Rz. 128

Ein schriftlicher Vermittlungsvertrag muss nicht bereits vor der ersten Vermittlungstätigkeit für den Arbeitsuchenden geschlossen sein, wenn diese Vermittlungstätigkeit erfolglos und damit vergütungsrechtlich unerheblich geblieben ist. Es ist vielmehr ausreichend, wenn ein schriftlicher Vermittlungsvertrag geschlossen ist, bevor die (spätere) vergütungsrechtlich relevante Vermittlungstätigkeit beginnt (LSG Sachsen, Urteil v. 19.3.2020, L 3 AL 103/16). Der Zahlungsanspruch des privaten Arbeitsvermittlers aus einem Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein erfordert als Vermittlungserfolg die Beendigung der Beschäftigungslosigkeit durch Aufnahme einer Beschäftigung im Geltungszeitraum des Gutscheins und setzt nicht voraus, dass auch der Arbeitsvertrag in diesem Zeitraum geschlossen wurde (BSG, Urteil v. 12.9.2019, B 11 AL 13/18 R).

 

Rz. 128a

Der aus § 45 abzuleitende öffentlich-rechtliche Zahlungsanspruch des privaten Arbeitsvermittlers steht nicht im Ermessen der Bundesagentur für Arbeit. Aufgrund des Verweises auf § 83 Abs. 2 Satz 1 in § 45 Abs. 6 Satz 2 über die Zahlung von Weiterbildungskosten wird der Arbeitsvermittler unmittelbar begünstigt.

Der Zahlungsanspruch des privaten Arbeitsvermittlers gegen die Bundesagentur für Arbeit hat nach § 45 – entsprechend der Vorgängerregelung in § 421g – zusammenfassend folgende Voraussetzungen: Erstens die Ausstellung eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins; zweitens ein wirksamer, vor Beginn der Vermittlungstätigkeit abgeschlossener schriftlicher Vermittlungsvertrag mit daraus resultierendem Zahlungsanspruch des Vermittlers gegen den Arbeitnehmer; drittens innerhalb der Geltungsdauer des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins die erfolgreiche Vermittlung in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit mindestens 15 Wochenstunden; viertens für die Auszahlung der ersten Rate eine 6-wöchige Dauer des Beschäftigungsverhältnisses (unter Hinweis auf BSG, Urteil v. 9.6.2017, B 11 AL 6/16 R).

Für den Eintritt des Vermittlungserfolges ist der Beginn des Beschäftigungsverhältnisses entscheidend, mithin die tatsächliche Eingliederung in den Betrieb:

 

Rz. 129

Waren sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer zum Vertragsabschluss bereits einig, als der Vermittler erstmals Kontakt zum Arbeitnehmer aufnahm, so hat der Vermittler eine erforderliche kausale Vermittlertätigkeit nicht erbracht.

Fehlt es an einem vor Beginn der Vermittlungstätigkeit abgeschlossenen Vermittlungsvertrag mit einem hieraus resultierenden Zahlungsanspruch des Vermittlers gegen den Arbeitnehmer, so ist ein Anspruch nach § 421g a. F. ausgeschlossen.

Einen Vergütungsanspruch aus einem Vermittlungsgutschein hat der private Arbeitsvermittler nur, wenn vor Beginn der Vermittlungstätigkeit ein schriftlicher Vermittlungsvertrag mit dem Arbeitnehmer abgeschlossen wurde.

Selbst wenn es zuvor mündliche Absprachen über die Vermittlung gegeben haben sollte, vermag die spätere schriftliche Vereinbarung die Anspruchsvoraussetzung eines vor Beginn der Vermittlungsaktivitäten abgeschlossenen schriftlichen Vermittlungsvertrags nicht zu ersetzen.

Auch aus § 141 BGB folgt nichts Anderes, denn diese Vorschrift wird durch die öffentlich-rechtlichen Bestimmungen des SGB III überlagert:

BSG, Urteil v. 3.5.2018, B 11 AL 11/17 R.

Im Einzelnen:

Es fehlt es bereits an einem vor Beginn der Vermittlungstätigkeit abgeschlossenen schriftlichen Vermittlungsvertrag, wenn es sich bei dem Vertrag des Vermittlers mit dem zu Vermittelnden um einen durch öffentlich-rechtliche Normen modifizierten Maklervertrag (vgl. § 652 BGB) handelt. Dessen Wirksamkeit und Ausgestaltung richtet sich zwar nach den Vorschriften des BGB, diese sind jedoch überlagert von öffentlich-rechtlichen Normen, insbesondere nach den §§ 296, 297 SGB III. Gemäß § 296 Abs. 1 SGB III bedarf ein Vertrag, nach dem sich ein Vermittler verpflichtet, einem Arbeitsuchenden eine Arbeitsstelle zu vermitteln, der schriftlichen Form. Wird die erforderliche Schriftform nicht eingehalten, ist die Vereinbarung unwirksam (unter Hinweis auf BSG, Urteil v. 23.2.2011, B 11 AL 10/10 R). Eine Vermittlung ist durch den bereits geschlossenen Arbeitsvertrag dokumentiert. Vor dem Abschluss der Vermittlung lag ein schriftlicher Vermittlungsvertrag nicht vor. Selbst wenn es zuvor mündliche Absprachen über die Vermittlung gegeben haben sollte, vermag die spätere schriftliche Vereinbarung die Anspruchsvoraussetzung eines vor Beginn der Vermittlungsaktivitäten abgeschlossenen schriftlichen Vermittlungsvertrags nicht zu ersetzen. Dem steht der Zweck der in § 296 Abs. 1 Satz 1 angeordneten Schriftform entgegen, den Arbeitsuchenden vor der Ausnutzung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Notlage sowie seiner Unerfahrenheit zu schützen und diesem im Sinne einer Warn- und Transparenzfunktion zu verdeutlichen, welche Verpflichtungen ihn im Falle der Beauftragung eines privaten Arbeitsvermittlers treffen (unter Hinweis auf die BT-Drs. 14/8546, LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 12.6.2007, L 7 AL 391/04 u. a.)...

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