Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Auswahlentscheidung betreffend die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes eines Arztes für Anästhesie. fehlende Absicht der Praxisfortführung. unzulässiger Verkauf einer vertragsärztlichen Zulassung. Ausschreibung und Neubesetzung eines Vertragsarztsitzes eines Arztes für Anästhesie in Planungsbereich mit Zulassungsbeschränkung

 

Orientierungssatz

Eine Praxisfortführung wird nicht schon immer dann angestrebt, wenn ein Bewerber lediglich die vertragsärztliche Tätigkeit im selben medizinischen Fachgebiet und im selben Planungsbereich wie der ausscheidende Vertragsarzt ausüben will (vgl BSG vom 29.9.1999 - B 6 KA 1/99 R = BSGE 85, 1 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5). Dies gilt erst recht, wenn die Tätigkeit in einem benachbarten Planungsbereich ausgeübt werden soll.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beigeladenen zu 9., Dr. W., wird der Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 5. März 2008 aufgehoben.

Der Antrag des Antragstellers, die sofortige Vollziehung des Bescheides des Antragsgegners vom 27. November 2007, mit dem über den Widerspruch der Beigeladenen zu 9., Dr. W., entschieden worden ist, anzuordnen, wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens

mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die im erstinstanzlichen Verfahren nicht erstattungsfähig sind. Der Antragsteller und die Beigeladene zu 8., Dr. K., tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 9., Dr. W., jeweils zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 7. sowie des Beigeladenen zu 10. im Beschwerdeverfahren sind nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert wird für das Antragsverfahren in Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts vom 5. März 2008 und für das Beschwerdeverfahren auf 46.245 € festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die sofortige Vollziehung von Beschlüssen des Antragsgegners, die die Zulassung des Antragstellers als Facharzt für Anästhesiologie im Wege der Praxisnachfolge in einem wegen Überversorgung gesperrten Planungsbereich betreffen.

Der 1948 geborene Antragsteller ist seit November 1980 als Arzt approbiert und seit Dezember 1980 in der Anästhesiologie tätig. Die Anerkennung als Facharzt für Anästhesiologie erfolgte am 27. Februar 1985. Er war im Jahr 2007 in einer Gemeinschaftspraxis gemeinsam mit Dr. B. und Dr. O. mit Sitz in Bad Segeberg zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Zum 1. Januar 2008 ist Dr. G. mit Sitz in Ka., N.str. 18, als weiterer Arzt in die nun überörtliche Gemeinschaftspraxis eingetreten.

Am 29. Mai 2007 bewarb sich der Antragsteller beim Zulassungsausschuss für Ärzte in Schleswig-Holstein um den ausgeschriebenen Vertragsarztsitz des Arztes für Anästhesiologie Dr. E. in Ka., B. 2. Als vorgesehenen Praxissitz gab er die N.str. 18, den Praxissitz des Dr. G., an. Grund für die beabsichtigte Aufgabe der Praxis durch Dr. E. war dessen bevorstehende Vollendung des 68. Lebens-jahres und damit des Endes seiner Zulassung zum 30. September 2007.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Zulassungsausschuss erklärte u. a. der Antragsteller seine Bereitschaft, als Kaufpreis an Dr. E. den in dem Entwurf eines Praxisübernahmevertrags genannten Kaufpreis von 41.660,00 EUR zu zahlen. Weitere Bewerber einschließlich der Beigeladenen zu 9. schlossen mit Dr. E. einen Vertrag zur Übernahme der Praxis gegen Zahlung des o.g. Kaufpreises “vorbehaltlich der rechtskräftigen Zulassung„ ab. Der Vertrag sieht jeweils vor, dass die Übernahme der in Ka. geführten Praxis des Dr. E. zum 1. Oktober 2007 erfolgt. Die Übernahme von Praxisräumen, Inventar oder Personal sei nicht möglich, da nicht vorhanden. Die Patientenkartei bleibe im Eigentum des Veräußerers. Der Veräußerer kooperiere seit fast neunzehn Jahren mit den Kieferchirurgen und Zahnärzten der Praxis “Ga., Na.„, allerdings ohne feste vertragliche Bindung. Auch im Übrigen bestünden keinerlei Verträge, in die der Erwerber einzutreten hätten. Weiter heißt es: “Eine eventuell vom Erwerber angestrebte Kooperation mit den Ärzten/Zahnärzten der oben genannten Praxis wird vom Veräußerer unterstützt.„

Mit Bescheid vom 27. August 2007 (Beschluss vom 11. Juli 2007) ließ der Zulassungsausschuss den Antragsteller als Nachfolger des Dr. E. als Facharzt für Anästhesiologie für Ka., N.straße 18, zu. Die Zulassung erfolgte unter der Bedingung der Zahlung des im Entwurf eines Praxisübernahmevertrages genannten Kaufpreises in Höhe von 41.660,00 EUR sowie des Verzichts auf die bereits bestehende Zulassung für Bad Segeberg. Gleichzeitig lehnte der Zulassungsausschuss die Zulassung der übrigen zwölf Bewerber einschließlich der Beigeladenen zu 8., Dr. K., und der Beigeladenen zu 9., Dr. W., ab. Die Ablehnung des Antrags der Dr. K. erfolgte im Wesentlichen mit der Begründung, dass diese aufgrund ihres Lebensalters nicht mehr in der Lage sei, die Praxis für eine ausreichend lange Zeit fortzuführen. Dr. K. sei bereits 67 Jahre alt. Zum Übernahmezeit...

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