Entscheidungsstichwort (Thema)

Belegarzt. Sonderzulassung. Mindestbettenzahl. Unterlaufen. Zulassungsbeschränkung. keine zahlenmäßige Begrenzung pro belegärztliche Krankenhausabteilung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Zulassung als Vertragsarzt aufgrund des von diesem mit einem Krankenhaus abgeschlossenen Belegarztvertrages ist grundsätzlich nicht davon abhängig, dass das Krankenhaus dem Arzt eine bestimmte Mindestbettenzahl zur Verfügung stellt.

2. Um ein Unterlaufen der Zulassungsbeschränkungen zu verhindern, sind die Zulassungsgremien aber berechtigt zu prüfen, ob die belegärztliche Tätigkeit ernsthaft gewollt ist, wenn durch eine geringe Zahl von Belegbetten hieran ernsthafte Zweifel aufkommen und sich Anhaltspunkte für einen Rechtsmissbrauch ergeben. Letzterer ist dem Belegarzt konkret nachzuweisen.

3. Die Zulassung als belegärztlich tätiger Vertragsarzt kommt nicht nur für einen Belegarzt pro belegärztlicher Abteilung eines Krankenhauses in Betracht. Eine solche zahlenmäßige Begrenzung ist weder dem Wortlaut noch Sinn und Zweck des Gesetzes noch aus dessen systematischem Kontext zu entnehmen.

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 26. Juli 2000 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch für das Berufungsverfahren zu erstatten.

Im Übrigen findet eine Kostenerstattung unter den Beteiligten nicht statt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt eine Sonderzulassung als Belegarzt.

Der ... geborene Kläger ist Arzt für Orthopädie und war zuletzt von 1993 bis Juni 1998 als Oberarzt und Chefarztvertreter in der orthopädischen Abteilung des Krankenhauses für Sportverletzte in H tätig.

Im September 1998 beantragte er die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung in Bad S. Bad S war und ist für Orthopäden gesperrt (Versorgungsgrad 1998: 189,9 %, 2000: 188 %). Mit seinem Antrag legte der Kläger einen Belegarztvertrag mit dem H Krankenhaus in Bad S vor. Diesem reinen Belegkrankenhaus waren laut Krankenhausplan für Orthopädie vier Betten zugewiesen. Das Krankenhaus teilte der Beigeladenen zu 5) mit, dass eine Ausschreibung der Belegarztstelle im Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatt Nr. 7/98 erfolglos geblieben sei und dass dem Kläger bis zu zwei Betten zur Verfügung gestellt würden.

Mit Bescheid vom 11. Februar 1999 lehnte der Zulassungsausschuss den Antrag des Klägers wegen der nur möglichen geringen belegärztlichen Tätigkeit ab. Bei vier Betten seien mit dem Kläger vier orthopädische Belegärzte tätig. Der Ausschuss verwies auf ein Referat eines Richters am Bundessozialgericht anlässlich des Medicongresses 1998 in Baden Baden, wonach die Ernsthaftigkeit der belegärztlichen Tätigkeit bei deutlicher Unterschreitung von zehn Betten genau geprüft werden müsse. Es liege keine schützenswerte Tätigkeit vor, da die durchschnittliche Bettenzahl für orthopädische Belegärzte in Schleswig-Holstein sieben betrage und deshalb davon auszugehen sei, dass durch eine untergeordnete belegärztliche Tätigkeit die Zulassungssperre unterlaufen werden solle.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 2. März 1999 Widerspruch ein. Er hielt die Voraussetzungen des § 103 Abs. 7 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) für erfüllt, da sich auf die Ausschreibung kein niedergelassener Arzt beworben habe. Außerdem wolle das Krankenhaus das orthopädische Spektrum, insbesondere im von dem Kläger durchgeführten Spezialgebiet der Endoprothetik, ausweiten und ihm daher weitere fünf Betten zur Verfügung stellen. Deshalb könne hier von Umgehung oder Missbrauch keine Rede sein. Die Meinung eines Richters am Bundessozialgericht stelle im Übrigen nicht die Auffassung des Bundessozialgerichts dar, da Urteile zu der streiterheblichen Frage noch nicht ergangen seien.

Der Widerspruch wurde vom Beklagten mit Bescheid vom 17. Mai 1999 im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, § 103 Abs. 7 SGB V diene dem Zweck, dass Belegkrankenhäuser auch in gesperrten Gebieten nach Bedarf entsprechend Belegbetten betreiben und deren Anzahl ggf. erweitern könnten. Die Anzahl der Betten müsse aber in vertretbarer Relation zu der Anzahl der Belegärzte stehen. Hier stünden vier Betten drei (mit dem Kläger vier) Ärzten gegenüber, auch wenn einer davon nicht operiere. Dem Kläger sei es nicht gelungen, die vom Zulassungsausschuss formulierten Zweifel auszuräumen. Bei einer vom Kläger angegebenen Auslastung von 300 Betten pro Jahr müssten im Übrigen die übrigen Belegarztverträge sogar widerrufen werden. Ob weitere Betten zur Verfügung gestellt würden, sei unerheblich, da es nur auf die im Krankenhausplan anerkannten vier Betten ankäme. Im Ergebnis werde vom Kläger keine belegärztliche Tätigkeit, sondern die Überwindung der Zulassungssperre angestrebt.

Hiergegen hat der Kläger am 26. Mai 1999 Klage vor dem Sozialgericht Kiel erhoben. Er hat vorgetragen, dass nach § 103 Abs. 7 SGB V eine bestimmte Bettenzahl nicht gefordert werde, sondern ausschließlich eine ergebnislose Ausschreibung. Auch aus...

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