Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewilligung von Prozesskostenhilfe für nicht gedeckten Kostenanteil einer Selbstbeteiligung bei einer Rechtsschutzversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

Der von einer Rechtsschutzversicherung nicht gedeckte Kostenanteil einer Selbstbeteiligung kann Gegenstand eines Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe sein.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Schleswig vom 24. Oktober 2002 aufgehoben.

Die Sache wird an das Sozialgericht Schleswig zurückverwiesen zur weiteren Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren.

 

Tatbestand

Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Bewilligung von  Prozesskostenhilfe für eine im Februar 2002 erhobene Klage.

Der Kläger hat in dem Klageverfahren S 5 SB 22/02 am 18. Februar 2002 Klage  erhoben mit dem Ziel der Feststellung eines höheren Grades der Behinderung  (GdB) als 40.

Das Sozialgericht hat im August 2002 einen Termin zur mündlichen  Verhandlung und Beweisaufnahme bestimmt auf den 29. Oktober 2002 und hat  zugleich zwei medizinische Sachverständige beauftragt, in der mündlichen  Verhandlung Gutachten zu erstatten.

Am 14./16. Oktober 2002 hat der Kläger einen Antrag auf Bewilligung von  Prozesskostenhilfe gestellt. Er sei nach seinen persönlichen und  wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Kosten der  Selbstbeteiligung seiner Rechtsschutzversicherung in Höhe von 153,00 Euro  selbst zu tragen. Bezüglich dieses Betrages werde um Prozesskostenhilfe  gebeten. Dem Antrag war eine Erklärung über die persönlichen und  wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Anlagen beigefügt.

Mit dem im Beschwerdeverfahren angefochtenen Beschluss vom 24. Oktober 2002  hat das Sozialgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe  abgelehnt. Der Kläger sei rechtsschutzversichert und könne auf die  Rechtsschutzversicherung zurückgreifen. Er habe nicht nachgewiesen, dass  eine Deckungszusage nicht erteilt worden sei. Soweit eine  Rechtsschutzversicherung Deckungsschutz gewähre, liege keine Bedürftigkeit  hinsichtlich § 115 ZPO in Verbindung mit § 202 SGG vor. Der Kläger erfülle  nicht die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von  Prozesskostenhilfe. Daran ändere auch nichts der Umstand, dass er eine  Selbstbeteiligung in Höhe von 153,00 Euro zu tragen habe. Die  Prozesskostenhilfe könne nicht auf diesen Betrag begrenzt werden. Es hänge  vom Willen des Klägers ab, sich die Bedingungen der  Rechtsschutzversicherung auszuwählen. Er könne nicht zu Lasten des Landes  von einer Gestaltungsmöglichkeit mit einer Selbstbeteiligung Gebrauch  machen, um anschließend die Selbstbeteiligung im Wege der  Prozesskostenhilfe auf das Land abzuwälzen. Bei dieser Sach- und Rechtslage  komme es nicht auf die Erfolgsaussichten des zu Grunde liegenden Verfahrens  an. Der Beschluss ist dem Kläger am 28. Oktober 2002 zugestellt worden.

In dem Verhandlungstermin am 29. Oktober 2002 hat das Sozialgericht die  Klage abgewiesen. Diese Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Gegen den prozesskostenhilfeversagenden Beschluss vom 14./16. Oktober 2002  hat der Kläger am 27. November 2002 Beschwerde eingelegt. Er sei unstreitig  rechtsschutzversichert. Die vorhandene Rechtsschutzversicherung beschränke  die Bedürftigkeit auf den Selbstbehalt in Höhe von 153,00 Euro.

Die Begründung des Sozialgerichts könne nicht überzeugen.  Derjenige Kläger, der eine Rechtsschutzversicherung mit eigenen monatlichen  Versicherungsbeiträgen abschließe, würde so trotz bestehender Bedürftigkeit  schlechter gestellt, als derjenige Kläger, der keine eigene Vorsorge  treffe.  Gestaltungsmöglichkeiten habe er im Übrigen nicht, da es ihm auf Grund  seiner wirtschaftlichen Verhältnisse nicht möglich sei, eine  Rechtsschutzversicherung ohne Selbstbeteiligung abzuschließen. Von einem  Abwälzen der Selbstbeteiligung im Wege der Prozesskostenhilfe könne nicht  die Rede sein. Bei Abschluss des Rechtsschutzversicherungsvertrages habe  er, der in rechtlichen Dingen nicht bewandert sei, in keiner Weise an die  Möglichkeit der späteren Geltendmachung im Rahmen der Prozesskostenhilfe  gedacht.  Auf Aufforderung des Senats hat der Kläger weitere Unterlagen zu der von  ihm zu tragenden Selbstbeteiligung in Höhe von 153,00 Euro vorgelegt.

Das beklagte Land hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist begründet.

Nach § 73a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 114 ff. ZPO erhält eine Partei,  die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten  der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann,  auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung  hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Das Sozialgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe  abgelehnt mit der Begründung, dass bei dem Kläger wegen der bestehenden  Rechtsschutzversicherung keine Bedürftigkeit hinsichtlich § 115 ZPO in  Verbin...

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