Verfahrensgang

SG Leipzig (Urteil vom 15.06.2000; Aktenzeichen S 6 AL 377/99)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 15. Juni 2000 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat dem Kläger auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Berufungsinstanz zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Überbrückungsgeld ab dem 06.10.1997.

Der am … geborene Kläger war in der Zeit von 1971 bis 1997 für verschiedene Firmen als Industriemechaniker, Trockenbauer und Monteur beitragspflichtig beschäftigt gewesen. Sein letztes Arbeitsverhältnis war zum 28.02.1997 gekündigt worden. Hierauf meldete er sich erstmals mit Wirkung zum 01.03.1997 arbeitslos. Mit Bescheid vom 21.04.1997 bewilligte ihm die Beklagte Arbeitslosengeld (Alg) ab dem 01.03.1997 mit einer Gesamtanspruchsdauer von 208 Tagen.

Mit Schreiben vom 05.09.1997 forderte die Beklagte den Kläger auf, am 10.09.1997 in der Abteilung Arbeitsvermittlung und Arbeitsberatung des Arbeitsamtes Leipzig vorzusprechen. Zu dem angegebenen Termin erschien er – ohne Angaben von Gründen – nicht.

Mit Schreiben vom 11.09.1997 erfolgte hierauf eine zweite Meldeaufforderung zum 16.09.1997. Zu diesem Termin erschien der Kläger beim Arbeitsamt.

Durch Bescheid vom 02.10.1997 hob die Beklagte die Bewilligung von Alg wegen eines Meldeversäumnisses ab dem 11.09.1997 ganz auf. Dies stützte sie auf § 48 SGB X i.V.m. § 120 AFG. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

Ab dem 23.09.1997 war der Kläger arbeitsunfähig krank. Auf der hierzu vorgelegten zweiten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gab die behandelnde Ärztin als voraussichtlichen Endtermin der Erkrankung den 08.10.1997 an.

Mit Veränderungsmitteilung vom 09.10.1997 zeigte der Kläger ab dem 06.10.1997 eine selbstständige Tätigkeit an.

Im Hinblick auf eine bereits ab 01.06.1997 beabsichtigte selbstständige Tätigkeit hatte der Kläger schon am 23.04.1997, eingegangen am 18.09.1997, die Gewährung von Leistungen zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit beantragt. Es sollte sich um eine Tätigkeit als Subunternehmer für M. handeln: Ausführung von Aufträgen im M. sowie Auf- und Abbau von M., mit Material der Auftraggeber.

Die Gewerbeanmeldung bei der Stadt L. erfolgte mit Wirkung zum 01.10.1997, die tatsächliche Aufnahme der Geschäftstätigkeit nach Angabe des Klägers erst ab 06.10.1997.

Nach einer gutachterlichen Beurteilung durch die Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft C. T. vom 21.01.1998 konnte das Vorhaben des Klägers unter Berücksichtigung einer Anlaufphase und der Gewährung von Leistungen nach § 55a AFG gegen Ende 1998 eine tragfähige Vollexistenz erreichen.

Mit Bescheid vom 13.02.1998 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen nach § 55a AFG ab, da der Kläger nicht bis unmittelbar vor Aufnahme der Tätigkeit Alg oder Alhi bezogen habe. Diese Voraussetzung müsse nach § 55a AFG i.V.m. § 24 der Anordnung zur Arbeitsaufnahme gegeben sein.

Dem widersprach der Kläger am 23.02.1998. Er habe alle Voraussetzungen für die Leistung erfüllt und bis zum 30.09.1997 einen Anspruch auf Alg gehabt.

Durch Widerspruchsbescheid vom 11.05.1998 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Nach § 55a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 24 Abs. 1 der Anordnung zur Förderung der Arbeitsaufnahme müsse ein Antragsteller grundsätzlich bis unmittelbar vor Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit Alg oder Alhi bezogen haben. Die einzige Ausnahme bilde das Ruhen wegen einer bis zu 12-wöchigen Sperrzeit. Entscheidend sei, dass trotz der Unterbrechung des Leistungsbezuges das Stammrecht erhalten bleibe.

Hier habe der Kläger ab dem 23.09.1997 – noch vor Ablauf der Säumniszeit – Anspruch auf Krankengeld gehabt. Solche anderen Leistungen könnten jedoch keine Überbrückungs- bzw. Gleichstellungstatbestände bilden.

Am 11.06.1998 hat sich der Kläger hiergegen an das Sozialgericht Leipzig gewandt. Es habe ein nahtloser Übergang von der Arbeitslosigkeit in die Selbständigkeit vorgelegen.

Mit Urteil vom 15. Juni 2000 hat das Sozialgericht Leipzig (SG) die Beklagte verurteilt, den Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu verbescheiden. Die Beklagte habe ihr Ermessen nicht pflichtgemäß ausgeübt. Im Anschluss an die Rechtsprechung des BSG müsse Alg oder Alhi nicht unter allen Umständen nahtlos bis zum Beginn der Selbständigkeit bezogen werden. Die für Sperrzeitfälle maßgebende Erwägung greife auch hier ein. Sowohl während einer Säumniszeit als auch während des Krankengeldbezuges ruhe der Anspruch auf Alg. Auch hier hätte anderenfalls die Säumniszeit zu weit reichende Folgen. Wäre nämlich diese nicht eingetreten, hätte der Kläger weiter Anspruch auf Alg gehabt.

Gegen dieses, ihr am 01.08.2000 zugegangene, Urteil hat die Beklagte am 31.08.2000 Berufung eingelegt. In der Zeit vom 23.09. bis zum 05.10.1997 habe der Leistungsanspruch des Klägers nicht geruht, da ein Anspruch auf Krankengeld zwar dem Grunde nach bestanden habe, aber nicht zuerkannt word...

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