Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Höhe der Verletztenrente. MdE-Bewertung. Berufskrankheiten gem BKV Anl 1 Nr 4301 und 5101. Gesamt MdE. Nichtvorliegen eines einheitlichen gesamtallergischen Geschehens. getrennte MdE-Bewertung bei abgrenzbaren Ausprägungen der Allergien. Bäckerin. Bronchiale Hyperreagibilität. Proteinkontaktdermatitis. Schädigung des Säureschutzmantels mit Alkaliresistenz

 

Leitsatz (amtlich)

Auch bei gemeinsamem Vorliegen der Berufskrankheiten der Nummern 5101 BKV und 4301 BKV sind grundsätzlich zwei voneinander getrennte MdE zu bilden. Lediglich dann, wenn das allergische Geschehen in jeder Hinsicht einheitlich ist (Bsp Latex Allergie) kann eine Gesamt MdE gebildet werden. Sofern abgrenzbare Ausprägungen der Allergien bestehen, sind die Berufskrankheiten der Nr 4301 und Nr 5101 getrennt zu bewerten.

 

Normenkette

SGB VII § 56 Abs. 1-2; BKV Anl. 1 Nrn. 4301, 5101

 

Tenor

I. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 03.01.2012 wird aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 25.08.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.08.2009 sowie der Bescheid vom 15.07.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.11.2009 werden dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, der Klägerin Verletztenrente nach einer MdE von 10 v.H. für die BK-Nr. 5101 BKV sowie von 10 v.H. für die BK-Nr. 4301 BKV ab dem 29.06.1999 zu zahlen.

II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Instanzen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob zwei anerkannte Berufskrankheiten, die BK-Nr. 4301 der Anlage I der Berufskrankheitenverordnung (BKV) und die BK-Nr. 5101 BKV als einheitlicher oder getrennter Versicherungsfall zu bewerten sind mit der Folge, dass entweder eine Gesamt-MdE zu bilden ist oder zwei einzelne MdE___AMPX_’_SEMIKOLONX___Xs aus zwei Versicherungsfällen nebeneinander stehen.

Die 1979 geborene Klägerin absolvierte in der Zeit vom 01.08.1995 bis zum 31.07.1998 eine Ausbildung zur Bäckerin. Anschließend war die Klägerin bis zum 28.06.1999 als Bäckerin beschäftigt. Zu ihren Aufgaben zählte die Herstellung von Torten, Kuchen und Keksen, aber auch die Herstellung von Brötchenteig. Der Teig wurde hauptsächlich manuell mit in der Backstube üblichen Hilfsmitteln hergestellt. Die Klägerin knetete den Teig mit ihren Händen. Früchte wurden glasiert, gezuckert, dekoriert und in Stücke geschnitten.

Bereits Ende Januar 1996 traten bei der Klägerin erstmalig Ekzemherde an beiden Händen auf. Die behandelnde Hautärztin Frau Dr. K…, L…, befundete am 18.08.1996 seit Ende Januar 1996 Hauterkrankung an beiden Handrücken infolge Backzutaten ohne Arbeitsunfähigkeit. Bisherige epikutane Testungen sämtlich negativ.

Befund: an beiden Handrücken nummuläre papulo-vesikuläre Ekzemherde, ebenfalls an der Innenseite des rechten Unterarms. Allergien bisher nicht bekannt. Als Diagnose hielt sie einen Verdacht auf toxisch-irritatives Ekzem fest, als Differenzialdiagnose: Kontaktekzem berufsbedingt bei endogener Disposition. Schutzsalben und Schutzhandschuhe gingen alle nicht. Nur Reinigungsarbeiten können gemieden werden. Tätigkeitsaufgabe sei zu prüfen hinsichtlich der Meidung von Feuchtarbeiten. Weitere hautärztliche Behandlung sei erforderlich.

Aufgrund der Meldung an die Beklagte leitete diese ein Feststellungsverfahren wegen des Vorliegens einer Berufskrankheit ein. Sie zog weitere Befundberichte ein. Oberarzt Dr. R… und Dr. K…-T… der Abteilung für Klinische Allergologie, Berufs- und Umweltdermatologie der Universität L… befundeten am 19.05.1999 und 28.06.1999 eine beruflich verursachte allergische Rhinitis und allergisches Asthma bronchiale bei nachgewiesenen IgE-vermittelten Sensibilisierungen auf Roggen-, Weizenmehl und andere Teigbestandteile sowie ein beruflich verursachtes, kombiniert irritatives und allergisches Kontaktekzem bei Feuchtarbeiten, Verdacht auf Protein-Kontaktdermatitis und nachgewiesene Mehlsensibilisierung. Nach der 2. Feststellung am 28.06.1999 hat die Klägerin zum 29.06.1999 ihre Tätigkeit als Bäckerin beendet. Sie wurde für einen Büroberuf umgeschult.

Die Beklagte beauftragte Dr. K…, Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten, L…, mit der Erstellung eines Gutachtens.

In ihrem Gutachten vom 12.09.1999 kam diese zu dem Ergebnis, dass die Klägerin an einer Protein-Kontaktdermatitis leide. Sie befundete eine leicht pathologisch erniedrigte Alkaliresistenz (vier) als Hinweis auf eine mittelgradige Schädigung des Säureschutzmantels. Dies könne man auf den häufigen Umgang mit Wasser und feuchten Lebensmitteln zurückführen.

Die Protein-Kontaktdermatitis sei eine seltene, durch spezifische IgE-Antikörper ausgelöste ekzematöse Sofortreaktion. Ursachen seien u.A. oft Mehle. Es zeige sich ein klinisch unspezifisches Ekzembild mit Erythemen, Vesikeln, Juckreiz ggf. auch Urticae meist innerhalb von 30 Minuten. Später entwickelten sich chronische Ekzeme. Diese Aussage werde auch im arbeitsderma...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge