Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe. Ausschluss der Beschwerde. Statthaftigkeit der Beschwerde gegen einen Beschluss. der Prozesskostenhilfe unter Festsetzung einer Ratenzahlungspflicht bewilligt hat

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Beschwerde gegen einen nach dem 1.4.2008 erlassenen Beschluss des SG, mit dem PKH unter Festsetzung von Raten bewilligt wurde, ist nicht statthaft. Zu diesem Ergebnis führen übereinstimmend die Wortauslegung, die historische Auslegung und die teleologische Auslegung.

2. Die Wortauslegung lässt ua zu, dass die Beschwerde gegen die vollständige oder teilweise Ablehnung von PKH ausgeschlossen ist, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine dem Antrag des Klägers (der regelmäßig auf ratenfreie Bewilligung von PKH gerichtet ist) entsprechende PKH-Bewilligung verneint. Hierfür spricht der juristische Sprachgebrauch. Die Formulierung "das Gericht hat ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint" findet sich auch in § 127 Abs 2 S 2 ZPO. § 127 Abs 2 S 2 letzte Alternative ZPO räumt im Falle der Ablehnung der Bewilligung von PKH das Recht zur sofortigen Beschwerde ein. Das gilt lediglich dann nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 ZPO genannten Betrag von 600,00 Euro nicht übersteigt, es sei denn, dass das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die PKH verneint. In Literatur und Rechtsprechung zur ZPO herrscht Einigkeit, dass der genannte Tatbestand des § 127 Abs 2 S 2 letzte Alternative ZPO erfüllt ist, wenn die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse für die PKH ganz oder teilweise verneint werden.

3. Die historische Auslegung unter Berücksichtigung der Regelungsabsicht des Gesetzgebers spricht für einen Ausschluss der Beschwerde auch im Falle der Bewilligung von PKH unter Festsetzung von Raten. Der Gesetzgeber beabsichtigte ausweislich des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung (BR-Drucks 820/07, 29), dass ein Beschwerderecht nur noch dann bestehen sollte, wenn die Erfolgsaussichten in der Hauptsache verneint wurden.

4. Die teleologische Auslegung, nach der Rechtssätze im Rahmen ihres möglichen Wortlautes so auszulegen sind, dass Wertungswidersprüche vermieden werden, die folglich auf eine ausgewogene Regelung abzielt, spricht ebenfalls dafür, dass die Beschwerde im Falle einer erstinstanzlichen Bewilligung von PKH unter Festsetzung von Raten ausgeschlossen ist. Es führte nämlich zu Wertungswidersprüchen, wenn eine teilweise Ablehnung von PKH im Falle der Bewilligung unter Festsetzung von Raten beschwerdefähig wäre, obwohl die vollständige Ablehnung von PKH nicht mit der Beschwerde angefochten werden könnte. Es wäre nicht verständlich, weshalb ein Kläger, dessen Antrag auf PKH aufgrund seiner persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse teilweise abgelehnt wurde, besser stehen sollte als einer, der durch die vollständige Ablehnung stärker beschwert ist. Es wäre ferner - angesichts des mit dem Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes beabsichtigten nachhaltigen Entlastung der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit - nicht nachvollziehbar, weshalb den Beschwerdegerichten der Sozialgerichtsbarkeit eine Prüfung der persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse im Falle der teilweisen Ablehnung obliegen sollte, obwohl eine solche bei einer vollständigen Ablehnung ausgeschlossen wäre. Eine spürbare Entlastung der Beschwerdegerichte der Sozialgerichtsbarkeit tritt nur dann ein, wenn eine Beschwerde nur noch statthaft ist, wenn die Erfolgsaussichten der Hauptsache abgelehnt wurden.

 

Normenkette

SGG § 172 Abs. 3 Nr. 2 Fassung: 2008-03-26

 

Tenor

Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 21.04.2008 wird verworfen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das erstinstanzliche Verfahren. Insbesondere ist jedoch im Beschwerdeverfahren streitig, ob die Beschwerde der Kläger statthaft ist.

Das Sozialgericht Chemnitz (SG) hat den Klägern mit Beschluss vom 21.04.2008 für das erstinstanzliche Verfahren PKH bewilligt, Rechtsanwalt X beigeordnet und bestimmt, dass Monatsraten in Höhe von 15,00 € zu zahlen sind. Nach der dem Beschluss beigefügten Rechtsmittelbelehrung sei hiergegen die Beschwerde statthaft.

Gegen den den Prozessbevollmächtigten der Kläger am 23.04.2008 zugestellten Beschluss haben diese am 19.05.2008 beim SG Beschwerde eingelegt, die am 27.05.2008 beim Sächsischen Landessozialgericht eingegangen ist. Darin begehren sie eine ratenfreie Bewilligung von PKH.

Der Beschwerdegegner ist der Auffassung, ob die Beschwerde - entgegen der Rechtsmittelbelehrung im Beschluss des SG - wegen des zum 01.04.2008 in Kraft getretenen Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes zulässig ist, sei durch den Senat zu entscheiden. § 172 Abs. 3 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der ab 0...

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