Entscheidungsstichwort (Thema)

Begriff des Einzelrichters. Streitwert bei Anfrageverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zum Begriff des Einzelrichters im Sinne des § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG bei Anwendung des SGG.

2. Zur Bestimmung des Streitwerts bei Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV.

 

Normenkette

GKG § 66 Abs. 6 S. 1; SGB IV § 7a

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Leipzig vom 17. Juli 2007 geändert. Der Streitwert wird auf 6.700,00 € festgesetzt.

II. Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

Die Beschwerde richtet sich gegen die Festsetzung des Streitwerts.

Auf Antrag des Beigeladenen vom 03.12.2001 hatte die Beklagte mit festgestellt, dass dieser von Mai 1990 bis zum Ende des Schuljahres 1999/2000 beim Kläger als Dozent abhängig beschäftigt gewesen war (Bescheid vom 23.01.2003, Widerspruchsbescheid vom 07.12.2005). Das mit der Anfechtungsklage weiterverfolgte Begehren des Klägers hat die Beklagte anerkannt, weil nach beendetem Auftragsverhältnis nicht mehr sie, sondern die Einzugsstelle für die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status zuständig sei. Der Kläger hat das Anerkenntnis angenommen.

Mit Beschluss vom 17.07.2007 hat das Sozialgericht Leipzig (SG) den Streitwert auf 5.000,00 € festgesetzt. Stehe die Feststellung eines sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses im Streit, bestimme sich der Gegenstandswert nicht nach den gegebenenfalls zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträgen, sondern grundsätzlich nach dem Auffangstreitwert von 5.000,00 €. Der Spruchpraxis des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen, das je Mitarbeiter 40 % der Bezugsgröße für drei Jahre zugrunde lege, werde nicht gefolgt.

Der Kläger macht mit seiner Beschwerde geltend, der Auffangstreitwert werde der Bedeutung der Angelegenheit für ihn nicht gerecht. Unabhängig davon, dass das Bundessozialgericht (BSG) in derartigen Fällen das Vierfache des Auffangstreitwerts als Untergrenze angesehen habe, sei mindestens von einem Betrag von 13.252,69 € auszugehen, der sich aus 40 % des vom Beigeladenen während seiner Tätigkeit durchschnittlich erzielten Monatsbezuges von 1.800,00 DM über drei Jahre ergebe, auch wenn angesichts dessen insgesamt neunjähriger Tätigkeit die Begrenzung auf einen dreijährigen Referenzzeitraum nicht einzusehen sei. Die Beklagte vertritt demgegenüber die Auffassung, dass der Sach- und Streitstand keine genügenden Anhaltspunkte für die Bestimmung des Gegenstandswertes enthalte.

II.

1. Über die Beschwerde entscheidet der Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern.

Allerdings behält § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) die Entscheidung über die Beschwerde dem Einzelrichter vor, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Diese Bestimmung ist auch im sozialgerichtlichen Verfahren anwendbar.

Das Sozialgerichtsgesetz (SGG) sieht in § 155 auch beim LSG Entscheidungen durch den Einzelrichter vor. Dass § 155 SGG dabei den Begriff des Einzelrichters nicht verwendet, sondern dem Vorsitzenden (Abs. 2 und 3) bzw. Berichterstatter (Abs. 4) die Aufgabe zuweist, anstelle des Senats zu entscheiden, ist unbeachtlich (vgl. Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Beschluss vom 25.01.2006 - 10 KSt 5/05 - juris Rn. 4). Die Vorschrift des § 155 SGG ist nicht abschließend (so aber LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.02.2006 - L 10 B 21/05 KA - juris Rn. 6), wie deren Abs. 3 zeigt, wonach auch in den nicht ausdrücklich im Gesetz geregelten Fällen der Senat durch den Vorsitzenden oder Berichterstatter als Einzelrichter entscheiden kann, sofern die Beteiligten damit einverstanden sind (zur verfassungskonformen Auslegung des § 155 Abs. 3 SGG: Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 08.11.2007 - B 9/9a SB 3/06 R - juris Rn. 15 ff.).

Ferner hat das SG - wie § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG verlangt - durch den Einzelrichter entschieden. Insoweit kommt es entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (Jansen in: ders., SGG, 2. Aufl., § 197a Rn. 40) nicht auf die Terminologie des SGG an. Einzelrichter im Sinne des § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG ist nicht nur das in der jeweiligen Prozessordnung als “Einzelrichter„ bezeichnete Mitglied eines Kollegialgerichts, sondern jedes Mitglied eines aus mehreren Richtern zusammengesetzten Spruchkörpers, das befugt ist, an dessen Stelle zu entscheiden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.01.2006 - 10 KSt 5/05 - juris Rn. 4; Hessischer Verwaltungsgerichtshof [VGH], Beschluss vom 12.02.2008 - 8 E 284/08 - juris Rn. 2; anders noch Hessischer VGH, Beschluss vom 19.01.2005 - 11 TE 3706/04 - juris Rn. 2). Dem steht nicht entgegen, dass zu der mit § 66 Abs. 6 GKG vergleichbaren Vorschrift des § 568 Zivilprozessordnung (ZPO) die Auffassung vertreten wird, der Vorsitzende einer Kammer für Handelssachen, der gemäß § 349 Abs. 2 und 3 ZPO anstelle der Kammer entscheide, sei kein Einzelrichter (so Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.10.2003 - II ZB 27/02 - jur...

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