Entscheidungsstichwort (Thema)

Versicherungspflichtverhältnis. Geschäftsführer einer Familien-GmbH. Arbeitnehmereigenschaft. abhängige Beschäftigung. familienhaft Mithilfe. untertarifliches sehr geringes Arbeitsentgelt

 

Orientierungssatz

Ein Geschäftsführer einer Familien-GmbH, der nicht am Stammkapital beteiligt ist, nicht über eine Sperrminorität verfügt und dem Weisungsrecht des Ehegatten als Alleingesellschafter ohne Rücksicht auf die familiäre Beziehung tatsächlich unterworfen ist, steht auch dann in einem Versicherungspflichtverhältnis, wenn er für die Vollzeittätigkeit im Vergleich zu fremden Arbeitskräften ein die Hälfte des Tariflohns unterschreitendes, nahezu taschengeldgleiches Arbeitsentgelt erhält.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 10.05.2007; Aktenzeichen B 7a AL 8/06 R)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg) ab 3. Januar 2002.

Die ...1943 geborene Klägerin hat von 1960 bis 1963 eine Ausbildung zur Großhandelskauffrau in einem Unternehmen für Teppichgroßhandel durchlaufen. Danach war sie noch bis 1970 in diesem Unternehmen beschäftigt. Sie hat nach eigenen Angaben dort überwiegend Verkaufstätigkeiten ausgeübt. Von 1970 bis 1982 war die Klägerin als Sachbearbeiterin in einem Unternehmen für Garnvertrieb sowie in einer Beleuchtungsfirma tätig. Von November 1983 bis September 1987 war sie bei einem Unternehmen für Anlagenbau in der Rechnungsabteilung beschäftigt. Danach arbeitete die Klägerin nach eigenen Angaben in einem Modezentrum.

Vom 1. Oktober 1990 bis 31. Dezember 2001 übte die Klägerin eine Tätigkeit als Geschäftsführerin der Firma C M GmbH in N aus. Diese Gesellschaft war von ihrem Ehemann, dem Zeugen S M, geb. ...1942, mit notariell beurkundetem Vertrag am 19. Juli 1990 gegründet worden. Gegenstand des Unternehmens war nach § 3 des Gesellschaftsvertrages der Entwurf und die Produktion von Textilmode, der Groß- und Einzelhandel mit Textilien aller Art und Handelsvertretungen aller Art. Das Stammkapital der Gesellschaft betrug 50.000,00 DM. Dieses Stammkapital übernahm der Zeuge M als Alleingesellschafter (§ 6 des Gesellschaftsvertrages). Die Ladenöffnungszeiten in dem Ladenlokal der Firma C M GmbH waren von montags bis freitags von 9.30 Uhr bis 12.30 Uhr und von 14.30 Uhr bis 18.00 Uhr sowie samstags von 10.00 Uhr bis 13.00 Uhr.

Der Ehemann der Klägerin ist Maschinenbauingenieur. Nach seinen Angaben hat er während des Studiums des allgemeinen Maschinenbaus den Schwerpunkt auf den Bereich Betriebswirtschaft gelegt. Er war nach seinem Studium in verschiedenen Unternehmen im Bereich der Projektierung und des Projektmanagements beschäftigt. Ab Anfang der 70er Jahre war er beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) tätig. Sein Aufgabengebiet umfasste nach eigenen Angaben die Vertretung der Interessen der Maschinenbauunternehmen sowie die Beratung dieser Unternehmen.

Am 1. Oktober 1990 unterzeichneten die Klägerin und der Zeuge M einen Geschäftsführeranstellungsvertrag. Gemäß § 1 des Vertrages wurde die Klägerin zur alleinigen Geschäftsführerin der Firma C M GmbH bestellt und von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit. Sie verpflichtete sich, ihre volle Arbeitskraft der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen und die Geschäfte mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes zu führen. Nach §§ 3 und 4 des Vertrages war die Klägerin als Geschäftsführerin verpflichtet, der Gesellschafterversammlung auf Anforderung einen Bericht über den Gang der Geschäfte und die Lage des Unternehmens zu übermitteln sowie spätestens auf der ordentlichen Gesellschafterversammlung den Jahresabschluss vorzulegen. Die Höhe der monatlichen Bruttovergütung für die Geschäftsführertätigkeit wurde auf 610,00 DM festgelegt (§ 5 Abs. 1 Satz 1 des Vertrages). Zusätzlich wurde ein Firmenfahrzeug zur beruflichen Nutzung kostenlos gestellt (§ 5 Abs. 1 Satz 2 des Vertrages). Daneben wurde vereinbart, dass die Klägerin von dem Jahresgewinn der GmbH eine Tantieme in Höhe von brutto 20 v.H. erhalten sollte (§ 5 Abs. 3 des Vertrages). Nach § 6 des Vertrages hatte die Klägerin einen jährlichen Urlaubsanspruch von 30 Werktagen. Wegen der weiteren Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen wird auf Bl. 36 bis 38 der Verwaltungsakten verwiesen.

Zum 31. Dezember 2001 verkaufte der Zeuge M die Firma C M GmbH. Mit Schreiben vom 15. September 2001 kündigte er das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit Wirkung zum 31. Dezember 2001.

Am 3. Januar 2002 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten arbeitslos und stellte einen Antrag auf Gewährung von Alg. In der beigefügten Arbeitsbescheinigung vom 14. Januar 2002 wurde für die Zeit vom 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2001 ein beitragspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 9.519,24 DM bei Vollzeitarbeit angegeben. Im Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Geschäftsführers einer Familien-GmbH vom 4. Februar 2002 gab die Klägerin an, dass ihre durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit 38 Stunden ...

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