Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Hinterbliebenenrente. Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 4103. Mindest-MdE. Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 4104. keine Gleichsetzung: Hypopharynxkarzinom mit Larynxkarzinom. Wie-Berufskrankheit: Nichtvorliegen neuer Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft. langjährige, beruflich bedingte Multi-Toxin-Exposition: keine neue Gesamt-Berufskrankheit. Tod des Versicherten infolge eines Versicherungsfalls. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung einer Wie-Berufskrankheit. Asbestexposition. Hyaline Pleuraplaques. Weichteilsarkom

 

Leitsatz (amtlich)

Kein Anspruch der Witwe auf Renten- und Hinterbliebenenleistungen wegen einer bei ihrem verstorbenen Ehemann (Versicherter) anerkannten Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 4103 - hyaline Pleuraplaques

- kein Anspruch auf Anerkennung einer Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 4104 (Kehlkopfkrebs) bzw einer Wie-BK beim verstorbenen Ehemann im Hinblick auf eine unstillbare, zum Tode führende Blutung eines ausgedehnten Weichteilsarkoms (bösartige Geschwulst) im Bereich der rechten Halsseite

- ein Hypopharynxkarzinom (Tumor des Schlundes) ist nicht gleichzusetzen mit einem Larynxkarzinom (Tumor im Bereich der Luftwege); allein letzterer wird als Kehlkopfkrebs im Sinne der Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 4104 definiert

- keine Anerkennung als Wie-BK, da zum maßgeblichen Zeitpunkt des Todes des Versicherten keine medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse vorlagen, nach denen die Erkrankung in Form eines Hypopharynxkarzinoms/Weichteilsarkoms als eindeutig asbestbedingt hätte angesehen werden können und in die Liste der Berufskrankheiten aufzunehmen gewesen wäre

- eine langjährige, beruflich bedingte Multi-Toxin-Exposition beim Versicherten berechtigt weder die Verwaltung noch die Gerichte, Tatbestände mehrerer Listen-Berufskrankheiten zu einer neuen Gesamt-BK zu verbinden.

 

Normenkette

SGB VII § 9 Abs. 1-2, § 56 Abs. 1 S. 1, § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, S. 2, Abs. 2, § 72 Abs. 2 S. 1; BKV Anl 1 Nrn. 4103-4104

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 18. Mai 2011 wird zurückgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin einen Anspruch auf Renten- und Hinterbliebenenleistungen wegen einer bei ihrem verstorbenen Ehemann anerkannten Berufskrankheit (BK) 4103 hat. Außerdem streiten die Beteiligten darüber, ob die Beklagte zu Recht die Anerkennung einer BK 4104 bzw. einer Wie-BK beim verstorbenen Ehemann der Klägerin sowie entsprechende Renten- und Hinterbliebenenleistungen abgelehnt hat.

Die 1941 geborene Klägerin ist Witwe des am ... 1941 geborenen und am ... 2006 verstorbenen M... D... Dieser war von 1956 bis 2003 mit eineinhalbjähriger Unterbrechung durch den Wehrdienst als Bau- und Möbeltischler tätig gewesen und dabei gegenüber Holzstäuben, Holzbeizen, Holzschutzmitteln, Lösungsmitteln, Formaldehyd und asbesthaltigen Feinstäuben exponiert gewesen.

Seit dem 1. Februar 2003 hatte der verstorbene Ehemann der Klägerin Altersrente von der Deutschen Rentenversicherung Nord bezogen.

Mitte März 2006 war bei der Beklagten die ärztliche Anzeige bei Verdacht auf eine Berufskrankheit des Arztes für HNO-Heilkunde Dr. W... vom 14. März 2006 eingegangen.

Die Beklagte hatte daraufhin ein Berufskrankheitenfeststellungsverfahren hinsichtlich der Erkrankung des Ehemannes der Klägerin eingeleitet, zog das Vorerkrankungsverzeichnis der HZK-Krankenkasse sowie Berichte der den Ehemann der Klägerin behandelnden Ärzte beigezogen und eine Stellungnahme des Arztes für HNO-Heilkunde Dr. W... eingeholt.

Zudem hatte die Beklagte eine Stellung ihrer Präventionsabteilung zu den arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 4103/4104 vom 3. Mai 2006 eingeholt. Zusammenfassend war Dr. K... zu dem Ergebnis gelangt, dass beim Ehemann der Klägerin von einer Exposition gegenüber asbesthaltigen Stäuben von 0,5 Faserjahren auszugehen sei.

Am 11. Mai 2006 verstarb der Ehemann der Klägerin an den Folgen eines Weichteilsarkoms (bösartige Geschwulst) der rechten Halsseite. Nebenbefundlich war ein metastasierendes Plattenepithelkarzinom des Hypopharynx (Schlund; Bereich, der Speise- und Luftwege trennt) festgestellt worden.

Nach dem Ableben des Ehemannes der Klägerin veranlasste die Beklagte eine Obduktion und holte ein fachpathologisches Gutachten durch den Pathologen Dr. D... vom 25. Juli 2006 vom Institut für Pathologie der Ruhr-Universität Bochum sowie ein pathologisch-anatomisches Zusammenhangsgutachten des Pathologen Dr. G... vom 18. September 2006 ein.

Im Anschluss daran legte die Beklagte den Vorgang dem Landesgewerbearzt Dr. N... vor, der in seiner Stellungnahme vom 26. Oktober 2006 ausführte, dass der Vollbeweis einer Erkrankung nach der Nr. 4104 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) nicht vorliege. Der Ehemann der Klägerin habe an einem sogenannten Hypopharynxkarzinom, ...

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