Entscheidungsstichwort (Thema)

Private Arbeitsvermittlung. kein Vergütungsanspruch aus Vermittlungsgutschein bei unechter Verflechtung. institutionalisierter Interessenkonflikt. Leistungsabrechnung auch mit dem Arbeitgeber

 

Orientierungssatz

In einem Fall, in dem sowohl gemäß einem Vermittlungsvertrag mit dem Arbeitnehmer ein Vergütungsanspruch für die erfolgreiche Vermittlungstätigkeit besteht, als auch für die dem gleichen Bereich zuzuordnenden Tätigkeiten der Vermittlung gegenüber dem Arbeitgeber als Auftraggeber auf vertraglicher Grundlage Leistungsentgelte abgerechnet werden können, ist ein so genannter institutionalisierter Interessenkonflikt gegeben und kann nicht mehr von der Vermittlung durch einen vom Arbeitgeber unabhängigen "Dritten" ausgegangen werden.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 17.06.2009; Aktenzeichen B 11 AL 187/08 B)

 

Tenor

I.

Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 19. September 2007 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten - auch der Berufungsinstanz - sind nicht zu erstatten.

III.

Der Streitwert wird auf 1.000,00 EUR festgesetzt.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Auszahlung eines Vermittlungsgutscheins für die Vermittlung des Beigeladenen in ein Arbeitsverhältnis bei der ... GmbH.

Die Klägerin ist als Personalvermittlerin tätig. Nachdem die Klägerin bereits vor dem 1. August 2005 im Rahmen der Gewinnung von Arbeitskräften für das erste Gateway-Projekt der ... GmbH tätig gewesen ist und Leistungen ohne Entgelt und ohne vertragliche Grundlage erbracht hatte, schlossen die Klägerin und die ... AG als Mutterkonzern der ... GmbH einen "Vertrag über Personalentwicklungsleistungen", der am 17. Oktober 2005 unterzeichnet wurde. Der Vertrag trat zum 1. August 2005 in Kraft und sollte spätestens am 31. Juli 2006 enden. Es wurde ausdrücklich geregelt, dass Gegenstand des Vertrages eine in Anlage 2 zum Vertrag beigefügte "Leistungsbeschreibung" sein solle. In der Leistungsbeschreibung wird ausgeführt, dass es Aufgabe der Klägerin sei, regionale Unternehmen mithilfe eines leistungsfähigen Instrumentariums bei der Auswahl geeigneter Bewerber zu unterstützen. Dabei sollten die Vorteile des Internets als Anbahnungsplattform genutzt werden. Im klägereigenen Bewerberportal werde die Unternehmensdarstellung der ... GmbH mit entsprechenden Stellenausschreibungen platziert und die Onlinebewerbungen der Bewerber würden gestartet. Dafür stelle die Klägerin das Bewerberportal www....de zur Verfügung. Neben diesem E-Recruiting über das mitteldeutsche Bewerberportal www....de gehörten auch eine Bewerberhotline und eine Mailbearbeitung zu den Leistungen der Klägerin. Schriftlich eingegangene Bewerbungen würden in der Bewerberdatenbank erfasst und die Bewerbungsunterlagen eingescannt. Danach erfolge der Versand einer Eingangsbestätigung bzw. die Aufforderung zur Onlinebewerbung mit Versand der Originalunterlagen. Ferner übernehme die Klägerin die Durchführung computerbasierter Tests in ihren Räumen unter Bereitstellung ihrer Technik. Schließlich würden auch Präsenztests in Veranstaltungen mit maximal 20 Bewerbern durchgeführt. Daneben könnten auch weitere Leistungen zur Unterstützung des Auswahlprozesses, wie die Entwicklung, Durchführung und Begleitung von weiteren Auswahlbausteinen (Assessment-Center, Bewerberinterviews etc.), die Nutzung der Räumlichkeiten für Auswahlveranstaltungen sowie sonstige administrative Tätigkeiten durchgeführt werden.

In einer als Anlage 1 zum Vertrag beigefügten Preisvereinbarung wurden folgende Honorare zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer aufgeführt:

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Nutzung der Bewerberdatenbank inklusiv zusätzlicher Leistungen : 24.600,00 EUR pro Jahr,

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Altdatenübernahme: einmalig 3.600,00 EUR,

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Nutzung der Bewerberdatenbank vom 1. August 2005 bis längstens zum 30. September 2005: 3.465,00 EUR pro Monat,

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Bewerberhotline: 29.520,00 EUR pro Jahr,

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Bearbeitung schriftlicher Bewerbungen: pro Stück 6,70 EUR,

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Begleitung computerbasierter Eignungstests (Onlinetests): pro Teilnehmer 2,05 EUR,

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Begleitung computerbasierter Eignungstests (Präsenztest) : pro eingeladenem Teilnehmer 11,60 EUR, Mindestsatz bei weniger als 15 Teilnehmern 150,00 EUR,

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Einladungsmanagement: pro Teilnehmer 2,58 EUR,

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Nutzung von Seminarräumen pro Tag/nach Aufwand: 100,00 EUR.

Weitere Leistungen würden zusätzlich nach Bedarf abgerufen und zu folgenden Honoraren pro Stunde vergütet:

-Administration und Datenmanagement

17,90 EUR,

-Zuarbeiter

15,64 EUR,

-Sachbearbeiter

20,67 EUR,

-Profiler/Recruiter

28,57 EUR,

-Projektleiter

33,75 EUR.

Mit der Vergütung seien sämtliche Personal- und Sachkosten sowie sämtliche Leistungen abgegolten, welche die Klägerin nach diesem Vertrag erbringe.

Der Beigeladene bewarb sich im November 2005 bei der Klägerin über das von dieser geschaltete Internetportal für die Vermittlung in ein Arbeitsverhältnis bei der ... GmbH. Hierzu füllte der Beigeladene im Onlineportal das dortige Formular aus und gab unter Akzepti...

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