Verfahrensgang

SG Lübeck (Beschluss vom 06.02.2004; Aktenzeichen S 9 KR 90/04, 9 KR 90/04 ER)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Lübeck vom 6. Februar 2004 aufgehoben.

Der Antrag der Antragstellerin, die Antragsgegnerin vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu verpflichten, die Änderung des § 10 ihrer Satzung durch den 24. Satzungsnachtrag zum 1. Januar 2004 und die Beitragssenkung von 14,5 v. H. auf 12,9 v. H. für den allgemeinen Beitrag, von 13,9 v. H. auf 12,3 v. H. für den ermäßigten Beitrag und von 16,7 v. H. auf 15,1 v. H. für den erhöhten Beitrag zu genehmigen, wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten beider vorläufiger Rechtszüge.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Genehmigung einer Satzungsänderung, die eine Beitragssenkung von 14,5 % auf 12,9 % für den allgemeinen Beitragssatz, von 13,9 % auf 12,3 % für den ermäßigten Beitragssatz und von 16,7 % auf 15,1 % für den erhöhten Beitragssatz zum Gegenstand hat.

Die Antragstellerin ist eine bundesweit geöffnete Betriebskrankenkasse mit Sitz in G… in Schleswig-Holstein. Im Jahr 2003 betrug der Beitrag gemäß § 10 der Satzung allgemein 14,5 %, ermäßigt 13,9 % und erhöht 16,7 %.

In ihrem Haushaltsplan von 11. November 2003 ging die Antragstellerin von einem voraussichtlichen jahresdurchschnittlichen Bestand 2003 von 71.151 Mitgliedern aus. Sie schätzte für das Jahr 2004 einen jahresdurchschnittlichen Mitgliederbestand von 111.151 Mitgliedern. In dem Haushaltsplan sah sie Einsparungen – im Wesentlichen durch die Auswirkungen des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes (GMG) vom 14. November 2003 (BGBl. I S. 2190) bewirkt – in Höhe von 213,15 € je Mitglied und hochgerechnet auf 111.151 Mitglieder in Höhe von 23.691.835,65 € für das Jahr 2004 vor. Wegen des Haushaltsplans wird auf Seite 45 der Akte des Hauptsacheverfahrens – S 9 KR 90/04 – verwiesen. Die Antragsgegnerin beanstandete die Ansätze des Haushaltsplans mit Schreiben vom 27. November 2003 im Wesentlichen mit der Begründung, der Plan beinhalte Leistungsausgaben in Höhe von 1.841,00 € je Mitglied entsprechend einem Rückgang um 175,00 € bzw. 8,7 % gegenüber dem Vorjahr. Der Schätzerkreis für den Risikostrukturausgleich (RSA) habe in seiner Sitzung vom 30. Oktober 2003 für das Jahr 2004 lediglich einen Rückgang der im RSA berücksichtigungsfähigen Leistungsausgaben um 3,3 % vorgesehen. Der von der Antragsgegnerin erwartete Mitgliederzuwachs führe zu keiner anderen Einschätzung, sondern werde voraussichtlich zu einer Angleichung der Risikostruktur der Mitglieder der Antragstellerin an den Durchschnitt führen. Die Antragstellerin habe bereits in den vorangegangenen Jahren die Beiträge nicht zeitgerecht angepasst; dies habe zu einer Verschuldung in Höhe von 23,5 Millionen Euro Ende 2002 geführt. Das entspreche 1,2 Monatsausgaben und erreiche eine existenzgefährdende Größenordnung. Der Haushaltsplan werde zu einem deutlichen Ausgabenüberschuss des Jahres 2004 führen. Angesichts der bereits bestehenden Verschuldung der Antragstellerin könne deren Leistungsfähigkeit dauerhaft gefährdet sein und zur Haftung des BKK-Landesverbandes Nord führen. Der Verwaltungsrat der Antragstellerin beschloss den Haushaltsplan am 3. Dezember 2003 unverändert. Mit Schreiben vom 4./9. Dezember 2003 nahm die Antragsgegnerin zu der Beanstandung vom 27. November 2003 Stellung. Wegen des Inhalts der Stellungnahme wird auf Blatt 163 ff. Gerichtsakte verwiesen.

Mit Schreiben vom 9. Dezember 2003 beantragte die Antragstellerin im 24. Satzungsnachtrag die oben dargestellte Beitragssenkung ab 1. Januar 2004. Die Antragsgegnerin gab ihr mit Schreiben vom 23. Dezember 2003 wegen einer beabsichtigten Ablehnung Gelegenheit zur Stellungnahme. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, für das Haushaltsjahr 2003 sei – geplant – von einem Überschuss der Einnahmen der Antragstellerin in Höhe von 9,9 Millionen Euro und für 2004 in Höhe von 4,3 Millionen Euro auszugehen. Dieses beruhe auf der von der Antragstellerin angenommenen durchschnittlichen Zahl von 111.151 Mitgliedern. 2002 hätten die Ausgaben um 6,6 Millionen Euro über den Einnahmen gelegen. Aufgrund des voraussichtlichen Rechnungsergebnisses werde die Verschuldung zum 31. Dezember 2003 von 23,5 Millionen auf 13,5 Millionen Euro abgesunken sein, aufgrund des angenommenen Ergebnisses zum 31. Dezember 2004 auf 9,1 Millionen Euro. Es beständen jedoch erhebliche Zweifel an dieser Entwicklung, insbesondere daran, dass – wie von der Antragstellerin angenommen – die Entlastungswirkung des GMG gemäß § 221 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) ungefähr 10 Millionen Euro betragen werde. Die Verteilung des Zuschusses nach § 221 Abs. 2 SGB V sei in einer noch nicht erlassenen Rechtsverordnung zu regeln. Nach den Vorgaben des zuständigen Fachreferats im Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherheit und aufgrund der Tatsache, dass die mit dem Zus...

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