Verfahrensgang

AG Lübeck (Beschluss vom 12.08.2003; Aktenzeichen 129 F 114/03)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Prozesskostenhilfe versagende Beschluss des AG – FamG – Lübeck vom 12.8.2003 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch der Antragstellerin an das FamG zurückverwiesen.

 

Gründe

Die gem. § 127 Abs. 2 ZPO zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Die von der Antragstellerin beabsichtigte Geltendmachung von nachehelichem Unterhalt im isolierten Verfahren ist entgegen der Ansicht des FamG nicht mutwillig i.S.v. § 114 ZPO.

In der Rspr. wird zwar überwiegend angenommen, dass Prozesskostenhilfe für eine Klage nach Rechtskraft der Scheidung, die auch während des Scheidungsprozesses als Folgesache hätte geltend gemacht werden können, wegen unnütz teurer und deshalb mutwilliger Prozessführung verweigert werden müsse (OLG Brandenburg v. 23.11.2000 – 9 WF 152/00, FamRZ 2001, 1083; OLG Dresden v. 23.11.1998 – 20 WF 519/98, FamRZ 1999, 601; OLG Köln FamRZ 2000, 1021; OLG Düsseldorf FamRZ 1993, 1217). Dieser Auffassung vermag sich der Senat nicht anzuschließen. § 623 Abs. 1 ZPO eröffnet zwar die Möglichkeit, nachehelichen Ehegattenunterhalt im Verbundverfahren geltend zu machen. Die Partei ist jedoch, wie sich aus § 623 Abs. 2 S. 2 ZPO ergibt, nicht gezwungen, derart zu verfahren. Danach ist die Abtrennung von Folgesachen auf Antrag ohne weiteres möglich, ohne dass sich dadurch an der für diese Folgesache bereits bewilligten Prozesskostenhilfe etwas ändert. Auch daraus ergibt sich, dass Prozesskostenhilfe für die nachträgliche isolierte Geltendmachung von Folgesachen nicht wegen Mutwilligkeit verweigert werden kann. Anderenfalls müsste die bedürftige Partei die Folgesache zunächst im Verbund geltend machen und nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Abtrennung beantragen. Dies würde zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung ggü. der vermögenden Partei führen (OLG Bremen FamRZ 1998, 245 f.; OLG Naumburg FamRZ 2001, 1082 f.). Auch der kostenrechtliche Ansatz der eingangs zitierten Rspr. vermag nicht zu überzeugen. Mutwillig klagt eine Partei nur dann, wenn sie den von ihr verfolgten Zweck auch auf einem billigeren als den von ihr eingeschlagenen Weg erreichen kann. Wird Ehegattenunterhalt als Folgesache des Scheidungsverfahrens anhängig gemacht, erfolgt i.d.R., vorbehaltlich des § 93a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 ZPO, eine Kostenaufhebung gem. § 93a Abs. 1 S. 1 ZPO. Gewinnt der Ehegatte im isolierten Verfahren so hat der unterlegene Ehegatte stets die Kosten nach § 91 ZPO zu erstatten. Da Prozesskostenhilfe nur bei erfolgversprechender Rechtsverfolgung bewilligt wird, ist mit einem Sieg der klagenden Partei und mit einer Verurteilung des Gegners in die Kosten zu rechnen. Gelingt dies, ist der selbständige Prozess auch aus Sicht der Staatskasse günstiger als eine Scheidungsfolgesache, bei der die Kosten gegeneinander aufgehoben werden. Es können demnach gerade kostenrechtliche Aspekte für die Wahl des isolierten Verfahrens sprechen (Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 623 Rz. 24a). Prozesskostenhilfe ist daher auch für den isoliert geltend gemachten nachehelichen Ehegattenunterhalt zu gewähren.

Ob die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, hat das FamG zu beurteilen, nachdem der Antragsgegner zwischenzeitlich die angeforderten Auskünfte über seine Einkommensverhältnisse erteilt hat und die Antragstellerin nunmehr durch Bezifferung des begehrten nachehelichen Unterhalts in die Leistungsstufe übergehen will. Aus diesem Grunde ist die Sache noch nicht für eine abschließende Entscheidung reif, sondern an das FamG zur Prüfung der Erfolgsaussicht zurückzuverweisen.

Wien

 

Fundstellen

Haufe-Index 1109701

MDR 2004, 398

OLGR Düsseldorf 2004, 12

OLGR Frankfurt 2004, 12

OLGR Hamm 2004, 12

OLGR Köln 2004, 12

FamRB 2004, 115

KG-Report 2004, 12

OLGR-BHS 2003, 534

OLGR-BHS 2004, 12

OLGR-CBO 2004, 12

OLGR-KSZ 2004, 12

OLGR-KS 2004, 12

OLGR-MBN 2004, 12

OLGR-NBL 2004, 12

www.judicialis.de 2003

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