Entscheidungsstichwort (Thema)

Angelegenheiten der Bundesagentur für Arbeit

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Frage, ob ein Lohnsteuerklassenwechsel bei der Bestimmung des Leistungsentgelts zu berücksichtigen ist, ist nicht auf die tatsächliche Auswirkung des Steuerklassenwechsels auf die zu zahlende Lohnsteuer abzustellen, das heißt auf eine eventuell vorliegende steuerrechtliche Zweckmäßigkeit, sondern es ist zu prüfen, wie hoch der gemeinsame Lohnsteuerabzug wäre, wenn beide Ehegatten beziehungsweise der arbeitslose Ehegatte das der (jeweiligen) Entgeltersatzleistung zugrunde liegende Entgelt zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Steuerklassenwechsels weiter erzielen würde.

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 10. August 2012 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten hat die Beklagte der Klägerin nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Berücksichtigung der Lohnsteuerklasse IV bei der Bemessung ihres Arbeitslosengeldes.

Die 1965 geborene verheiratete Klägerin war vom 22. August 1994 bis 30. Juni 2008 als Arzthelferin beschäftigt. Zu Beginn des Jahres 2008 waren auf der Lohnsteuerkarte der Klägerin die Lohnsteuerklasse V und 1,0 Kinderfreibeträge eingetragen. Zum 1. April 2008 wechselte sie in die Lohnsteuerklasse IV. Am 8. Mai 2008 kündigte sie zum 30. Juni 2008 ihr Arbeitsverhältnis. Am 9. Mai 2008 meldete sie sich mit Wirkung zum 1. Juli 2008 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld.

Mit Schreiben vom 6. Juni 2008 forderte die Beklagte die Eheleute zur Erklärung des Lohnsteuerklassenwechsels gemäß § 133 Abs. 3 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) auf. Mit Bescheid vom 13. November 2008 bewilligte die Beklagte der Klägerin Arbeitslosengeld ab dem 1. Juli 2008 unter Berücksichtigung der Lohnsteuerklasse V. Mit Bescheiden vom 14. November 2008 erfolgte die weitergehende Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 29. Oktober 2008 unter Zugrundelegung der Lohnsteuerklasse V.

Der hiergegen eingelegte Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 2008 zurückgewiesen. Der im April 2008 vorgenommene Lohnsteuerklassenwechsel könne nicht berücksichtigt werden, weil die Änderung in der Wahl der Lohnsteuerklassen durch einen Lohnsteuerklassenwechsel leistungsrechtlich unbeachtlich sei. Nur wenn die neu eingetragene Lohnsteuerklasse in Kombination dem Verhältnis der Arbeitsentgelte beider Ehegatten entspräche, das heißt wenn sie im Monat ihrer erstmaligen Wirksamkeit zum geringsten Lohnsteuerabzug führe, sei der Steuerklassenwechsel in dieser Kombination zweckmäßig und daher leistungsrechtlich zu beachten. Bei der Lohnsteuerklassenkombination III/V sei dies der Fall, wenn das monatliche Arbeitsentgelt des geringer Verdienenden einen Betrag in Höhe von 40 von Hundert des gemeinsamen Arbeitsentgeltes nicht übersteige. Die Klägerin habe ein Bruttoarbeitsentgelt von monatlich 879,54 EUR erzielt, der Ehegatte ein monatliches Arbeitsentgelt in Höhe von 3.133,93 EUR. Damit entspräche die geänderte Steuerklassenkombination IV/IV nicht dem Verhältnis der Arbeitslöhne.

Hiergegen hat die Klägerin am 19. Januar 2009 Klage erhoben und begehrt, ihr Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung der Lohnsteuerklasse IV zu bewilligen. Man habe mit der gewählten Steuerklassenkombination IV/IV vermeiden wollen, dass es zur Steuernachzahlungen komme. Dies sei ihr so vom Finanzamt empfohlen worden. Die Steuernachzahlungen seien infolge des Wegfalls der Entfernungspauschale sowie der abzusetzenden Handwerkerleistungen zu befürchten gewesen.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 10. August 2012 abgewiesen. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Frage des Steuerklassenwechsels sei die von der Beklagten getroffene Entscheidung zur Nichtberücksichtigung der Lohnsteuerklasse IV nach § 133 Abs. 2 SGB III zutreffend. Zwar sei es ausreichend, wenn die Ehegatten eine Steuerklassenkombination wählten, die zu einem geringeren Steuerabzug führe als zuvor. Jedoch sei auf das Verhältnis der monatlichen Arbeitslöhne zueinander abzustellen. Es komme somit nicht auf eine Jahresbetrachtung an mit dem Ziel, eine Steuernachzahlung zu vermeiden. Diese Motive seien nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht zu berücksichtigen (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 18. September 2000 - B 11 AL 147/00 B -). Nach der Tabelle zur Steuerklassenwahl würde bei der Klägerin der geringstmögliche Abzug bei der Steuerklassenkombination III/V erreicht.

Gegen das ihr am 16. August 2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14. September 2012 Berufung eingelegt. Auf ihr erstinstanzliches Vorbringen verweisend trägt sie vor, dass ihr und ihrem Ehegatten aufgrund des Wegfalls von steuerrechtlichen Vergünstigungen, wie zum Beispiel der Entfernungspauschale, zur Vermeidung von Steuernachzahlungen der Wechsel in die Steuerklassenkombination IV/IV empfohlen worden ...

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