Entscheidungsstichwort (Thema)

Kranken- und Pflegeversicherung der Landwirte. Versicherungs- bzw Beitragspflicht. Befreiungstatbestand nach § 2 Abs 4a KVLG 1989. hauptberuflich selbständige Erwerbstätigkeit außerhalb der Land- und Forstwirtschaft bei gemischtem Betrieb

 

Orientierungssatz

Die Anwendung von § 2 Abs 4a KVLG 1989 kommt grundsätzlich auch dann in Betracht, wenn von einem Unternehmer in einem als Gesamtunternehmen veranlagten gemischten Betrieb sowohl eine landwirtschaftliche als auch eine gewerbliche Unternehmertätigkeit ausgeübt werden. Der Wortlaut der Norm steht dem nicht entgegen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 27.06.2012; Aktenzeichen B 12 KR 18/10 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 25. Juni 2009 sowie die Bescheide der Beklagten vom 21. November 2006 und 24. Januar 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. März 2007 aufgehoben.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten für beide Instanzen zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Versicherungspflicht der Klägerin in der Kranken- und Pflegeversicherung der Landwirte für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis 31. Dezember 2006 sowie eine Beitragsforderung der Beklagten für diesen Zeitraum in Höhe von 1.217,92 EUR.

Die 1956 geborene Klägerin betrieb in der streitigen Zeit eine Pensionsstallhaltung für Pferde auf dem im Grundbuch von M. Blatt Nr. 2016 eingetragenen Hof in M.-Ma., den ihr Ehemann mit Pachtvertrag vom 29. November 2005 gepachtet hatte. Das zur Hoffläche gehörende Grünland von 12,50 ha diente den Pensionspferden ab 1. Dezember 2005 als Auslauffläche und Weide. Mit Bescheid vom 17. Oktober 2006 stellte die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Schleswig-Holstein und Hamburg (LBG) die Veranlagungsgrundlagen für die landwirtschaftlichen Flächen zu Lasten der Klägerin als landwirtschaftliche Unternehmerin bestandskräftig fest. Als Veranlagungswerte legte die LBG eine Größe von 13,50 ha und 6,90 Arbeitseinheiten (AE) zugrunde. Wegen der Übernahme von weiteren vier Hektar Grünland erfolgte mit bestandskräftigem Bescheid vom 24. Januar 2007 eine Neufeststellung der Veranlagungsgrundlagen für die landwirtschaftlichen Flächen. Die Feststellungen der Betriebsverhältnisse nahm die LBG zugleich mit Wirkung für die Landwirtschaftliche Alterskasse Schleswig-Holstein und Hamburg (LAK) und für die Beklagte vor. Das Gesamtunternehmen der Klägerin war bei der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen (BGF) veranlagt. Gemäß Beitragsbescheid vom 31. März 2007 berechnete diese die Beiträge für die Unternehmerpflicht- und Arbeitnehmerversicherung für 2006 nach dem Betriebsschwerpunkt des Gesamtunternehmens, der Reittier-, Gespann- und Stallhaltung. Mit Bescheid vom 11. Mai 2006 befreite die BGF die Klägerin mit Wirkung vom 1. Juni 2006 nach § 39 Abs. 3 ihrer Satzung von der Versicherungspflicht, weil sie - die Klägerin - angegeben hatte, im Unternehmen nicht bzw. nur geringfügig tätig zu sein. Die LAK befreite die Klägerin auf ihren Antrag ab 1. Dezember 2005 gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) von der Versicherungspflicht als Landwirtin. Dabei ging die LAK davon aus, dass die Klägerin aus der Pensionsstallhaltung regelmäßig außer landwirtschaftliches Einkommen von mehr als 400,00 EUR monatlich (4.800,00 EUR jährlich) erzielt. Ab 1. Januar 2007 übernahm der Ehemann der Klägerin die Pensionsstallhaltung und die Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen.

Nachdem die Beklagte über das Gemeinsame Flächenkataster der Landwirtschaftlichen Sozialversicherungsträger Kenntnis von der Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Unternehmens erlangt hatte, stellte sie nach Überprüfung der Versicherungsvoraussetzungen mit Bescheid vom 21. November 2006 die Versicherungspflicht der Klägerin als landwirtschaftliche Unternehmerin in der landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegeversicherung ab 1. Dezember 2006 fest. Den Beitrag für die Krankenversicherung setzte sie auf 84,00 EUR und für die Pflegeversicherung auf 8,67 EUR monatlich fest. Die Berechnung des Krankenversicherungsbeitrages erfolgte nach der Beitragsklasse 03 unter Berücksichtigung eines Arbeitsbedarfs von 69,00 AE. Mit Bescheid vom 24. Januar 2007 stellte die Beklagte die Versicherungspflicht der Klägerin rückwirkend ab 1. Dezember 2005 fest und nahm den Bescheid vom 21. November 2006 hinsichtlich der Feststellung des Beginns der Versicherung und der Höhe der Beitragseinstufung zurück. Den Bescheid vom 4. Januar 2007 nahm die Beklagte insgesamt zurück. Für den streitbefangenen Zeitraum forderte sie nunmehr Beiträge in Höhe von insgesamt 1.217,92 EUR. Für Dezember 2005 bis November 2006 legte die Beklagte der Beitragsberechnung weiterhin einen Arbeitsbedarf von 69,00 AE zugrunde und setzte den Krankenversicherungsbeitrag entsprechend der Beitragsklasse 03 auf 84,00 EUR monatlich sowie den Beitrag für die Pflegeversicherung für Dezember 2005 auf 8,64 EUR und ...

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