Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristeter Arbeitsvertrag eines programmgestaltend beschäftigten “Producers„ im Rahmen des Kinder- und Kulturprogramms einer Rundfunkanstalt. Unbegründete Feststellungsklage bei unzureichenden Darlegungen des Arbeitnehmers zu seinem überwiegenden Interesse an einer Dauerbeschäftigung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein sachlicher Grund zur Befristung des Arbeitsverhältnisses liegt gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG vor, wenn die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt. Zu den von dieser Vorschrift erfassten Arbeitsverhältnissen, bei denen eine Befristung wegen der Art der Tätigkeit ohne Hinzutreten eines weiteren Sachgrundes vereinbart werden kann, zählen auch die Arbeitsverhältnisse der programmgestaltenden Mitarbeiter der Rundfunkanstalten.

2. Bei der gebotenen Interessenabwägung ist auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen, so dass für die Wirksamkeit der Befristung das von der Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) gedeckte besondere Interesse an einer zeitlichen begrenzten Beschäftigung des programmgestaltenden Mitarbeiters bezogen auf dessen konkrete Tätigkeit dessen Interesse an einer Dauerbeschäftigung überwiegen muss.

3. Wandel und Vielfalt des Programms einer Rundfunkanstalt werden durch den Wechsel des Personals gewährleistet und nicht durch dessen Konstanz.

4. Zeiten einer Beschäftigung als freier Mitarbeiter zählen im Rahmen der Interessenabwägung nicht als langjährige Beschäftigung.

5. Ein sechs Jahre währendes Arbeitsverhältnis ist noch kein langjähriges Beschäftigungsverhältnis, das zu einem überwiegenden Interesse des Arbeitnehmers an einer Dauerbeschäftigung führen kann.

 

Normenkette

GG Art. 5 Abs. 1 S. 2; TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Leipzig (Entscheidung vom 10.03.2016; Aktenzeichen 6 Ca 3811/15)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.10.2018; Aktenzeichen 7 AZR 92/17)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 10.03.2016 - Az. 6 Ca 3811/15 -

a b g e ä n d e r t

und die Klage abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses der klagenden Partei.

Der am ...1970 geborene und verheiratete Kläger war von 1992 bis Anfang 2010 freier Mitarbeiter des Beklagten. Von 1992 bis 1998 war der Kläger als Volontär bzw. geringfügig tätig und von 1998 bis Anfang 2010 nahezu in dem zeitlichen Umfang eines Vollzeitarbeitsverhältnisses. Mit Vertrag vom 10.02.2010 vereinbarten die Parteien ein befristetes Arbeitsverhältnis als Producer für die Zeit vom 15.02.2010 bis zum 14.02.2013. Ausweislich § 1 des Arbeitsvertrages vom 10.02.2010 erfolgte die Befristung, weil die zur Verfügung stehende Planstelle aus programmlichen Gesichtspunkten befristet ausgeschrieben wurde und der Arbeitnehmer programmgestaltend tätig wird. Mit Vertrag vom 24.01.2013 vereinbarten die Parteien eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bis zum 14.02.2016. Auch die erneute Befristung erfolgte ausweislich der Anlage K 4 (Bl. 13 d. A.), weil der Arbeitnehmer weiterhin programmgestaltend tätig ist. Das Bruttomonatsgehalt des Klägers belief sich auf zuletzt 5.148,00 €. Gegen die am 24.01.2013 vereinbarte Befristung wendet sich der Kläger mit der am 20.10.2015 erhobenen Entfristungsklage. Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, dass die Programmgestaltung allein kein anerkennenswerter Befristungsgrund sein könne, denn sie sei eine Daueraufgabe und vom Kläger schon seit 1992 - wenn auch in unterschiedlichen zeitlichen Umfängen - durchgeführt worden. Der Kläger sei sowohl für den Kulturbereich als auch den Kindermedienbereich zuständig gewesen, und zwar im Umfang einer Vollzeitbeschäftigung. Der Kläger hat vorgetragen, dass die Tätigkeit des Producers an sich nicht zwingend programmgestaltend sei, was beispielsweise daraus ersichtlich sei, dass im November 2015 die Stelle eines Producers für den Programmbereich ... in ... unbefristet ausgeschrieben worden sei. Da der Kläger nicht nur für eine bestimmte Sendereihe zuständig gewesen sei, sei sein Arbeitsverhältnis also auch nicht von deren Fortführung abhängig. Selbst bei Vorliegen eines Sachgrundes müsse die Interessenabwägung zugunsten des Klägers ausfallen wegen der Vielfalt der ihm übertragenen Aufgaben, die dafür sprächen, dass ihm auch Veränderungen des Kinderprogramms zuzutrauen seien, ebenso wie die Übernahme anderer Programmbereiche. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass zu beachten sei, dass das Grundrecht der Rundfunkfreiheit im Verhältnis zwischen der Anstalt des öffentlichen Rechts und des Mitarbeiters nicht unmittelbar Anwendung finde, sondern dass dieses in erster Linie ein Abwehrrecht der Rundfunkanstalt gegenüber dem Staat sei. Des Weiteren sei auch entscheidungserheblich, dass es sich vorliegend um eine öffentlich-rechtliche Anstalt handele, die zur Objektivität und parteipolitischen Neutralität verpflichtet s...

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