Entscheidungsstichwort (Thema)

Teilkostenentscheidung nach § 494 a Abs. 2 ZPO

 

Leitsatz (amtlich)

Wird nach einem selbständigen Beweisverfahren gemäß § 494 a Abs. 1 fristgemäß, aber nur in eingeschränktem Umfang Klage erhoben, kann eine Teilkostenentscheidung nicht ergehen.

 

Orientierungssatz

Kostenentscheidung bei eingeschränkter Klagerhebung nach selbständigem Beweisverfahren.

 

Normenkette

ZPO § 494a

 

Beteiligte

Rechtsanwältin Jahn-Steen

Rechtsanwälte Wanske, Brandtner, Bunz und Lange

 

Verfahrensgang

LG Kiel (Aktenzeichen 2 OH 9/99)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Der Antrag der Antragsgegnerin vom 12. Dezember 2000 auf Erlaß einer Teilkostenentscheidung wird als unzulässig zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert beträgt 1.110 DM.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde der Antragsteller ist gemäß § 494 a Abs. 2 Satz 3 ZPO statthaft und auch form- und fristgerecht eingelegt worden, §§ 569 Abs. 2, 577 Abs. 2 ZPO.

Das Rechtsmittel hat Erfolg, weil die angefochtene Entscheidung ohne Rechtsgrundlage ergangen ist, nachdem die Antragsteller innerhalb der ihnen durch Beschluß vom 24. Juli 2000 gesetzten Frist Klage in der Hauptsache erhoben haben. Darauf, daß die Klage nur im Umfang von 2.000 DM erhoben worden ist, also deutlich hinter der Größenordnung zurückbleibt, in der sich die Antragsteller in ihrem Schriftsatz vom 29. Juli 1999 eigener Nachbesserungsansprüche berühmt haben, kommt es nicht an. Zur Erfüllung der Fristsetzung nach § 494 a Abs. 1 ZPO reicht Klageerhebung in jeder Höhe aus, solange kein Fall vor rechtsmißbräuchlicher Fristumgehung vorliegt.

1. Allerdings kann sich das Landgericht für seine abweichende Entscheidung, bei Erhebung einer Klage, die hinter den im selbständigen Beweisverfahren zunächst genannten Werten zurückbleibt, eine Teilkostenentscheidung wegen der nicht weiter verfolgten Ansprüche zu treffen, auf beachtliche Stimmen in Literatur und Rechtsprechung stützten.

Es wird nämlich verbreitet die Ansicht vertreten, durch die Schaffung des § 494 Abs. 2 ZPO habe der Gesetzgeber die Rechtslage des Antragsgegners eines selbständigen Beweisverfahrens im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage beim Beweissicherungsverfahren in umfassender Weise verbessern wollen. Zwar seien die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens nach wie vor Kosten des Rechtsstreits in der Hauptsache, soweit Identität der Streitgegenstände vorliege. Aber soweit das nicht der Fall sei, bestünden gegen eine Quotelung der Beweisverfahrenskosten zu Lasten des Antragstellers keine Bedenken (Baumbach/Lauterbach, ZPO, 58. Aufl., § 497 a Rn. 11; Zöller/Herget, ZPO, 22. Aufl., § 494 a Rn. 4 a; Ende, MDR, 1997, 123 ff; Wirges, JurBüro 1997, 565, 568; Hansens, RPfleger 1997, 363, 366 und 368; Bischof, JurBüro 1992, 779, 782; OLG München, 19. ZS, OLGR 1992, 94; OLG Koblenz NJW RR 1998, 68, 69; OLG Düsseldorf, 7. ZS, NJW-RR 1998, 210, 211).

2. Die Gegenansicht verneint die Möglichkeit einer Teilkostenentscheidung nach § 494 a Abs. 2 Satz 1 ZPO, wenn fristgemäß Klage zur Hauptsache erhoben worden ist, sei es auch nur in einem gegenüber den ursprünglich Beweisverfahren erhobenen Berühmungen eingeschränkten Umfang.

a) Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut des § 494 a Abs. 2 Satz 1 ZPO. Danach knüpfe das Gesetz seine Rechtsfolgen ausschließlich an die Tatsache einer Klageerhebung als solcher an. Werde die Klage auch nur wegen eines Teils des Streitgegenstands erhoben, den die Beweiserhebung im selbständigen Beweisverfahren getroffen habe, so seien dessen Kosten Teil der Kosten des Hauptsacheverfahrens, über die in diesem nach den allgemeinen Regeln zu entscheiden sei. Für eine den Regeln des § 92 ZPO folgende Entscheidung über die Kosten des Beweisverfahrens sei im Rahmen des Verfahrens nach § 494 a ZPO kein Raum (Notthoff, JurBüro 1996, 5, 6; im Ergebnis ebenso Thomas/Putzo, ZPO, 21. Aufl., § 494 a RdNr. 5 und 8).

Desweiteren wird die Ansicht vertreten:

Über die anteiligen Kosten, die auf einen überschießenden Teil des Streitgegenstandes des Beweisverfahrens entfielen, sei in entsprechender Anwendung des § 96 ZPO von dem Gericht der Hauptsache mitzuentscheiden. Dafür sprächen Gründe der Praktibilität. Eine Aufteilung der Kostenentscheidung auf mehrere Verfahren berge die Gefahr einer Gebührenmehrbelastung der Parteien, weil die bei höheren Gegenstandswerten eintretende Gebührendegression nicht eintrete. Es bestehe zudem die Gefahr widersprüchlicher Kostenentscheidungen, weil die Klage je nach der Bewertung des Ergebnisses des selbständigen Beweisverfahrens im Hauptsacheverfahren noch erweitert werden könnte (OLG Düsseldorf, 22. ZS, BauR 1993, 370, 371; NJW-RR 1998, 358, 359; OLG München, 15. ZS, OLGR 1994, 212, 213; im Ergebnis ebenso Cuypers, NJW 1994, 1985, 1990, auch LG Potsdam BauR 1998, 883, 884; für den Fall, daß der Gegenstand des Beweisverfahrens dem Grunde nach, wenn auch in eingeschränktem Umfange, insgesamt im Klageverfahren anhängig gemacht wird, auch Herget, MDR 1991, 314).

b) Dasselbe Ergebnis zur Frage der Unzulässigkeit einer Teilk...

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