Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II

 

Leitsatz (amtlich)

1. Es gibt keine Rechtsgrundlage, auf Grund derer ein Leistungsträger verpflichtet wäre, durch eigenes Personal den Umzug eines Hilfebedürftigen iS des SGB 2 durchzuführen oder durch ein von ihm - und nicht vom Hilfebedürftigen - zu beauftragendes Unternehmen durchführen zu lassen.

2. Zum Anspruch auf Erteilung einer Zusicherung zur Übernahme von Umzugskosten beim Erstbezug einer Wohnung durch Personen ab Vollendung des 25. Lebensjahres.

3. Ein Hilfebedürftiger ist grundsätzlich gehalten, den Umzug selbst zu organisieren und durchzuführen.

4. Der Anspruch auf Übernahme der Umzugskosten nach § 22 Abs 3 S 1 SGB 2 ist auf die notwendigen und angemessenen Kosten beschränkt. Zu den notwendigen Umzugskosten gehören insbesondere die Aufwendungen für einen eventuell erforderlichen Mietwagen, die Anmietung von Umzugskartons, die Kosten für Verpackungsmaterial und Sperrmüllentsorgung und die üblichen Kosten für die Versorgung mithelfender Familienangehöriger und Bekannter.

5. Ein Anspruch auf Übernahme der Kosten einer professionellen Umzugshilfe besteht nur, wenn der Hilfebedürftige den Umzug zum Beispiel wegen Alters, Behinderung, körperlicher Beeinträchtigungen oder aus sonstigen, in seiner Person liegenden Gründe nicht selbst vornehmen kann.

6. Wenn der Umzug nicht selbst organisiert und durchgeführt werden kann, sind in der Regel mehrere Kostenvoranschläge von verschiedenen Umzugsfirmen einzuholen.

7. Zur Frage, ob die Aufwendungen für eine Anfangs- oder Einzugsrenovierung unter die Umzugskosten iS von § 22 Abs 3 S 1 SGB 2, die Leistungen der Erstausstattung iS von § 23 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB 2 oder die Unterkunftskosten nach § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 zu fassen sind.

 

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichtes Leipzig vom 23. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten der Antragstellerin sind auch für auch für das Beschwerdeverfahren zu erstatten.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin, die seit Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) bezog, wendet sich gegen den Beschluss des Sozialgerichtes Leipzig vom 23. Oktober 2006. In diesem ist ihr Antrag auf Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes abgelehnt worden, mit dem sie begehrte, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihre Sachen aus der elterlichen Wohnung in die neue eigene Wohnung zu verbringen, alternativ die Umzugskosten in bezifferter Höhe zu übernehmen und die neue Wohnung mit der erforderlichen Möblierung auszustatten oder alternativ die Kosten der Wohnungsausstattung und der Vorrichtung der Wohnung in bezifferter Höhe zu zahlen.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 86b Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) abgelehnt.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG können die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn die Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dazu ist gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) sowohl der durch die Anordnung zu sichernde, im Hauptsacheverfahren geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) als auch der Grund, weshalb die Anordnung ergehen und dieser Anspruch vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache gesichert werden soll (Anordnungsgrund), glaubhaft zu machen.

Ein Anordnungsanspruch ist glaubhaft gemacht, wenn das Gericht aufgrund einer vorläufigen, summarischen Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass dem Antragsteller ein Rechtsanspruch auf die begehrte Leistung zusteht und deshalb der Antragsteller in einem Hauptsacheverfahren mit dem gleichen Begehren voraussichtlich Erfolg haben würde. Dabei wird der Sachverhalt gemäß § 103 SGG von Amts wegen unter Heranziehung der Beteiligten ermittelt, soweit dies unter Berücksichtigung der Eilbedürftigkeit des Rechtsschutzbegehrens geboten ist (Krodel, NZS 2002, 234 ff.; Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren [4. Aufl., 1998], Rdnr. 152, 338; jeweils m.w.N.).

Ein Anordnungsgrund ist nur dann gegeben, wenn sich aus den glaubhaft gemachten Tatsachen ergibt, dass es die individuelle Interessenlage des Antragstellers - unter Umständen auch unter Berücksichtigung der Interessen des Antragsgegners, der Allgemeinheit oder unmittelbar betroffener Dritter - unzumutbar erscheinen lässt, den Antragsteller zur Durchsetzung seines Anspruchs auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen (Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren [4. Aufl., 1998], Rn. 154 - 156 m.w.N.; ähnlich Krodel, NZS 2002, 234 ff.). Ob die Anordnung derart dringlich ist, beurteilt sich insbesondere danach, ob sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile o...

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