Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermäßigung des Regelstundenmaßes für schwerbehinderte Lehrkräfte

 

Normenkette

BGB § 611

 

Verfahrensgang

ArbG Chemnitz (Urteil vom 24.08.1998; Aktenzeichen 5 Ca 3515/98)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.09.2000; Aktenzeichen 9 AZR 516/99)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 24.08.1998 – 5 Ca 3515/98 – wird auf Kosten des Klägers

zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger fordert die Gewährung einer Ermäßigung von zwei Stunden auf sein Regelstundenmaß gemäß Ziffer 4.3 des Erlasses zur Durchführung des Schwerbehindertengesetzes im Geschäftsbereich des Sachs. Staatsministeriums für Kultus – Az. 14-0304.10/77 – vom 03.03.1997 (Amtsbl. des SMK Nr. 3 vom 27.03.1997) – im Folgenden: Erlass vom 03.03.1997.

Der Kläger ist seit 1960 im Schuldienst mit Lehrtätigkeit beschäftigt, zuletzt beim beklagten Freistaat mit Änderungsvertrag vom 15.08.1991 (Bl. 6 d.A.) in der Fassung des Änderungsvertrages vom 15.05.1992 (Bl. 7 d.A.). Das durchschnittliche monatliche Bruttoentgelt des Klägers beträgt ca. 5.838,00 DM.

Mit Bescheid des Arbeitsamtes Annaberg-Buchholz vom 15.08.1995 (Bl. 8 d.A.) wurde der Kläger gemäß § 2 SchwbG ab dem 24.01.1995 Schwerbehinderten gleichgestellt. Mit Schreiben vom 11.04.1997 (Bl. 9 d.A.) beantragte der Kläger die Gewährung einer Ermäßigung von zwei Stunden auf das wöchentliche Regelstundenmaß gemäß Ziffer 4.3 des Erlasses vom 03.03.1997. Das Oberschulamt lehnte diesen Antrag mit Schreiben vom 22.04.1997 (Bl. 10 d.A.) und vom 30.12.1997 (Bl. 13 d.A.) ab.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, aufgrund seiner Gleichstellung mit Schwerbehinderten habe er einen Anspruch auf Ermäßigung des Regel Stundenmaßes. Dies ergebe sich u.a. aus Ziffer 2.1 des Erlasses vom 03.03.1997, wonach die Bestimmungen des Schwerbehindertengesetzes gemäß § 2 Abs. 2 SchwbG grundsätzlich auch auf Gleichgestellte anzuwenden sind, ebenso auch nach Ziffer III. 1. der Verwaltungsvorschrift der Sächsischen Staatsregierung zur Durchführung des Schwerbehindertengesetzes im öffentlichen Dienst im Freistaat Sachsen vom 06.11.1997, Az. 11-0304.1/8 (Sachs. Amtsbl. Nr. 48 vom 27.11.1997). Die Gleichstellung mit Schwerbehinderten impliziere zugleich auch eine Gleichbehandlung, so dass Ziffer 4.3 des Erlasses vom 03.03.1997 einen Anspruch auch für Gleichgestellte begründe.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger eine Ermäßigung von zwei Stunden auf das wöchentliche Regelstundenmaß zu gewähren.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Meinung vertreten, eine Ermäßigung auf das Regel stundenmaß nach Ziffer 4.3 des Erlasses vom 03.03.1997 könnten nur schwerbehinderte Lehrkräfte erhalten. Gemeint seien nur Schwerbehinderte mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50, nicht jedoch Gleichgestellte nach § 2 SchwbG. Dies ergebe sich insbesondere aus der Wortwahl in Ziffer 4.3 des Erlasses vom 03.03.1997, in dem ausdrücklich von schwerbehinderten Lehrkräften gesprochen werde. Die Regelungen des Schwerbehindertengesetzes zur Gleichstellung seien ausschließlich für die Beschaffung und Sicherung eines Arbeitsplatzes konzipiert; eine Auswirkung auf Vorschriften außerhalb des Schwerbehindertengesetzes bewirke die Gleichstellung nicht. Im Übrigen würde durch die Ermäßigung des Regelstundenmaßes dem Schwerbehinderten faktisch ein Mehr an Erholungs- und Urlaubszeit zugesprochen, so dass analog die gleiche Materie geregelt würde wie in § 47 SchwbG (Zusatzurlaub), welcher auf Gleichgestellte nach § 2 Abs. 2 SchwbG nicht anzuwenden sei.

Das Arbeitsgericht Chemnitz hat mit Urteil vom 24.08.1998 die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten dieser Entscheidung wird auf die Entscheidungsgründe (Bl. 38 bis 42 d.A.) verwiesen.

Das Urteil des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 24.08.1998 wurde dem Kläger am 02.11.1998 zugestellt. Die hiergegen gerichtete Berufung ging am 23.11.1998 beim Sächsischen Landesarbeitsgericht ein und wurde mit einem am 27.01.1999 eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis 25.01.1999 verlängert worden war.

Zur Begründung seiner Berufung greift der Kläger die erstinstanzliche Entscheidung mit weiteren Rechtsausführungen an. Er ist insbesondere der Ansicht, bei dem Erlass vom 03.03.1997 handele es sich um eine Gesamtzusage, die auf das Arbeitsverhältnis des Klägers Anwendung finde. Die Auslegung derartiger Erklärungen an die Allgemeinheit richte sich nach der Verständnismöglichkeit eines durchschnittlichen Beteiligten oder eines Angehörigen des gerade angesprochenen Personenkreises. Aus dem Gesamtzusammenhang des Erlasses vom 03.03.1997 ergebe sich, dass von dem Begriff „schwerbehinderte Lehrkräfte” in Ziffer 4.3 des Erlasses auch Gleichgestellte erfasst würden. Im Übrigen stehe dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auch aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes zu.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 24.08.1998 – 5 Ca 351...

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