Entscheidungsstichwort (Thema)

Notaramtspflichtverletzung bei Beurkundung von Finanzierungsgrundschulden unter Mitwirkung von Notariatsmitarbeitern als Vertreter

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die in § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 1 BeurkG genannte Pflicht, bei Verbraucherverträgen darauf hinzuwirken, dass die rechtsgeschäftlichen Erklärungen des Verbrauchers von diesem persönlich bzw. durch eine Vertrauensperson vor dem Notar abgegeben werden, stellt eine unbedingte Amtspflicht des Notars dar

2. Die Amtspflicht aus § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 1 BeurkG greift bei der Beurkundung einer Finanzierungsgrundschuld jedenfalls dann ein, wenn in die Urkunde ein abstraktes Schuldversprechen eines Verbrauchers aufgenommen wird.

3. Notariatsangestellte sind im Grundsatz keine Vertrauenspersonen des Verbrauchers im Sinne der genannten Vorschrift.

 

Normenkette

BeurkG § 17a Abs. 2

 

Tenor

Der Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung vom 26.2.2007 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens nach einem Geschäftswert von 3.000 EUR.

 

Gründe

I. Der am ... geborene Antragsteller ist seit dem ... Notar in A. Er wendet sich mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen eine Missbilligung, die ihm der Antragsgegner mit Verfügung vom 4.9.2006 wegen des Vorwurfs ausgesprochen hat, Finanzierungsgrundschulden unter Mitwirkung von Notariatsmitarbeiterinnen als bevollmächtigte Vertreter unter Verstoß gegen § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 1 BeurkG beurkundet zu haben.

In dem Bericht des Notarprüfers zur Amtsführung des Antragstellers vom 12.12.2002 wurde beanstandet, dass einer Notariatsmitarbeiterin in einer Vielzahl von Fällen bei Grundstückskaufverträgen Vollmachten u.a. zur Bestellung von Grundpfandrechten eingeräumt worden seien. Diese Praxis sei bei Verbraucherverträgen nach § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 1 BeurkG nicht mehr zulässig, weil es sich bei der Mitarbeiterin nicht um eine Vertrauensperson im Sinne dieser Vorschrift handele. Der Antragsteller führte in seiner Stellungnahme zum Prüfungsbericht vom 7.1.2003 aus, er teile diese Auffassung nicht und werde auch künftig weiterhin so wie bisher verfahren. Ihm wurde daraufhin von dem Antragsgegner ein Vermerk des Notarprüfers zu dem aus seiner Sicht gegebenen Verstoß gegen § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 1 BeurkG nebst Arbeitsmaterialien des Notars Prof. Dr. Brambring übersandt, die diese Auffassung stützten.

Anlässlich einer erneuten Prüfung der Amtsführung am 17.5.2006 stellte die Notarprüferin fest, dass auch in dem neuen Prüfungszeitraum seitens des Antragstellers in einer Vielzahl von Fällen Grundpfandbestellungen einschließlich der Erklärung über die Zwangsvollstreckungsunterwerfung unter Mitwirkung von Notariatsmitarbeiterinnen beurkundet worden seien, die dort als Vertreterinnen der Erwerber aufgetreten seien. Der Prüfungsbericht nennt konkret eine Urkunde aus dem Jahre 2003 und fünf Urkunden aus dem Jahre 2005.

Unter Verweis auf diesen Prüfungsbericht hat der Antragsgegner dem Antragsteller mit Verfügung vom 4.9.2006 gem. § 94 Abs. 1 BNotO eine Missbilligung ausgesprochen und zur Begründung ausgeführt, bei der Bestellung eines Finanzierungsgrundpfandrechts durch einen Verbraucher gegenüber einer Bank handele es sich entgegen der von dem Antragsteller in der von ihm zuvor hergegebenen Stellungnahme um einen Verbrauchervertrag i.S.d. § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 1 BeurkG. Denn die Bestellung einer Fremdgrundschuld erfordere eine dingliche Einigung, wobei es für das Eingreifen der genannten Vorschrift ausreiche, dass der Notar die Erklärung des Verbrauchers, also das Angebot an die Bank zum Abschluss eines Verbrauchervertrages, beurkunde, dass durch das regelmäßig folgende Ansinnen der Bank, den Eintragungsantrag bei dem Grundbuchamt auch in ihrem Namen zu stellen, angenommen werde. Die Beurkundung dieser Erklärung zur Bestellung eines Finanzierungsgrundpfandrechts sei auch nicht ein reines Vollzugsgeschäft zum Kaufvertrag, wie sich aus dem Rundschreiben Nr. 20/03 der Bundesnotarkammer vom 28.4.2003 zu der Problematik der genannten Vorschrift ergebe. Schließlich seien die Mitarbeiterinnen eines Notars keine Vertrauenspersonen des Verbrauchers im Sinne der genannten Norm.

Der Antragsteller habe seine Hinwirkungspflicht aus § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 1 BeurkG, die Beurkundung dieser Finanzierungsgrundschulden grundsätzlich nur in Gegenwart des Verbrauchers bzw. einer Vertrauensperson durchzuführen, in den aufgeführten sechs Fällen schuldhaft, nämlich jedenfalls fahrlässig, verletzt. Auf die Hinwirkungspflicht sei er schon im Zusammenhang mit der vorausgegangenen Notarprüfung und der im Anschluss daran übersandten Arbeitsunterlage hingewiesen worden. Es liege ein einheitliches Dienstvergehen i.S.d. § 95 BNotO vor, für dessen Ahndung der Ausspruch einer Missbilligung erforderlich, aber noch ausreichend unter Berücksichtigung des Umstandes sei, dass seine Tätigkeit als Notar bislang beanstandungsfrei gewesen sei und die von ihm vertretene Meinung immerhin im Jahre 2002 einer Mindermeinung entsprochen habe.

G...

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