Entscheidungsstichwort (Thema)

Asylbewerberleistung. keine Analogleistungen wegen rechtsmissbräuchlicher Beeinflussung der Dauer der Aufenthalts. Anspruchseinschränkung. Passlosigkeit. fehlende Mitwirkung bzw Freiwilligkeitserklärung gegenüber der Auslandsvertretung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die fehlende Mitwirkung bei der Beseitigung der Passlosigkeit führt dazu, dass der ausreisepflichtige Ausländer keine sog Analogleistungen nach § 2 AsylbLG beanspruchen kann, wenn keine anderen, von ihm nicht beeinflussten Umstände einer Aufenthaltsbeendigung entgegen stehen.

2. Dieses Verhalten kann zugleich ein Verhalten darstellen, das eine Anspruchseinschränkung nach § 1a Nr 2 AsylbLG rechtfertigt, wenn der ausreisepflichtige Ausländer eine konkrete, zumutbare und erfüllbare Mitwirkungshandlung nicht vornimmt.

3. Die Abgabe einer sog Freiwilligkeitserklärung gegenüber der zuständigen Auslandsvertretung ist grundsätzlich zumutbar.

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 30. Juni 2010 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Höhe der dem Antragsteller und Beschwerdeführer (im Folgenden: Antragsteller) zustehenden Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).

Der 1977 geborene Antragsteller ist nach seinen Angaben iranischer Staatsangehöriger persischer Volkszugehöriger (Farsi). Am 25.03.2001 reiste er in die Bundesrepublik Deutschland ein und meldete sich am 02.04.2001 als Asylbewerber. Bei der Asylantragstellung übergab er das Original seiner Geburtsurkunde und eine Kopie seiner Wehrdienstbescheinigung und gab er an, er sei schiitischer Religionszugehöriger; sein Reisepass, der 2000/2001 ausgestellt worden sei, habe ihm der Schlepper abgenommen. Seinen Asylantrag lehnte das damalige Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt), mit Bescheid vom 05.11.2001 ab. Die dagegen gerichtete Klage beim Verwaltungsgericht Chemnitz war erfolglos. Die Abschiebungsandrohung ist seit 08.03.2005 vollziehbar. Seither wurden dem Antragsteller fortlaufend Duldungen erteilt.

Zunächst hielt sich der Antragsteller in der Erstaufnahmeeinrichtung Ch… auf. Nach Zuweisung in den Zuständigkeitsbereich der Ausländerbehörde des damaligen Landkreises M… (seit 01.07.2008: Landkreis M…; im Folgenden: Antragsgegner) wohnte er ab 27.06.2001 im Wohnheim K… Straße 50 in F…. Auf seinen Antrag hin erhielt er ab 29.06.2001 vom Antragsgegner Grundleistungen nach § 3 AsylbLG und während des laufenden Klageverfahrens beim Verwaltungsgericht Chemnitz ab 01.04.2004 Leistungen nach § 2 AsylbLG. Nach Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wurden mit Änderungsbescheid vom 29.03.2005 ab 01.04.2005 wiederum nur noch Leistungen nach § 3 AsylbLG bewilligt.

Am 07.04.2005 stellte der Antragsteller einen Asylfolgeantrag und gab nun an, konfessionslos zu sein. Diesen lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 14.04.2005 ab; die dagegen gerichtete Klage hatte er mit Schreiben vom 31.05.2005 auf die Feststellung von Abschiebungsverboten beschränkt und im Übrigen die Klage zurückgenommen.

Die ZAB forderte den Antragsteller nach vorheriger Anhörung mit Bescheid vom 21.11.2005 auf, die zuständige diplomatische Vertretung aufzusuchen, die Ausstellung eines Passes zu beantragen und sich die Vorsprache bei der Vertretung bescheinigen zulassen. Dieser Verpflichtung sei der Antragsteller bisher ohne Angabe von Gründen nicht nachgekommen. Die Erklärung zu Personalien und Passbesitz sei nicht ausgefüllt worden. Entsprechende Mitteilung erging am 16.05.2006 an den Antragsgegner.

Der Antragsgegner forderte den Antragsteller sodann mit Schreiben vom 30.05.2006 auf, eine gültigen Pass oder Passersatz der Islamischen Republik Iran oder eine Bescheinigung der zuständigen iranischen Auslandsvertretung darüber, dass er einen Pass oder Passersatz beantragt und dabei erklärt habe, freiwillig in sein Heimatland zurückzukehren, beim Antragsgegner vorzulegen. Sollte er der Aufforderung nicht nachkommen, sei beabsichtigt, die gewährten Leistungen beginnend ab 01.07.2006 bis zur ordnungsgemäßen Erfüllung der o.g. Mitwirkungspflicht nach § 1a AsylbLG abzusenken, nämlich das Taschengeld vorerst ab 01.07.2006 auf monatlich 20,00 EUR und, falls er auch bis 23.07.2006 seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkomme, ab 01.08.2006 auf 10,00 EUR monatlich und Umstellung der Bekleidung auf die bedarfsweise Inanspruchnahme von Kleiderkammern. eine Reaktion des Antragstellers erfolgte nicht. Der entsprechende Absenkungsbescheid erging am 26.06.2006 (siehe auch Mitteilung vom 06.12.2007).

Am 21.01.2008 bat der Antragsteller um Hochstufung der derzeitigen Leistungen nach § 1a AsylbLG, weil er bei der ZAB einen iranischen Ausweis hinterlegt habe und seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen sei. Darauf teilte der Antragsgegner mit Schreiben vom 21.04.2008 mit, der vorgelegte i...

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