Entscheidungsstichwort (Thema)

Baugenehmigung. Antrag gemäß §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO

 

Verfahrensgang

VG Dresden (Beschluss vom 17.06.1996; Aktenzeichen 4 K 1560/96)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Dresden vom 17. Juni 1996 – 4 K 1560/96 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der stattgebende Teil des verwaltungsgerichtlichen Tenors wie folgt neu gefaßt wird: Es wird festgestellt, daß der Widerspruch der Antragstellerin vom 22. März 1996 gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 28. Februar 1996 sowie der Widerspruch der Antragstellerin vom 22. Mai 1996 gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 19. April 1996 (4 Fertiggaragen) aufschiebende Wirkung haben.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beigeladene.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.000,00 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag der Antragstellerin hinsichtlich der Baugenehmigungen, die allein Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind, im Ergebnis zu Recht stattgegeben.

Der Antrag ist zulässig. Dem steht auch hinsichtlich der Baugenehmigung für das Wohnhaus vom 28.2.1996 § 10 BauGB-MaßnG nicht entgegen. Zwar hat die Antragstellerin die Baugenehmigung nach ihren eigenen Angaben bereits am 7.3.1996 erhalten, während sie den vorliegenden Antrag erst am 22.5.1996 beim Verwaltungsgericht gestellt hat. Selbst wenn man davon ausginge, daß der Mangel der förmlichen Zustellung entgegen § 9 Abs. 2 SächsVwZG heilbar wäre, hat die formlose Bekanntgabe an die Antragstellerin die Frist jedenfalls deshalb nicht in Lauf gesetzt, weil es an der gemäß § 10 Abs. 2 Satz 3 BauGB-MaßnG i.V.m. § 58 VwGO erforderlichen, gesonderten Belehrung gerade über diese Frist fehlte.

Der Antrag der Antragstellerin ist im Hinblick auf die Baugenehmigungen vom 28.2.1996 und vom 19.4.1996 auch begründet. Insoweit ist allerdings der Tenor der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung neu zu fassen. Es bedarf nämlich keiner Anordnung der aufschiebenden Wirkung, vielmehr entfalten die Widersprüche der Antragstellerin bereits von Gesetzes wegen gemäß § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung. Da sich der Antragsgegner der sofortigen Vollziehbarkeit seiner Bescheide berühmt – was jedenfalls seine Stellungnahmen im gerichtlichen Verfahren deutlich machen – liegt ein Fall der sogenannten faktischen Vollziehung vor. In diesen Fällen ist die aufschiebende Wirkung festzustellen, ohne daß es weiterer Überlegungen – etwa zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides – bedarf (vgl. z.B. Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 80 RdNr. 273 und 238).

Die aufschiebende Wirkung der Widersprüche der Antragstellerin wird weder durch § 10 BauGB-MaßnG noch durch Nr. 2 des Rechtsmittelbeschränkungsgesetzes ausgeschlossen. Es spricht schon mehr dagegen als dafür, daß die Gemeinde überhaupt Dritte im Sinne dieser Vorschriften sein kann. Bei ihr handelt es sich vielmehr um eine am Verwaltungsverfahren beteiligte Behörde. Allein der Umstand, daß sie auch innerhalb des Baugenehmigungsverfahrens mit eigenen subjektiven Rechten – vgl. Art. 82 Abs. 2 SächsVerf., Art. 28 GG, § 36 BauGB – ausgestattet ist, kann schwerlich dazu führen, sie als Dritte anzusehen. Soweit gemäß § 70 a SächsBO durch die Baugenehmigung gleichzeitig das gemeindliche Einvernehmen ersetzt wird, ist die Gemeinde überdies Adressatin des angefochtenen Bescheides.

Selbst wenn man die Gemeinde als Dritte ansehen wollte, sprechen jedenfalls folgende Gesichtspunkte entscheidend gegen die Anwendbarkeit des BauGB-Maßnahmegesetzes und des Rechtsmittelbeschränkungsgesetzes: Würden Baugenehmigung und Ersetzung des Einvernehmens durch getrennte Bescheide erfolgen, so träte auf Widerspruch der Gemeinde gegen die Ersetzung des Einvernehmens ohne weiteres die aufschiebende Wirkung ein, die Baugenehmigung dürfte rechtmäßigerweise bis auf weiteres nicht erteilt werden. Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß der Anwendungsbereich von BauGB Maßnahmegesetz und Rechtsmittelbeschränkungsgesetz für isolierte Verfügungen der Kommunalaufsicht nicht eröffnet wird. Allein durch die Fiktion des § 70 a Abs. 2 SächsBO („gelten zugleich”) kann kein anderes Ergebnis erzielt werden. Es liegt nämlich nicht in der Kompetenz des Landesgesetzgebers, außerhalb von Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen entfallen zu lassen. Dies ergibt sich daraus, daß der Bund durch §§ 80 Abs. 2 Nr. 3, 187 Abs. 3 VwGO von der ihm gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG zustehenden konkurrierenden Gesetzgebung Gebrauch gemacht hat. Dem Landesgesetzgeber sind gemäß Art. 72 Abs. 1 GG damit abweichende oder weitergehende Regelungen verschlossen. Es geht daher nicht an, daß durch ein Landesgesetz der Anwendungsbereich von BauGB-MaßnG oder Rechtsmittelbeschränkungsgesetz erweitert wird. In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, daß der Landesgesetzgeber ebenfalls daran ge...

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