Entscheidungsstichwort (Thema)

Öffentliche Zustellung. Postfach

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Voraussetzungen einer öffentlichen Zustellung des Urteils bei fortlaufender Korrespondenz der Klägerseite mit dem Gericht über ein Postfach ohne Kenntnis des Gerichts von der Klägeradresse.

2. Anschluss an Hessisches LSG, Urteil vom 13.03.2000 - L 10 AL 1429/97.

 

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 08. Juni 2006 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten Leistungen nach der Pflegestufe III ab Dezember 2003.

Der am … 1942 geborene Kläger ist bei der Beklagten sozial pflegeversichert. Von 1974 bis 1991 war er als Verkaufsstellenleiter tätig, anschließend als selbstständiger Betreiber eines Lebensmittelgeschäfts. Sein Gewerbe hat er zum 01.04.2000 abgemeldet. Am 09.01.2002 beantragte er Leistungen der sozialen Pflegeversicherung bei der Beklagten, da er unter einem Morbus Alzheimer leide.

Der Kläger erteilte der für ihn im späteren Widerspruchsverfahren als Verfahrensbevollmächtigte und im Rechtsstreit als Prozessbevollmächtigte auftretenden H. X. - jetzt H. Y - eine am 20.02.2002 notariell beurkundete Generalvollmacht als Vorsorgevollmacht. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 24 bis 30 der LSG-Akte verwiesen.

Das Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 30.04.2002 bestätigte die erwähnte Erkrankung als pflegebegründende Diagnose. Der Zeitaufwand für die Grundpflege belaufe sich auf 62 Minuten täglich, der für die hauswirtschaftliche Versorgung auf 45 Minuten täglich. Der Kläger benötige Hilfe bei allen alltagsrelevanten Tätigkeiten in Form von Aufforderung, Beaufsichtigung und Teilübernahme sowie der vollen Übernahme der hauswirtschaftlichen Versorgung. Daraufhin bewilligte die Beklagte dem Kläger Pflegegeld nach der Pflegestufe I sowie zusätzliche Leistungen zur Finanzierung eines Betreuungsbedarfs in Höhe von 460,00 € pro Jahr (Bescheide vom 14.05.2002 und 15.05.2002). Auf seinen Höherstufungsantrag vom 10.07.2002 wurde der Kläger am 04.09.2002 vom MDK erneut begutachtet. Die Gutachterin stellte eine rapide Verschlechterung des Allgemeinzustandes des Klägers fest. Dieser benötige auf Grund der Alzheimererkrankung Hilfeleistungen bei allen alltagsrelevanten Tätigkeiten in Form von mehrmaligen Aufforderungen, Beaufsichtigungen zum Abschließen einzelner Verrichtungen sowie Teilübernahmen, damit diese zu Ende geführt werden könnten. Die hauswirtschaftliche Versorgung müsse vollständig übernommen werden. Sie empfahl, die beantragte Höherstufung festzustellen. Dementsprechend erging der Bewilligungsbescheid vom 12.09.2002. Dem Kläger wurde Pflegegeld nach der Pflegestufe II ab Juli 2002 gezahlt.

Auf den Höherstufungsantrag vom 17.12.2003 legte der MDK das Gutachten vom 02.03.2004 vor. Bei bekannten Diagnosen und einem unveränderten Zeitaufwand für die hauswirtschaftliche Versorgung wurde ein Zeitaufwand für die Grundpflege von 186 Minuten täglich ermittelt. Nach der Anhörung vom 12.03.2004 legte der Kläger ein Pflegetagebuch vor. Anschließend erstellte der MDK das Gutachten vom 09.09.2004. Darin stellte er einen Zeitaufwand für die Grundpflege von 162 Minuten täglich bei unverändertem Bedarf für die hauswirtschaftliche Versorgung fest. Der im Vergleich zum Vorgutachten geringere Grundpflegebedarf beruhe auf der kritischen Überprüfung der diesbezüglichen Angaben der Pflegeperson. Daraufhin lehnte die Beklagte den Höherstufungsantrag mit streitgegenständlichem Bescheid vom 08.10.2004 ab. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 15.12.2004). Das Ausmaß des grundpflegerischen Hilfebedarfs von 162 Minuten täglich genüge nicht, um den Kläger der Pflegestufe III zuzuordnen. Ausweislich der Postzustellungsurkunde vom 16.12.2004 wurde der an die Generalbevollmächtigte gerichtete Widerspruchsbescheid in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt. Am 17.02.2005 ging bei der Beklagten ein von der Generalbevollmächtigten unterschriebenes Schreiben ein, welches zwei Daten (22.01.2005 und 12.02.2005) aufweist. Sie erkundigte sich dort nach dem Vorgehen der Beklagten auf den Widerspruch vom 18.10.2004 und bat um die Übersendung etwaig ergangener Entscheidungen. Die Beklagte übermittelte mit einem an den Kläger persönlich gerichteten Begleitschreiben vom 22.02.2005 daraufhin nochmals den Widerspruchsbescheid.

Der Kläger hat daraufhin durch seine Generalbevollmächtigte beim Sozialgericht Dresden (SG) am 03.03.2005 Klage erhoben. Das SG hat das psychiatrische Gutachten von Dr. K1 vom 24.02.2000 beigezogen. Sodann hat es die Sachverständige S1 darum gebeten, ein Pflegegutachten über den Kläger zu erstellen (Beweisanordnung vom 04.01.2006). Die Gutachterin hat dem SG am 09.02.2006 und am 23.03.2006 mitgeteilt, sie habe den Kläger unter der von ihm benannten Anschrift nicht erreichen ...

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