Entscheidungsstichwort (Thema)

Kosten für die Einschaltung eines neuen, an einem Drittort ansässigen spezialisierten Anwalts im Berufungsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Hat eine Partei einen spezialisierten Rechtsanwalt an ihrem Geschäftssitz mit ihrer Vertretung im erstinstanzlichen Verfahren beauftragt, sind die durch die Einschaltung eines anderen spezialisierten Rechtsanwalts, der weder am Geschäftssitz der Partei noch am Gerichtsort ansässig ist, für die Vertretung im Berufungsverfahren entstandenen Mehrkosten auch dann nicht als notwendige Kosten i.S.d. § 91 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 ZPO anzusehen und vom Gegner mit zu tragen, wenn die Partei mit diesem anderen Rechtsanwalt bereits langjährig und vertrauensvoll zusammengearbeitet hat.

 

Normenkette

ZPO § 91 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, §§ 105-106

 

Verfahrensgang

LG Itzehoe (Beschluss vom 22.05.2014; Aktenzeichen 7 O 89/11)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1.) gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers der 7. Zivilkammer des LG Itzehoe vom 22.5.2014 in der Fassung der Abhilfeentscheidungen vom 22.7.2014 und 14.8.2014 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte zu 1.) hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Die Gerichtsgebühr wird auf die Hälfte ermäßigt. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Klägerin zu 40 % und die Beklagte zu 1.) zu 60 %.

 

Gründe

I. Die Klägerin machte einen Anspruch auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung gegen die Beklagten geltend. Die in H. ansässige Beklagte zu 1.) beauftragte erstinstanzlich den ebenfalls in H. ansässigen Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Dr. K.. Nachdem das LG der Klage überwiegend stattgegeben hatte, beauftragte die Beklagte zu 1.) für das Berufungsverfahren den in B. ansässigen Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht A.. Mit Beschluss vom 26.3.2014 stellte der 5. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts Zustandekommen und Inhalt eines zwischen den Parteien geschlossenen Vergleichs fest, nach dessen Regelung die Gerichtskosten von der Klägerin in Höhe von 83,45 % und von der Beklagten zu 1.) in Höhe von 16,55 %, die Rechtsanwaltskosten für den Abschluss des Vergleichs von jeder Partei selbst sowie die übrigen Rechtsanwaltskosten der Klägerin und der Beklagten zu 1.) von der Klägerin in Höhe von 67 % und von der Beklagten zu 1.) in Höhe von 33 % zu tragen waren. Der Streitwert wurde auf 445.205,52 EUR bis zum 30.1.2014 und für die Zeit danach auf 380.794,52 EUR festgesetzt.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 22.5.2014 setzte der Rechtspfleger die von der Klägerin an die Beklagte zu 1.) zu erstattenden Kosten auf 5.295,20 EUR nebst Zinsen fest. Die Gerichtskosten verteilte der Rechtspfleger im Rahmen der Kostenausgleichsberechnung nach einer Quote von 67 % zu 33 %. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin stellte er in der beantragten Höhe von 18.802,95 EUR brutto ein, die der Beklagten zu 1.) anstelle der beantragten Höhe von insgesamt 25.703,59 EUR brutto nur mit 20.753,62 EUR. Die Kürzung beruhte vor allem auf der teilweisen Nichtberücksichtigung der geltend gemachten Reisekosten des für das Berufungsverfahrens beauftragten Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1.).

Gegen diesen ihr am 19.6.2014 zugestellten Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1.) vom 30.6.2014, mit der sie neben einer unzutreffenden Verteilung der Gerichtskosten vor allem die Kürzung der Reisekosten beanstandet. Mit Beschluss vom 22.7.2014 half der Rechtspfleger der seitens der Klägerin am 27.5.2014 eingelegten sofortigen Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss in vollem Umfang ab, hinsichtlich der Beschwerde der Beklagten zu 1.) vom 30.6.2014 nur hinsichtlich der beanstandeten Verteilung der Gerichtskosten. Im Übrigen reduzierte der Rechtspfleger die in die Kostenausgleichsberechnung eingestellten außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1.) von 20.753,62 EUR auf nunmehr 19.658,08 EUR, so dass sich eine Ausgleichspflicht der Klägerin gegenüber der Beklagten zu 1.) in Höhe von 6.037,58 EUR nebst Zinsen ergab. Mit Beschluss vom 14.8.2014 fasste der Rechtspfleger die Teilabhilfebeschlüsse vom 22.7.2014 hinsichtlich der Beschlussformel entsprechend neu.

Gegen die Abhilfebeschlüsse vom 22.7.2014 bzw. 14.8.2014 legte die Beklagte zu 1.) mit Schriftsätzen vom 15.8. und 27.8.2014 ebenfalls sofortige Beschwerde ein, der der Rechtspfleger nicht abgeholfen hat.

II.1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1.) ist gemäß §§ 106, 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, 11 Abs. 1 RPflG statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Der Senat legt die verschiedenen, von den Prozessbevollmächtigten jeweils als "Beschwerde" bezeichneten Schriftsätze dahin aus, dass die Beklagte zu 1.) weiterhin die Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 22.5.2014 zu ihren Gunsten und mit den in ihrer Beschwerdeschrift vom 30.6.2014 vorgebrachten Gründe begehrt. Eine eigenständige Anfechtung der teilweise abhelfenden Beschlüsse vom 22.7.2014 bzw. 14.8.2014 wäre...

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