Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Vermögensberücksichtigung. Kapitallebensversicherung. Verwertungsausschluss nach Antragstellung auf Leistungen nach dem SGB 2. offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung

 

Orientierungssatz

1. Der Verwertungsausschluss einer Kapitallebensversicherung gem § 12 Abs 2 Nr 3 SGB 2 iVm § 165 Abs 3 VVG ist nicht deshalb rechtswidrig, weil er erst vereinbart worden ist, nachdem der Hilfebedürftige den Antrag auf Leistungen bei dem Grundsicherungsträger gestellt hat.

2. Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung von Kapitallebensversicherungen gem § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 SGB 2 liegt vor, soweit der Rückkaufswert die Beitragszahlung in Höhe von 32,25%, 37,44% bzw 46,11% unterschreitet. Ein Verlust von 8,5% reicht hingegen für eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit nicht aus.

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 27. März 2007 und der Bescheid der Beklagten vom 1. Februar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. Juni 2005 aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 1. Februar 2005 bis zum 30. April 2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in Höhe von 430,00 Euro monatlich zu gewähren.

Die Beklagte trägt die Kosten des Klägers für beide Instanzen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende für die Monate Februar bis April 2005.

Der 1961 geborene Kläger bezog bis zum 30. September 2004 Arbeitslosengeld I in Höhe von 813,60 EUR monatlich. Am 6. Januar 2005 stellte er einen Antrag auf Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Der Kläger ist zur Hälfte Eigentümer einer von ihm bewohnten Eigentumswohnung mit einer Wohnfläche von 56,56 m², für die er monatlich 89,83 EUR (Versicherungsbeiträge 4,77 EUR, Heizung 28,06 EUR, Abwasser 28,88 EUR, Wasser 29,00 EUR) aufwendet. Der Kläger hat folgende Lebensversicherungen abgeschlossen:

1.

WWK Lebensversicherung, Vers.Nr.: ..., 7.183,52 EUR eingezahlt, Rückkaufswert 4.866,59 EUR.

2.

WWK Lebensversicherung, Vers.Nr.: ..., 2.914,09 EUR eingezahlt, Rückkaufswert 2.666,25 EUR.

3.

WWK Lebensversicherung, Vers.Nr.: ..., 4.432,32 EUR eingezahlt, Rückkaufswert 2.772,83 EUR.

4.

WWK Lebensversicherung, Vers.Nr.: .... 7.669,40 EUR eingezahlt, Rückkaufswert 4.132,92 EUR.

5.

Provinzial, Vers.Nr.; ..., 10.651,05 EUR eingezahlt, Rückkaufswert 10.894,00 EUR.

Am 14. Januar 2005 vereinbarte der Kläger mit der Provinzial über die Vers.Nr. ... einen Verwertungsausschluss gemäß § 165 Abs. 3 Versicherungsvertragsgesetz (VVG).

Mit Bescheid vom 1. Februar 2005 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit der Begründung ab, das zu berücksichtigende Vermögen von insgesamt 15.982,59 EUR übersteige die Grundfreibeträge von 9.350,00 EUR. Der Kläger sei deshalb nicht hilfebedürftig.

Dagegen legte der Kläger am 9. Februar 2005 Widerspruch ein und machte geltend, dass eine Verwertung der Lebensversicherung zum Teil nicht zumutbar sei, da ein Verlust von mehr als 10 % eintreten würde.

Mit Widerspruchsbescheid vom 6. Juni 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt: Als Vermögen seien gemäß § 12 Abs. 1 SGB II alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Als Vermögen seien gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II Sachen und Rechte nicht zu berücksichtigen, soweit deren Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich sei oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. Dies könne hypothetisch - ohne Anerkennung einer Rechtspflicht - dann angenommen werden, wenn der Verkehrswert mehr als 10 v. H. geringer sei als der Substanzwert. Der Kläger habe folgende Vermögenswerte nachgewiesen:

1.

WWK Lebensversicherung, Vers.Nr.: .... Hierauf seien 7.183,52 Euro eingezahlt worden, wobei der Rückkaufswert 4.866,59 EUR betrage. Die Verwertung dieser Lebensversicherung wäre hypothetisch offensichtlich unwirtschaftlich, so dass dieses Vermögen nicht zu berücksichtigen wäre.

2.

WWK Lebensversicherung, Vers.Nr.: .... Hierauf seien 2.914,09 EUR eingezahlt worden, wobei der Rückkaufswert 2.666,25 EUR betrage. Die Verwertung dieser Lebensversicherung sei zumutbar, so dass dieses Vermögen zu berücksichtigen sei.

3.

WWK Lebensversicherung, Vers.Nr.: .... Hierauf seien 4.432,32 EUR eingezahlt worden, wobei der Rückkaufswert 2.772,83 EUR betrage. Die Verwertung dieser Lebensversicherung wäre hypothetisch offensichtlich unwirtschaftlich, so dass dieses Vermögen nicht zu berücksichtigen wäre.

4.

WWK Lebensversicherung, Vers.Nr.: .... Hierauf seien 7.669,40 EUR eingezahlt worden, wobei der Rückkaufswert 4.132,92 EUR betrage. Die Verwertung dieser Lebensversicherung wäre hypothetisch offensichtlich unwirtschaftlich, so dass dieses Vermögen nicht zu berücksichtigen wäre.

5.

Provinzial Rentenversicherung, Vers.Nr.; .... Hierauf seien 10.651,05 EUR eingezahlt worden, wobei der Rückkaufswert 10.894,00 EUR betrage. Die Verwertung dieser Rentenve...

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