Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergnügungssteuer. Aufwandsteuer. Spielautomaten. Spielgeräte. Gewinnmöglichkeit. Zählwerk. Zählwerkausdruck. Einspielbeträge. Praktikabilität. Verwaltungsaufwand. Steuermaßstab. Stückzahlmaßstab. Wirklichkeitsmaßstab. Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Vergnügungssteuer für Spielautomaten

 

Leitsatz (amtlich)

Die Vergnügungssteuer für Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit darf nicht länger unter Anwendung des Stückzahlmaßstabs erhoben, d. h. nicht pauschal nach der Anzahl der Geräte bemessen werden.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1, Art. 106 Abs. 6 S. 1; SächsVerf Art. 18 Abs. 1

 

Verfahrensgang

VG Dresden (Urteil vom 27.06.2001; Aktenzeichen 12 K 1474/99)

 

Nachgehend

BVerwG (Urteil vom 13.04.2005; Aktenzeichen 10 C 8.04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 27. Juni 2001 – 12 K 1474/99 – geändert.

Der Bescheid der Beklagten vom 4. Januar 1999 und ihr Widerspruchsbescheid vom 31. März 1999 werden insoweit aufgehoben, als die Vergnügungssteuer auf einen Betrag von mehr als 7.200,– DM festgesetzt worden ist.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Klägerin zu 1/5 und die Beklagte zu 4/5.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung von Vergnügungssteuer für Spielautomaten auf der Grundlage des Stückzahlmaßstabs.

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 der Vergnügungssteuersatzung der Beklagten vom 27.6.1991 (Dresdner Amtsblatt S. 345) in der hier maßgebenden Fassung der Satzungsänderung vom 19.12.1994 (Dresdner Amtsblatt Nr. 51/52 S. 12) wird die Steuer als Pauschalsteuer nach festen Steuersätzen erhoben. Der Steuersatz beträgt nach § 3 Abs. 2 der Satzung für in Spielhallen aufgestellte Geräte mit Gewinnmöglichkeit 400,– DM und ohne Gewinnmöglichkeit 120,– DM monatlich. In der Spielhalle der Klägerin waren Anfang 1999 sieben Automaten mit Gewinnmöglichkeit und fünf Automaten ohne Gewinnmöglichkeit aufgestellt. Mit Bescheid vom 4.1.1999 setzte die Beklagte die Vergnügungssteuer für das Jahr 1999 unter monatlicher Fälligstellung auf insgesamt 40.800,– DM fest. Die Klägerin erhob mit der Begründung Widerspruch, die Vergnügungssteuer sei nach dem Aufwand des Spielers auszurichten. Dieser lasse sich ohne weiteres erfassen, weil seit 1.1.1997 alle Geräte mit Gewinnmöglichkeit aufgrund der zwischen den Herstellern von Unterhaltungsautomaten mit Gewinnmöglichkeit und den Verbänden der Unterhaltungsautomatenwirtschaft auf Initiative der Bundesministerien für Wirtschaft und für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit in den Jahren 1989 und 1990 abgeschlossenen freiwilligen selbstbeschränkenden Vereinbarung und darüber hinaus nahezu alle Geräte ohne Gewinnmöglichkeit mit manipulationssicheren Zählwerken ausgerüstet seien. Damit sei die auf Gründe der Vereinfachung und Praktikabilität gestützte Anwendung des pauschalen Stückzahlmaßstabs nicht länger zu rechtfertigen. Auch die Umsatzsteuer werde deshalb von den Finanzämtern nach den Spielentgelten berechnet. Mit Widerspruchsbescheid vom 31.3.1999 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Mit ihrer am 3.5.1999 erhobenen Klage trug die Klägerin vor, ihre Automaten seien sämtlich mit einem manipulationssicheren Zählwerk ausgestattet. Der Lenkungszweck der Steuer lasse ein Festhalten am Stückzahlmaßstab nicht zu, weil nicht das Aufstellen der Geräte, sondern das Spielen an ihnen zurückgedrängt werden solle. Die Beklagte wendete dagegen ein, der Lenkungszweck der Steuer sei besonders wirksam mit dem Stückzahlmaßstab zu erreichen. Bei Anwendung eines am Umsatz ausgerichteten Maßstabs würden nämlich auch ertragsschwache Automaten weiterbetrieben werden. Außerdem erfordere die monatliche Ermittlung des Umsatzes einen zu hohen Verwaltungsaufwand.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der konkrete Vergnügungsaufwand des Spielers lasse sich selbst anhand der Einspielergebnisse nicht exakt erfassen. Ferner wäre die monatliche Auswertung des Zahlenmaterials mit einem erheblichen Mehraufwand verbunden. Dieser ließe sich auch bei Amtshilfe durch die Finanzämter nicht verringern, weil bei den Umsatzsteuervoranmeldungen nicht nach Geräten und Aufstellorten differenziert werde. Sowohl für den Innendienst als auch für den Außendienst würde mehr Personal benötigt. Der Einwand, die zusätzlichen Kosten würden durch das Steueraufkommen abgedeckt, greife nicht durch, denn mit der Steuer solle nicht primär das mit ihrer Erhebung beschäftigte Personal finanziert werden. Der Stückzahlmaßstab wahre hingegen weiterhin einen nach dem Grundsatz der Steuergerechtigkeit (Art. 3 Abs. 1 GG) ausreichenden, zumindest lockeren Bezug zum Vergnügungsaufwand. Schwankungsbreiten bei den Einspielergebnissen von mehreren 100 % würden langfristig wieder ausgeglichen.

Der Senat hat mit Beschluss vom 26.3.2002 (5 B 610/01) die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zugelassen.

Die Klägerin trägt vor, be...

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