Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung eines Bürgen bei gleichzeitig bestehenden, aber noch nicht verwerteten Immobiliarsicherheiten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auf eine mangelnde Überprüfbarkeit der Hauptforderung können sich Bürgen, die gleichzeitig geschäftsführende Gesellschafter des Hauptschuldners sind, nicht berufen, soweit ihnen entsprechende Buchungen und Kontobewegungen auf dem Geschäftskonto bekannt waren.

2. Der Verzicht auf die Einrede der Vorausklage gem. §§ 771, 773 BGB ist jedenfalls dann nicht überraschend, wenn sich die Bürgen bereits im Kreditvertrag in ihrer gleichzeitigen Eigenschaft als geschäftsführende Gesellschafter des Hauptschuldners zur Übernahme einer "selbstschuldnerischen Bürgschaft" verpflichtet haben. Im Übrigen entspricht die Übernahme einer selbstschuldnerischen Bürgschaft den Gepflogenheiten im kaufmännischen Geschäftsverkehr mit Banken.

3. Mangels anderweitiger Vereinbarung hat die Bank im Außenverhältnis ein Wahlrecht, welche Sicherheiten sie zuerst in Anspruch nimmt. Es gibt grundsätzlich keine Pflicht des Gläubigers zur vorrangigen Verwertung von Immobiliarsicherheiten. Die Inanspruchnahme eines Bürgen vor der Verwertung von für den gleichen Zweck bestellten Immobiliarsicherheiten stellt keine unzulässige Rechtsausübung dar.

4. Das Kündigungsrecht der Bank für einen Kreditvertrag wird durch die vorläufige Insolvenzeröffnung nicht ausgeschlossen.

 

Normenkette

InsO § 22 Abs. 1; SparkAGB Nr. 26; BGB §§ 490, 765, 767, 771, 773

 

Tatbestand

Die Klägerin, eine Sparkasse, nahm die Beklagten auf Zahlung i. Hv. zunächst 1.378.479,50 EUR aus Bürgschaften in Anspruch.

Die Klägerin gewährte den Gesellschaften der C.-Gruppe mehrere Kontokorrentkredite. Bei diesen Gesellschaften handelt es sich jeweils um GmbH & Co KG's, deren alleinige Kommanditisten und Geschäftsführerinnen die Beklagten waren.

Zwischen der P. C. GmbH & Co KG, vertreten durch die Beklagten und Herrn B., und der Klägerin wurde am 29.1.2004 ein Kontokorrentkreditvertrag für das Girokonto Nr ....... 705 bis zu einem Höchstbetrag von 511.0000,- EUR geschlossen. Am selben Tag unterzeichneten die Beklagten eine betragsmäßig beschränkte Bürgschaft über einen Höchstbetrag von 511.000,- EUR, mit der der v. g. Kontokorrentkredit neben einer Grundschuld auf dem Betriebsgrundstück der P. C. GmbH & Co. KG in N. gesichert werden sollte.

Am 27.3.2007 unterschrieben die Beklagten eine weitere Bürgschaft bis zu einem Höchstbetrag von 1,4 Mio. EUR zur Sicherung von Kontokorrentkrediten an andere KG's der C-Gruppe.

Einige Gesellschaften der C-Gruppe gerieten in der Folgezeit in wirtschaftliche Schwierigkeiten und stellten am 24.6.2009 jeweils Eigenanträge auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Im Laufe des Insolvenzverfahrens konnte der Insolvenzverwalter jedoch Sicherheiten verwerten, aus deren Erlöse sämtliche Kontokorrentkredite - bis auf den Kündigungssaldo der P. C. GmbH & Co KG auf dem o.g. Girokonto über 161.247,63 EUR - getilgt werden konnten. Im Übrigen erklärte die Klägerin den Rechtsstreit für erledigt.

Das LG hat die Beklagten antragsgemäß zur Zahlung von 161.247,63 EUR verurteilt. Die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg und wurde - nach einem entsprechenden Hinweis des Senats vom 3.8.2010 - durch einstimmigen Beschluss zurückgewiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung hat gem. § 522 Abs. 2 ZPO keine Aussicht auf Erfolg. Auf die Gründe in dem Hinweisbeschluss des Senats vom 3.8.2010 wird vollumfänglich Bezug genommen. Dort hat der Senat folgendes ausgeführt:

1. Die Beklagten sind aus der Bürgschaft vom 29.1.2004 gem. §§ 765, 767 BGB zur Zahlung der noch offenen Hauptverbindlichkeit aus dem Kontokorrentverhältnis zum Konto Nr ... 705 (= Abwicklungskonto Nr. 5 ...) zwischen der Klägerin und der insolventen Hauptschuldnerin P. C. GmbH & Co KG i.H.v. 161.247,63 EUR verpflichtet.

Ausweislich der Bürgschaftsurkunde vom 29.1.2004 diente die Höchstbetragsbürgschaft über 511.000 EUR zur Sicherung aller Forderungen der Klägerin gegen die P. C. GmbH & Co KG aus dem Kontokorrentkredit über 511.000 EUR auf dem Konto ... 705 (gem. Kreditvertrag vom 7.1./29.1.2004).

Ausweislich der von der Klägerin eingereichten Kontoverdichtung für das Girokonto Nr ... 705 belief sich der Sollsaldo am Ende des Kündigungstages (8.7.2009) auf 166.666,76 EUR. Da der die Kündigung bearbeitende Sachbearbeiter an diesem Tage noch nicht alle Buchungen auf seinem Computer verfügbar hatte, wurde in dem Kündigungsschreiben vom 8.7.2009 nur ein Betrag i.H.v. 161.247,63 EUR aufgeführt, der auch nur Gegenstand dieses Prozesses ist.

Gegen die Höhe dieser Forderung zum 8.7.2009 haben die Beklagten keine substantiellen Einwendungen geltend gemacht. Dabei unterstellt der Senat, dass den Beklagten in ihrer gleichzeitigen Eigenschaft als geschäftsführende Gesellschafterinnen der Hauptschuldnerin (P. C. GmbH & Co KG) die Buchungen und Kontobewegungen auf dem Geschäftskonto bekannt waren. Auf eine mangelnde Überprüfbarkeit der Hauptforderung können sich die Beklagten a...

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