Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung eines Umschulungsverhältnisses. Schriftform

 

Leitsatz (redaktionell)

Auf die Kündigung eines Umschulungsverhältnisses nach § 1 Abs. 4, § 47 BBiG findet das Schriftformerfordernis des § 623 BGB entsprechende Anwendung.

 

Normenkette

BGB § 623; BBiG § 1 Abs. 4, § 47

 

Verfahrensgang

ArbG Zwickau (Urteil vom 13.03.2003; Aktenzeichen 1 Ca 2991/02 P)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.01.2006; Aktenzeichen 6 AZR 638/04)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Zwickau vom 13.03.2003 – 1 Ca 2991/02 – teilweise, unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen,

a b g e ä n d e r t

und wie folgt gefasst:

Es wird festgestellt, dass das Umschulungsverhältnis der Parteien jedenfalls bis 27.03.2003 fortbestanden hat.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Beklagte trägt 3/5, die Klägerin 2/5 der Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob ein zwischen ihnen bestehendes Umschulungsverhältnis am 05.07.2002 einvernehmlich aufgehoben worden ist.

Mit dem Ausbildungsvertrag vom 17.12.2001 (Bl. 143 ff. d. A.) haben die Parteien für die Zeit vom 17.12.2001 bis 12.09.2003 eine Umschulung zum Berufskraftfahrer Personenverkehr vereinbart. Die Parteien unterzeichneten zugleich den Umschulungsvertrag vom 17.12.2001 (Bl. 4 d. A.). Auf der Grundlage des Bewilligungsbescheides des Arbeitsamtes … vom 23.01.2002 (Bl. 9 d. A.) erhielt die Klägerin Unterhaltsgeld in Höhe von 101,15 Euro wöchentlich.

Am 04.07.2002 fand bei der Beklagten ein Gespräch statt, an dem neben dem Arbeitsberater des Arbeitsamtes die Kundenberaterin der Beklagten, die Klägerin sowie deren Tochter teilnahmen.

Mit Schreiben vom 08.07.2002 (Bl. 91 d. A.) teilte die Beklagte dem Arbeitsamt mit, dass die Klägerin die Maßnahme abgebrochen habe.

Mit Bescheid des Arbeitsamtes … vom 09.07.2002 (Bl. 11 d. A.) wurde der Bewilligungsbescheid über die Bewilligung von Unterhaltsgeld „wegen Ende der förderungsfähigen Teilnahme an der Maßnahme” zum 06.07.2002 aufgehoben. Der Bescheid ist nicht bestandskräftig.

Die Klägerin war vom 14.06. bis wenigstens 10.07.2002 arbeitsunfähig krank (Bl. 33 ff. d. A.).

Die Klägerin bestand im August 2002 eine Wiederholungsprüfung für das Rangieren.

Mit Schreiben vom 27.03.2003 (Bl. 251 d. A.) kündigte die Beklagte das Umschulungsverhältnis fristlos. Die Klägerin erhielt das Kündigungsschreiben am 27.03.2003. Die Kündigung ist Gegenstand eines beim Arbeitsgericht Zwickau geführten Rechtsstreits (7 Ca 1194/03).

Die Klägerin hat erstinstanzlich behauptet, dass das Umschulungsverhältnis nicht vorzeitig beendet worden sei. Insbesondere sei kein Aufhebungsvertrag geschlossen worden. Sie habe regelmäßig an den Lehrveranstaltungen teilgenommen. Fehlzeiten seien nur aufgrund von Arbeitsunfähigkeit eingetreten. Anlässlich des am 04.07.2002 geführten Gesprächs seien zwischen den Parteien keine Festlegungen getroffen worden. Der Klägerin sei nur eröffnet worden, dass eine Fortsetzung der Umschulungsmaßnahme nicht mehr in Betracht komme. Die Klägerin habe sich einer Aufhebung der Ausbildungsmaßnahme ausdrücklich widersetzt. Sie habe hierzu darauf verwiesen, dass die von der Beklagten genannten Gründe für einen Abbruch nur vorgeschoben seien. Eine anders lautende Niederschrift sei falsch. Eine mündliche Aufhebung des Umschulungsvertrages sei überdies formwidrig. Entgegen dem Schreiben vom 08.07.2002 habe nicht die Klägerin das Umschulungsverhältnis gekündigt.

Die Klägerin hat erstinstanzlich folgenden Klagantrag gestellt:

Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Berufsbildungsverhältnis auch über den 06.07.2002 fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, dass die Klägerin entgegen ihrer Verpflichtung nicht regelmäßig an allen Lehrveranstaltungen teilgenommen habe. Wegen hoher Fehlzeiten habe die Klägerin über kein ausreichendes Wissen verfügt. Dies habe die Beklagte dem Arbeitsamt angezeigt. Deshalb sei es zu einem Gespräch gekommen, in dem folgende Festlegungen getroffen worden seien:

  • Abbruch der Maßnahme zum 05.07.2002;
  • Vereinbarung einer freien Förderung über fünf Unterrichtseinheiten (Rangieren) zur Sicherung eines teilweisen Bildungsergebnisses;
  • Übernahme der Kosten einer Wiederholungsprüfung durch das Arbeitsamt.

Damit seien sämtliche Ausbildungsmaßnahmen einvernehmlich aufgehoben worden. Dies ergebe sich auch aus der Niederschrift vom 04.07.2002 (Bl. 89 f. d. A.). Die Klägerin verhielte sich treuwidrig, wenn sie sich auf einen Formmangel beruft.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dass das Umschulungsverhältnis schon deshalb fortbestehe, weil eine einvernehmliche Aufhebung der Umschulung formwidrig sei. Ein Verstoß gegen § 242 BGB liege nicht vor.

Das Urteil des Arbeitsgerichts Zwickau vom 13.03.2003 – 1 Ca 2991/02 – wurde der Beklagten am 15.05.2003 zugestellt. Die Beklagte hat mit am gleichen Tag eingehendem Schriftsatz ...

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