Verfahrensgang

ArbG Dresden (Urteil vom 08.10.1997; Aktenzeichen 6 Ca 1730/97)

 

Tenor

1) Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 08.10.1997 – 6 Ca 1730/97 – auch im übrigen abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2) Der Kläger trägt die Kosten des gesamten Rechtsstreits.

3) Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung der Beklagten vom 04.02.1997 zum 30.09.1997.

Der am 03.06.1957 geborene Kläger ist bei der Beklagten, die Verlegerin der Tageszeitung „Sächsische Zeitung” ist, seit 01.07.1988 als Redakteur, zuletzt in der Lokalredaktion der … beschäftigt. Mit ca. 950.000 Lesern gehört die … zu den größten Zeitungen in Deutschland. Vor der Wiedervereinigung war die … Parteiorgan der ehemaligen Bezirksleitung der SED in …

Mit Schreiben vom 04.02.1997 (Bl. 8 d. A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 30.09.1997. Der Kläger erhielt das Kündigungsschreiben am 06.02.1997.

Der Kläger arbeitete zunächst als Redakteur ausschließlich in den Betriebszeitungen … und …. Von 1984 bis 1985 absolvierte der Kläger ein einjähriges Praktikum bei der … Danach nahm der Kläger ein dreijähriges Studium an einer Parteihochschule auf. Bei der … arbeitete der Kläger zunächst in der Kreisredaktion … Land und ab Oktober 1988 in der Abteilung Außenpolitik. Mit Änderungsvertrag vom 04.10.1989 wurde der Kläger in die Kreisredaktion versetzt und zum stellvertretenden Kreisredakteur befördert.

Der Kläger verpflichtete sich am 18.02.1976 und am 12.01.1989 jeweils schriftlich zu einer Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Ministerium für Staatssicherheit (im Folgenden: MfS). Der Kläger wurde von mehreren Führungsoffizieren angeleitet. In mehr als 20 Fällen erhielt der Kläger Geldzuwendungen vom MfS.

Der Kläger verfasste als Redakteur der Kreisredaktion … fünf Beiträge über das MfS betreffende Themen.

Am 15.01.1997 unterrichtete die Beklagte den bei ihr gebildeten Betriebsrat über die ihr bekannt gewordenen Sachverhalte. Am 16.01.1997 fand eine Anhörung des Klägers statt, der Kläger stritt die ihm vorgehaltenen Umstände nicht ab.

Mit Schreiben vom 27.01.1997 (Bl. 71 ff. d. A.) wurde der Betriebsrat zur Kündigungsabsicht der Beklagten angehört. Mit Schreiben vom 03.02.1997 (Bl. 76 d. A.) widersprach der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung.

Mit Schreiben vom 12.05.1998 (Bl. 613 ff. d. A.) hörte die Beklagte den Betriebsrat ergänzend zu weiteren Kündigungssachverhalten an. Der Betriebsrat widersprach mit Schreiben vom 19.05.1998 (Bl. 617 d. A.).

Der Kläger hat erstinstanzlich behauptet, dass ein Grund für eine Kündigung nicht bestünde. Auch könne die Kündigung nicht auf Bestimmungen des Einigungsvertrages gestützt werden, da die Beklagte nicht dem öffentlichen Dienst angehöre.

Kontakte zum MfS seien bedeutungslos gewesen. Er sei nicht vorrangig zu Bespitzelung von in … verweilenden Auslandskorrespondenten eingesetzt gewesen. Der Kläger bestreitet die Existenz einer „Einsatzkonzeption”. Er habe während seiner Tätigkeit in der Abteilung Außenpolitik nur zu einem Auslandskorrespondenten Kontakt gehabt. Während des dreitägigen Pressefestes im Frühjahr 1989 habe er die Aufgabe gehabt, den Chefredakteur der sowjetischen Nachrichtenagentur … zu begleiten. Für die … sei es üblich gewesen, Gäste auf diese Weise zu betreuen.

Er habe sich zu keiner Zeit gegenüber einem Dritten schuldig gemacht. Er habe auch keine kriminellen Handlungen begangen. Auch nach 1989 habe er sich stets loyal verhalten.

Er erfülle die sich aus § 7 des Sächsischen Pressegesetzes ergebenden Anforderungen. Die Beklagte negiere vielmehr den Grundsatz der „Freiheit der Presse”.

Die frühere Tätigkeit des Klägers stelle auch keine nachrichtendienstliche Tätigkeit dar. Sein aufopferungsvolles und engagiertes journalistisches Wirken genieße im Freistaat Sachsen hohe Achtung und Anerkennung. Es sei nicht ungewöhnlich gewesen, wenn Betriebszeitungsredakteure nach einem Hochschulstudium an Bezirkszeitungen eine neue Tätigkeit aufgenommen haben. Er, der Kläger, sei nicht planmäßig in die Abteilung Außenpolitik versetzt worden.

Der Kläger hat erstinstanzlich folgende Klageanträge gestellt:

  1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 04.02.1997 nicht aufgelöst wird.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu den bisherigen Arbeitsbedingungen als Redakteur in der Lokalredaktion der „Sächsischen Zeitung” in Pirna weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, dass im Januar 1997 aufgrund einer Studie von … zum Thema „Staatssicherheitsdienst und Bezirksparteizeitungen”. Politische Absicherung der Berichterstattung der SED-Bezirksparteizeitungen am Beispiel … erfahren habe, dass der Kläger inoffizieller Mitarbeiter des MfS gewesen ist. Damit stelle die Beschäftigung des Klägers eine permanente Verletzung ihrer Tendenz dar. Der Kläger verstoße mit seiner früheren Tätigkeit fü...

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