Normenkette

StVG § 7 Abs. 2-3, § 17 Abs. 3, § 18; ZPO § 91a

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 11. August 2017 gegen den Kostenbeschluss der Einzelrichterin der 13. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 28. Juli 2017 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Streithelferin.

Der Streitwert für die Festsetzung der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 4.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt, weil sie bei Fortführung des Verfahrens voraussichtlich unterlegen gewesen wäre (§ 91a ZPO). Auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen.

Die Beklagte haftet gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG in Verbindung mit § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG für den der Klägerin durch die Beschädigung des Ampelmastes an der Kreuzung B.../B... entstandenen Schaden. Unstreitig war es am 7. August 2015 gegen 19:20 Uhr auf der Kreuzung zu einer Kollision zwischen dem bei der Beklagten haftpflichtversicherten Pkw Daimler Benz, amtl. Kennzeichen ..., der Zeugin Sabine K mit dem Pkw F, amtl. Kennzeichen ..., der Streithelferin gekommen. Letztere war - trotz Rotlicht für die Linkabbiegerspur - in den Kreuzungsbereich eingefahren. Trotz einer durch die Zeugin K eingeleiteten Gefahrenbremsung kam es zum Frontalzusammenstoß beider Fahrzeuge, wobei das bei der Beklagten versicherte Fahrzeug gegen den Ampelmast der Klägerin geschleudert wurde. Unstreitig entstand an der Ampelanlage ein Sachschaden in Höhe von 6.151,07 EUR.

Zu Recht hat das Landgericht ausgeführt, dass der Beklagten der Entlastungsbeweis nach § 7 Abs. 2 StVG nicht gelungen ist. Danach ist die Ersatzpflicht nur dann ausgeschlossen, wenn der Unfall durch "höhere Gewalt" verursacht worden wäre. Höhere Gewalt ist ein außergewöhnliches, betriebsfremdes, von außen durch elementare Naturkräfte oder durch Handlungen dritter (betriebsfremder) Personen herbeigeführtes und nach menschlicher Einsicht und Erfahrung unvorhersehbares Ereignis, das mit wirtschaftlich erträglichen Mitteln auch durch nach den Umständen äußerste, vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht verhütet werden kann und das auch nicht im Hinblick auf seine Häufigkeit in Kauf genommen zu werden braucht (Hentschel/König/Dauer-König, Straßenverkehrsrecht, 44. Auflage § 7 Rn. 32). Kürzer ausgedrückt: Es muss sich um eine Einwirkung von außen handeln, die außergewöhnlich und nicht abwendbar ist. Alle drei Voraussetzungen müssen erfüllt sein, wenn höhere Gewalt vorliegen soll (vgl. OLG Celle, Urteil vom 12.05.2005, OLGR Celle 2005, 390-392). Hier fehlt es bereits an einem von außen kommenden, betriebsfremden Ereignis. Vielmehr handelte es sich bei dem Unfall um die Realisierung eines typischen Betriebsrisikos im Kraftfahrzeugverkehr, nämlich um die Kollision zweier Fahrzeuge im Kreuzungsbereich zweier Straßen. Dabei ist unerheblich, dass die Zeugin K die Kollision nicht verursacht hat. Es fehlt auch an dem erforderlichen Ausnahmecharakter des Unfallgeschehens. Diese setzt nach der Rechtsprechung voraus, dass die betriebsfremde Einwirkung einem Elementarereignis im Sinne eines Schicksalsschlages vergleichbar sein muss. Deshalb scheiden Ereignisse als höhere Gewalt aus, die sich nicht selten ereignen, auf die sich der Halter einrichten kann und die demgemäß mit dem Betrieb des Fahrzeugs und dessen Gefahren in Zusammenhang stehen (OLG Celle, Urteil vom 12.05.2005, a. a. O.). Hier hat sich das typische Betriebsrisiko der Teilnahme eines Pkws am Straßenverkehr realisiert. Unerheblich ist, dass die Fahrerin des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs den Unfall nicht verschuldet hat. Nahezu täglich passieren im Straßenverkehr Rotlichtverstöße mit Schadensfolgen. Das Fehlverhalten anderer Verkehrsteilnehmer im Straßenverkehr ist nicht außergewöhnlich. Allein durch den Betrieb eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr werden abstrakte Gefahren geschaffen, für die der Fahrzeughalter gemäß § 7 Abs. 1 StVG - verschuldensunabhängig - einzustehen hat. Es kommt nicht darauf an, ob der Kollision des bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeugs ein "willensgesteuertes Verhalten" der Fahrerin K zugrunde lag oder nicht. Es ist anerkannt, dass sogar parkende Kraftfahrzeuge eine Haftung des Halters nach § 7 Abs. 1 StVG auslösen können, solange sie den Verkehr irgendwie beeinflussen können.

Auf die Frage, ob es sich bei dem Unfall um ein "unabwendbares Ereignis" im Sinne von § 17 Abs. 3 StVG handelte, kommt es nicht an. Gegenüber einem Geschädigten, der selbst nicht nach dem Ausgleichssystem der §§ 17, 18 StVG für eine mitwirkende Betriebsgefahr einzustehen hat, ist der Halter eines Kfz als Schädiger nach § 7 Abs. 2 StVG nur bei höherer Gewalt entlastet (vgl. Lemcke, ZfSch 2002, 318-328). Nach der Änderung des § 7 Abs. 2 StVG durch das Zweite Gesetz zur Änder...

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