Leitsatz

Sanierungsverantwortlichkeit aller Eigentümer hinsichtlich konstruktiver Balkonbauteile (Auslegung der Gemeinschaftsordnung zur Abgrenzung von Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum an Balkonen)

 

Normenkette

§§ 5 Abs. 2, 16 Abs. 2, 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG

 

Kommentar

  1. Soweit in der Gemeinschaftsordnung Balkonböden als Sondereigentum bezeichnet sind, sind darunter Fliesen nebst Estrich zu verstehen, was vorliegend auch durch entsprechende Vereinbarungsregelungen zur Kostentragung bestätigt werde. Bodenaufbauelemente sind hier nicht von der Vereinbarung erfasst. Dies widerspräche auch dem Wortlaut des § 5 Abs. 2 WEG. Außenwand, Balkonbodenplatte und die darauf aufgebrachte Isolierschicht bilden als konstruktive Elemente zwingendes Gemeinschaftseigentum. Eine Isolierschicht als Teil des Balkonbodens kann insoweit auch nicht in einer Teilungserklärung zu Sondereigentum erklärt werden. Eine mangelhafte Drainageschicht gehört ebenso zum Gemeinschaftseigentum.
  2. Haben die an Balkonen festgestellten Feuchtigkeitsschäden ihre Ursache in einer mangelhaften Abdichtung der Anschlüsse und Abschlüsse an die angrenzenden Bauteile gegen nicht drückendes Wasser (hier: fehlende Entwässerungseinrichtung bei den Fenstertüren unmittelbar vor dem Austritt laut gutachterlicher Stellungnahme), muss ein solcher, von Anfang an nicht ordnungsgemäß vorhandener Zustand erstmalig hergestellt werden. Hierzu kann auch die Beseitigung etwa bereits bauseitig vorhandener Nässeschäden gerechnet werden (vgl. BayObLG v. 20.11.2002, 2Z BR 45/02, ZMR 2003, 366). Insoweit ist nicht der einzelne Eigentümer instandsetzungs- und instandhaltungspflichtig. Die interne Kostentragungspflicht für die Beseitigung solcher im Gemeinschaftseigentum liegender Mängel folgt aus § 16 Abs. 2 WEG, wobei es hierfür entscheidend ist, ob eine mangelhafte Abdichtung zum Sondereigentum oder zum Gemeinschaftseigentum zu rechnen ist. Zwingend im Gemeinschaftseigentum stehen neben Brüstungen, Decken und Türen bei Balkonen auch die Bodenplatte und die Isolierschicht (h. M.) sowie die Abdichtungsanschlüsse zum Gebäude. Insoweit handelt es sich um konstruktive Teile des Gebäudes, die Durchfeuchtungsschutz bieten sollen und deshalb für den Bestand des Gebäudes erforderlich sind. Im Umkehrschluss zu § 5 Abs. 3 WEG ergibt sich auch, dass durch Vereinbarung eine derartige Zuordnung nicht abgeändert werden kann. Zu gleichem Ergebnis gelangt man auch aufgrund der hier getroffenen Vereinbarungen in der Gemeinschaftsordnung als Instandsetzungs- und Instandhaltungsmaßnahmen außerhalb einer Erstherstellung. Im vorliegenden Fall war auch nicht im Wege der Umdeutung an eine andere Kostentragungsregelung zu denken (vgl. hierzu OLG Hamm v. 13.8.1996, 15 W 115/96, ZMR 1997, 193).

    Auch gab es keine eindeutige Vereinbarung über eine Kostentragungsregelung zulasten bestimmter Sondereigentümer für Teile des Gemeinschaftseigentums (wie etwa hier die Isolierschicht). Ist ein Balkonboden als Sondereigentum erwähnt, erfasst dies den Bodenbelag als solchen, wozu Fliesen, aber auch das aufgebrachte Mörtelbett oder der Estrich zu rechnen sind (vgl. OLG Düsseldorf v. 27.2.2002, 3 Wx 348/01, NZM 2002, 443). Abdichtungsanschlüsse sind demgegenüber der tragenden Gebäudekonstruktion und damit dem Gemeinschaftseigentum zuzurechnen, wobei bei der Auslegung von Erklärungen nach § 133 BGB im Zweifel gilt, dass derjenigen Auslegung der Vorrang gebührt, welche die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts vermeidet (vgl. BGH v. 26.9.2002, I ZR 44/00, NJW 2003, 819, 820). Die Kosten für die Instandsetzung einer Drainageschicht sind i. Ü. keine solchen des Sondereigentums. Aus diesem Grund reicht die Kostentragungsregelung für die Balkonböden nicht weiter, als die eigentumsrechtliche Zuordnung. I. Ü. gilt der Grundsatz, dass schwer wiegende Abweichungen vom gesetzlichen Regelfall in einer Vereinbarung der Eigentümer klar und deutlich zum Ausdruck kommen müssten (vgl. etwa Schmidt, WE 1998, 229/230). Vorliegend ging es bei den Balkonen auch nicht um Gemeinschaftseigentum mit daran begründeten Sondernutzungsrechten und hierfür speziell vereinbarten Kostenverteilungsregelungen.

 

Link zur Entscheidung

OLG München, Beschluss vom 30.01.2007, 34 Wx 116/06OLG München v. 30.1.2007, 34 Wx 116/06

Anmerkung

Auch Estriche (Gefälleestriche) gehören m. E. dann zwingend zum Gemeinschaftseigentum, wenn sie dem Schutz einer darunter befindlichen Feuchtigkeitssperrschicht dienen (oder gar bei Stockwerksterrassen auch einer Wärmedämmschicht).

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