Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzgeldanspruch. Arbeitsentgeltanspruch. Abfindungsanspruch. Nachzahlung des Arbeitgebers in Teilbeträgen. Tilgungsreihenfolgen. Erlöschen von Arbeitsentgeltforderungen durch Erfüllung. EG-Recht. Anspruchsausschluss für Abfindungsforderung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Reihenfolge der getilgten Schulden gemäß § 366 Abs 2 BGB im Rahmen der Ermittlung des insolvenzgeldfähigen Entgeltanspruches.

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 27. Juli 2006 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Insolvenzgelds.

Der Kläger war seit dem 9. September 1996 bei der Firma P. G. F. K. , Inhaberin M. P. , als Kraftfahrer beschäftigt. Mit Schreiben vom 11. Oktober 2001 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis zum 9. November 2001 aus betrieblichen Gründen. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren schlossen der Kläger und die Arbeitgeberin am 14. Januar 2002 nach Erörterung der Sach- und Rechtslage folgenden Vergleich, der nicht widerrufen wurde:

“1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis durch ordentliche arbeitgeberseitige betriebsbedingte Kündigung vom 11.10.2001 zum 31.12.2001 beendet wurde.

2. Die Beklagte zahlt an den Kläger für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung gemäß §§ 9, 10 KSchG in Verbindung mit § 3 Nr. 9 EStG in Höhe von 3.579,04 Euro.

3. Die Beklagte zahlt an den Kläger restliche Nettoarbeitsvergütung für August 2001 in Höhe von 256,11 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.09.2001

4. Die Beklagte zahlt an den Kläger Bruttoarbeitsvergütung für September 2001 in Höhe von 1.429,06 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.10.2001.

5. Die Beklagte zahlt an den Kläger Bruttoarbeitsvergütung für Oktober 2001 in Höhe von 1.216,36 Euro.

6. Die Beklagte rechnet das Arbeitsverhältnis für November und Dezember ordnungsgemäß ab und zahlt das sich aus der Abrechnung ergebende Nettoentgelt an den Kläger.

7. Die Beklagte zahlt an den Kläger restliche Urlaubsvergütung in Höhe von 127,82 Euro.

8. Die Beklagte zahlt an den Kläger Weihnachtsgeld in Höhe von 255,65 Euro.

…„

In der Folgezeit rechnete die Arbeitgeberin den Lohn bis Dezember 2001 ab und leistete bis Mai 2002 auf die Ansprüche aus dem Vergleich ohne weitere Tilgungsbestimmung an den Kläger Zahlungen in Höhe von insgesamt 5.608,65 EUR. Außerdem erhielt der Kläger am 31. Januar 2002 Arbeitslosengeld in Höhe von 1.954,08 DM (entspricht 999,41 EUR) für die Zeit vom 10. November bis 31. Dezember 2001.

Nach Mitteilung der Arbeitgeberin, dass sie ihren Betrieb am 14. Juni 2002 eingestellt und Insolvenzantrag gestellt habe, stellte der Kläger am 28. Juni 2002 bei der Beklagten einen Antrag auf Insolvenzgeld. Durch Beschluss des Amtsgerichts Dortmund vom 15. August 2002 wurde über das Vermögen der Arbeitgeberin das Insolvenzverfahren eröffnet.

Mit Bescheid vom 6. September 2002 lehnte die Beklagte den Insolvenzantrag des Klägers ab, da die Lohnansprüche des Klägers durch die Arbeitgeberin erfüllt worden seien und nach dem arbeitsgerichtlichen Vergleich lediglich noch eine Abfindung in Höhe von 3.579,04 EUR zu zahlen sei, die nicht als Arbeitsentgelt im Sinne des § 183 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III) anzusehen sei.

Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 12. Juni 2003 zurück. Der Insolvenzgeldzeitraum umfasse die Zeit vom 1. September 2001 bis 31. Dezember 2001. Für diese Zeit sei kein Lohnausfall eingetreten, da der rückständige Lohn durch die Arbeitgeberin in Teilbeträgen gezahlt worden sei. Nach den Lohnabrechnungen habe noch ein Anspruch auf Arbeitsentgelt in Höhe von 4.285,62 EUR bestanden. Die Arbeitgeberin habe auf die Forderungen demgegenüber Abschläge in Höhe von insgesamt 6.108,06 EUR geleistet. Diese seien vorrangig auf den ausstehenden Lohn anzurechnen gewesen, da auf den Entstehungszeitpunkt der Forderungen abzustellen sei und die Forderung aus dem Vergleich erst nach den Lohnforderungen entstanden sei.

Der Insolvenzverwalter erstellte am 4. September 2003 eine Insolvenzgeldbescheinigung, nach der noch Nettolohnansprüche in Höhe von 362,57 EUR für November 2001 und 847,21 EUR für Dezember 2001 bestünden.

Mit Bescheid vom 31. Oktober 2003 bewilligte die Beklagte daraufhin die vom Insolvenzverwalter bescheinigten Beträge abzüglich geleisteten Arbeitslosengelds in Höhe von 399,41 EUR (999,41 EUR abzüglich einer Zahlung des Arbeitgebers an das Arbeitsamt in Höhe von 600,00 EUR), insgesamt 810,37 EUR.

Der Kläger hat am 14. Juli 2003 Klage gegen den Bescheid vom 6. September 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juni 2003 erhoben, mit der er zunächst nur eine fehlerhafte Verrechnung der Arbeitgeberzahlungen durch die Beklagte be...

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