Leitsatz

  1. Vorbefassung der Gemeinschaft zur Sanierung des Gemeinschaftseigentums nach Feuchtigkeitserscheinungen im Sondereigentum
  2. Beschlussunfähigkeit als Beschlussnichtigkeitsgrund und damit unbegründeter Sanierungsverpflichtungsantrag
 

Normenkette

§§ 21 Abs. 1 und 8, 23 Abs. 4 WEG

 

1. Zum Sachverhalt:

In einer Wohnung kam es zu Feuchtigkeitserscheinungen und Schimmelflecken an der Küchenwand aufgrund mangelhafter Dämmung des Gemeinschaftseigentums. In der Teilungserklärung war u.a. vereinbart, dass eine Versammlung nur beschlussfähig sei, wenn mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile vertreten seien. In der Versammlung wurde ein bestimmter Sanierungsbeschluss gefasst und verkündet, allerdings waren zu diesem Zeitpunkt nur noch 4.828/10.000stel Eigentümer anwesend bzw. vertreten. Die geschädigte Klägerin focht den Beschluss als gegen Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung verstoßend an und stellte gleichzeitig Verpflichtungsantrag auf weitergehende Sanierung gemäß vorliegendem Sachverständigengutachten.

Die Beklagten erklärten Anerkenntnis zur Ungültigkeit des Beschlusses unter Hinweis auf dessen Nichtigkeit wegen mangelnder Beschlussfähigkeit. Zum Verpflichtungsantrag erwiderten sie mangelnde, jedoch erforderliche Vorbefassung durch die Gemeinschaft.

 

2. Aus den Gründen:

Der Verpflichtungsantrag scheitert an § 21 Abs. 1 WEG; das Gericht ist grundsätzlich nicht befugt, eigenes Ermessen anstelle desjenigen der Wohnungseigentümer zu setzen, sondern lediglich dazu, einen Beschluss auf Wirksamkeit zu prüfen. Die Ausnahme des § 21 Abs. 8 WEG greift nicht, da es die Eigentümer nicht pflichtwidrig unterlassen oder sich sogar geweigert hätten, ihr Ermessen auszuüben. Sanierungen im klägerischen Sondereigentum sind im Übrigen nicht derart dringend zu beheben, dass es angemessen wäre, die vorrangige Zuständigkeit der Eigentümer zur Regelung der Verwaltung außer Kraft zu setzen. Da das Thema bereits auf die Tagesordnung gesetzt worden war, beweist, dass Anwesende durchaus willens waren, sich mit dem Thema zu befassen; eine wirksame Beschlussfassung scheiterte lediglich daran, dass die erforderliche Eigentümerzahl nicht mehr anwesend war. Dies gilt auch dann, wenn die Verwaltung damals den Eintritt der Beschlussunfähigkeit zunächst nicht bemerkt habe. Somit ist die Klägerin zunächst gehalten, die Einberufung einer neuen Versammlung zu fordern, um eine wirksame Beschlussfassung zu ermöglichen.

Vorbefassung der Eigentümer liegt bisher nicht vor, weil der zunächst als gefasst protokollierte Beschluss gemäß § 23 Abs. 4 WEG wegen Verstoßes gegen die Teilungserklärung nichtig ist (vgl. u.a. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1995 S. 464). Ein trotz Beschlussunfähigkeit erfolgter Beschluss ist auch dann nichtig, wenn er als Beschluss verkündet wird (vgl. BGHZ 145 S. 158, LG Köln, NZM 2005 S. 200). Es kann bei einem aufgrund von Beschlussunfähigkeit nicht wirksam zustande gekommenen Beschluss gerade nicht davon ausgegangen werden, dass die dazu geführte Erörterung eine Vorbefassung im Sinn des § 21 Abs. 1 WEG darstellt. Ein bestimmtes Ergebnis einer neuerlichen Abstimmung kann im Übrigen nicht unterstellt werden. Trotz erwünschter Sanierung der Klägerin war das Ermessen der Gemeinschaft nicht auf Null reduziert.

 

Kommentar

Anmerkung

Diese Entscheidung kann mich nicht überzeugen. Zum Sanierungsthema laut Tagesordnung kam es zu einer bestimmten Sanierungsbeschlussentscheidung, die auch als solche offensichtlich in Unwissenheit nicht mehr bestehender Beschlussfähigkeit vom Versammlungsleiter verkündet wurde. Über klägerische Anfechtung hätte mangels Anerkenntnis der Beklagten die Anfechtung zum Erfolg geführt. Von Anfang nichtig war jedenfalls der Beschluss nicht, da in der Teilungserklärung die nach h.M. abdingbare gesetzliche Regelung nur wiederholt wurde. Der Beschluss verstieß weder gegen zwingendes Gesetzesrecht noch fehlte die grundsätzliche Beschlusskompetenz.

War gleichsam von Ungültigkeit des Beschlusses auszugehen, hätte das Gericht über den Sanierungsverpflichtungsantrag in beantragter Sanierungsvariante entscheiden müssen. Mit dem Thema befasst war an sich bereits die Versammlung. Beantragt wurde auch verpflichtende Zustimmung zu beantragter Sanierungsmaßnahme, keine gestalterische Gerichtsentscheidung nach § 21 Abs. 8 WEG. Ein solcher Antrag wäre nur Erfolg versprechend, sollte ein Ermessen der restlichen Eigentümer tatsächlich auf Null reduziert sein. Vorliegend stand diese Frage der Zulässigkeit eines richterlichen Gestaltungsurteils überhaupt nicht zur Diskussion. Der aufgezeigte Weg des Gerichts, nunmehr von der Klägerin neuerlich Einberufung einer Versammlung mit erneut gleichem Tagesordnungspunkt zu beantragen, erscheint mehr als umständlich (überdies meist auch beschwerlich) und kann nur eine notwendige Sanierung erneut verzögern; bei mehrheitlicher Ablehnung durch Negativbeschluss müsste die Klägerin dann neuerlich Zustimmungsverpflichtungsklage erheben, über die schon nach bisherigem Sachverhalt auf Gutachtensbasis m.E. hätte e...

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