormerkung sowie die Eintragung eines Pflegerechts als Reallast im Grundbuch.

Die Beteiligten zu 1) und 2) sind als Miteigentümer zu 1/2 an einem Miteigentumsanteil von 50/100-tel an dem Grundbesitz ... in ... im zugehörigen Wohnungseigentum-Grundbuch von ... Blatt ... des Amtsgerichts Ratzeburg eingetragen. Die Gemeinde ... gehört zum Gebiet des vormaligen Herzogtums Lauenburg. Dieses wurde seit 1865 in Personalunion mit dem damaligen Königreich Preußen regiert und zum 1. Juli 1876 als Landkreis Herzogtum Lauenburg in die damalige preußische Provinz Schleswig-Holstein eingegliedert.

Mit notariell beurkundetem Schenkungs- und Übertragungsvertrag vom 13. Februar 2020 übertrugen die Beteiligten zu 1) und 2) ihren Miteigentumsanteil an den Beteiligten zu 3), ihren Sohn. In § 7 des Vertrags verpflichtete sich der Beteiligte zu 3), die Beteiligten zu 1) und 2) nach Maßgabe in der Vertragsurkunde näher beschriebener Einzelheiten lebenslang zu pflegen. Nach § 7 Nr. 8 des Vertrags vereinbarten die Beteiligten, zur Sicherung des Pflegerechts der Beteiligten zu 1) und 2) eine Reallast zu ihren Gunsten an dem übertragenen Grundbesitz zu bestellen. In § 9 des Vertrags bewilligten und beantragten die Beteiligten neben der Eintragung eines ebenfalls vereinbarten Wohnungsrechts und einer Rückauflassungsvormerkung die Eintragung des Pflegerechts. Diese Rechte sollten nur bei gleichzeitiger Eintragung des Übergangs des Miteigentumsanteils auf den Beteiligten zu 3) im Grundbuch eingetragen werden.

Gestützt auf diese Vereinbarung hat der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten gemeinsam mit der Eintragung des Übergangs des Miteigentumsanteils, des Wohnungsrechts und der Auflassungsvormerkung die Eintragung der Reallast im Grundbuch beantragt.

Mit als "Aufklärungsverfügung" bezeichnetem Schreiben vom 11. Juni 2020 hat das Grundbuchamt darauf hingewiesen, dass dem Eintragungsantrag nicht entsprochen werden könne. Nach dem Gesetz betreffend die Ablösung der Reallasten in der Provinz Schleswig-Holstein vom 3. Januar 1873 könnten in Schleswig-Holstein nur feste Geldrenten durch eine Reallast im Grundbuch gesichert werden. Dementsprechend seien die gestellten Eintragungsanträge zu ändern, wozu eine Frist von zwei Monaten bewilligt werde. Das Schreiben war mit einer Belehrung versehen, wonach gegen "diese Zwischenverfügung" das Rechtsmittel der unbefristeten Beschwerde zulässig sei.

Der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten hat gegen die Aufklärungsverfügung Beschwerde eingelegt. Dass nur feste Geldrenten durch eine Reallast im Grundbuch gesichert werden könnten, widerspreche der seit Jahrzehnten geübten Grundbuchpraxis. Das preußische Gesetz betreffend die Ablösung der Reallasten in der Provinz Schleswig-Holstein sei nach - allerdings ungesicherter - Kenntnis des Verfahrensbevollmächtigten bereits 1899 wieder aufgehoben worden. Jedenfalls aber sei das Gesetz, wie bereits seine Bezeichnung erkennen lasse, nur auf die Ablösung von Reallasten, nicht dagegen auf ihre Eintragung anwendbar.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die Beschwerde hat Erfolg.

1. Sie ist zulässig, insbesondere nach § 71 Abs. 1 GBO statthaft. Eine Beschwerde ist statthaft, wenn sie gegen eine in der Sache entscheidende Maßnahme des Grundbuchamts gerichtet ist, durch die ein Verfahren jedenfalls in einem Teilbereich abgeschlossen wird (OLG Celle, Beschluss vom 13. März 2018 - 18 W 11/188, FGPrax 2018, S. 145; Demharter, GBO 31. Aufl., § 71 Rn. 11). Danach sind auch Zwischenverfügungen im Sinne von § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO mit der Beschwerde anfechtbar. Gegen eine solche Zwischenverfügung wenden sich die Beteiligten vorliegend.

Die Einordnung einer Äußerung des Grundbuchamtes als Zwischenverfügung bestimmt sich nach Inhalt und die Ausrichtung der Äußerung. Zielt sie darauf ab, einem Antragsteller den Rang und die sonstigen Rechtswirkungen seines Antrags zu erhalten, soweit sich diese nach dem Antragseingang richten und bei Zurückweisung des Antrags verloren gehen, handelt es sich um eine Zwischenverfügung (OLG Celle, Beschluss vom 13. März 2018 - 18 W 11/188, FGPRax 2018, S. 145). Unbeachtlich für das Vorliegen der Zwischenverfügung ist dagegen, in welcher Weise das Grundbuchamt seine Äußerung betitelt hat und welche äußere Form die Äußerung aufweist (OLG Celle, Beschluss vom 13. März 2018 - a.a.O., S. 146; OLG München, Beschluss vom 30. September 2011 - 34 Wx 356/11...

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