Entscheidungsstichwort (Thema)

Disziplinarrecht der Landesbeamten. Entfernung aus dem Dienst. Polizeivollzugsbeamter. Aussagedelikt. Unterhaltsbeitrag. Verschlechterungsverbot

 

Leitsatz (amtlich)

1. Vorsätzliche Aussagedelikte eines Polizeivollzugsbeamten führen als schwerwiegende Straftaten mit innerdienstlichem Bezug regelmäßig zur Entfernung aus dem Dienst (wie VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.9.2000, NVwZ-RR 2002, 205).

2. Die erstinstanzliche Bewilligung eines Unterhaltsbeitrags unterliegt nach Maßgabe des Verschlechterungsverbots auch dann der berufungsgerichtlichen Überprüfung, wenn der Beamte seine Berufung wirksam auf das Disziplinarmaß beschränkt hat.

 

Normenkette

SächsDO §§ 8, 69, 78 Abs. 2

 

Verfahrensgang

VG Dresden (Urteil vom 09.05.2003; Aktenzeichen D 10 K 76/02)

 

Tenor

Die Berufung des Beamten gegen das Urteil der Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts Dresden vom 9. Mai 2003 – D 10 K 76/02 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beamte.

 

Tatbestand

Der am 1963 geborene Beamte erlernte nach dem Besuch der Polytechnischen Oberschule, die er mit der 10. Klasse abschloss, von 1980 bis 1982 den Beruf des Zerspannungsfacharbeiters. Anschließend leistete er von Mai 1982 bis Oktober 1983 Grundwehrdienst bei den Grenztruppen der Nationalen Volksarmee. Am 1.11.1983 trat er beim Volkspolizeikreisamt P. den Dienst in der Volkspolizei (Dienstzweig Schutzpolizei) an, wobei er nach entsprechender Ausbildung zunächst bis 30.4.1989 überwiegend im Streifeneinzeldienst tätig war. Vom 1.5.1989 bis 31.12.1989 leistete er Dienst bei der Volkspolizeiinspektion K. (B.). Zum 1.1.1990 wurde er nach P. zurückversetzt.

Mit Änderungsvertrag vom 18.10.1991 wurde der Beamte zunächst als Angestellter in den Polizeidienst des Freistaates Sachsen übernommen und mit Wirkung vom 1.1.1992 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Polizeihauptwachtmeister (Besoldungsgruppe A 6 BBesG) ernannt. Im Rahmen der Besoldungsanpassung wurde er mit Wirkung zum 1.1.1993 in das Amt eines Polizeimeisters der Besoldungsgruppe A 7 BBesG übergeleitet. Am 18.1.1995 wurde er als Beamter auf Lebenszeit ernannt. Eine Beförderung fand seitdem nicht statt. Bis zum Verbot der Führung der Dienstgeschäfte wurde der Beamte im Streifeneinzeldienst eingesetzt.

Der Beamte wurde während seiner Probezeit mehrmals zwischenbeurteilt. In der Regelbeurteilung für den Zeitraum vom 1.1.1995 bis 1.9.1996 erhielt er die Gesamtnote von 6,48 Punkten (Prädikat „entspricht nur eingeschränkt den Anforderungen”).

Der Beamte ist ledig und kinderlos. Derzeit bezieht er gekürzte Bezüge in Höhe von monatlich 1.036 EUR. Zur Tilgung von Darlehensverpflichtungen in Höhe von insgesamt rund 25.000 EUR entrichtet er monatliche Raten in Höhe von etwa 600 EUR.

Mit Verfügung vom 12.6.1996 ordnete das Polizeipräsidium Chemnitz disziplinarrechtliche Vorermittlungen gegen den Beamten wegen des Vorwurfs der Strafvereitelung im Amt durch Unterlassen einer Strafanzeige gegen Beamte der Polizeidirektion P. an. Nachdem eine Strafanzeige gegen den Beamten wegen des Verdachts der falschen uneidlichen Falschaussage als Zeuge in dem Verwaltungsrechtsstreit des Herrn M. K. vor dem Verwaltungsgericht Chemnitz (6 K 1941/95) wegen der Entlassung als Beamter auf Probe vorlag, wurden die Vorermittlungen ausgesetzt. Mit zwischenzeitlich bestandskräftigem Bescheid des Polizeipräsidiums Chemnitz vom 21.4.1997 wurde dem Beamten die Führung der Dienstgeschäfte verboten. Mit Verfügung vom 11.7.1997 wurde das förmliche Disziplinarverfahren eingeleitet und sogleich ausgesetzt.

Mit Strafbefehl vom 19.12.1997 – Cs 810 Js 1577/97 – verhängte das Amtsgerichts Chemnitz gegen den Beamten eine Gesamtgeldstrafe von 110 Tagessätzen zu je 80,00 DM wegen falscher uneidlicher Aussage in Tatmehrheit mit drei Fällen der falschen Versicherung an Eides Statt. Der Strafbefehl wurde nach Rücknahme des Einspruchs in der Hauptverhandlung des Amtsgerichts am 8.4.1998 rechtskräftig.

Mit Bescheid vom 27.4.1998 wurde das förmliche Disziplinarverfahren fortgesetzt. Unter dem 28.2.2000 wurde die Untersuchung auf Antrag der Einleitungsbehörde auf den Vorwurf ausgedehnt, der Beamte habe wissentlich falsch behauptet, von Beamten seines Polizeireviers zu einer falschen uneidlichen Aussage verleitet worden zu sein. Nach dem zusammenfassenden Bericht (§ 52 Abs. 2 SächsDO) des Untersuchungsführers vom 19.12.2000 bestätigte sich der gegen den Beamten ursprünglich erhobene Vorwurf der Strafvereitelung im Amt nicht.

Am 11.1.2002 ging bei der Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts Dresden eine Anschuldigungsschrift des Polizeipräsidiums Chemnitz ein. Darin wurde der Beamte angeschuldigt, ein Dienstvergehen gemäß § 96 Abs. 1 SächsBG begangen zu haben, indem er

  1. als Zeuge in der Verwaltungsstreitsache 6 K 1941/95 des Verwaltungsgerichts Chemnitz durch schriftliche „eidesstattliche Aussagen” vom 10.10.1996, 23.10.1996 und vom 25.11.1996 jeweils falsch ausgesagt habe, dass er alle Angaben freiwillig und ohne Beeinflussung durch ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge