Verfahrensgang

ArbG Leipzig (Urteil vom 23.08.1995; Aktenzeichen 11 Ca 4491/95)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des ArbG Leipzig vom 23.08.1995 – 11 Ca 4491/95 – wird auf Kosten der Beklagten

zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Dauer der anrechnungsfähigen Postdienst- bzw. Dienstzeiten des Klägers auf der Grundlage der §§ 16, 17 des „Tarifvertrages Nr. 401 e über die Anerkennung früherer Beschäftigungszeiten für die Angestellten im Beitrittsgebiet” vom 02. Februar 1992.

Der am 23.09.1948 geborene Kläger wurde am 01.01.1985 bei der Deutschen Post im Funkamt … eingestellt und in der Funkübertrags stelle … als Überwacher und Instandhalter beschäftigt. Von 1985 bis 1990 absolvierte er ein Fachschulfernstudium in der Fachrichtung Technik und Technologie des Fernmeldewesens und erwarb am 25.07.1990 den Fachschulabschluß als Ingenieur. Seit April 1995 arbeitet er bei der Beklagten als Sachbearbeiter Service-Center Rundfunk in … wird nach der Vergütungsgruppe IV a eingestuft und erzielte zuletzt ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von ca. DM …

Der einschlägige Tarifvertrag für die Angestellten der Deutschen Bundespost im Beitrittsgebiet (TV-Ang-O) findet kraft einzelvertraglicher Vereinbarung Anwendung.

Soweit für den Rechtsstreit von Bedeutung enthält der Tarifvertrag folgende Bestimmungen:

㤠16

Postdienstzeit

(1) Postdienstzeit ist die bei der Deutschen Bundespost/Deutschen Post und der Landespostdirektion … in einem Ausbildungs-, Arbeits- oder Beamten Verhältnis zurückgelegte Zeit, auch wenn sie unterbrochen ist; dies gilt auch für eine als Postjungbote zugebrachte Zeit. Zeiten einer Beschäftigung mit weniger als der Hälfte der jeweils geltenden regelmäßigen Arbeitszeit eines vollbeschäftigten Angestellten werden nicht berücksichtigt.

Übergangsvorschriften:

1. für Zeiten vor dem 01. Januar 1991

Von der Berücksichtigung als Postdienstzeit sind ausgeschlossen

a) Zeiten jeglicher Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit/Amt für Nationale Sicherheit (einschließlich der Verpflichtung zu informeller/inoffizieller Mitarbeit)

§ 17

(1) Die Dienstzeit umfaßt

a) die Postdienstzeit

…”

Auf Antrag des Klägers vom 12.10.1992 hat die Beklagte den Beginn der Postdienstzeit und den der Dienstzeit auf den 01.01.1985 festgesetzt.

In dem zuvor genannten Antrag hatte der Kläger auch angegeben, niemals als informeller oder inoffizieller Mitarbeiter für das Ministerium für Staatssicherheit/Amt für Nationale Sicherheit (MfS) tätig gewesen zu sein.

Aus dem Einzelbericht zum Schreiben des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (folgend: Gauck-Auskunft) vom 15.12.1993 ergibt sich, daß der Kläger vom 18.01.1989 bis zum 20.11.1989 als sogenannter „Gesellschaftlicher Mitarbeiter für Sicherheit (GMS)” unter dem Decknamen „…” geführt worden war. Eine persönliche Verpflichtung liegt nicht vor. Als Grund und Ziel der Anwerbung war angegeben: „Bearbeitung des … Spieler im Wohn- und Freizeitbereich”.

Zu diesem Bericht ist der Kläger am 19.08.1994 gehört worden. Dabei hat er angegeben, daß das MfS Anfang des Jahres 1989 zu ihm für kurze Zeit inoffiziellen Kontakt aufgenommen habe. Es ging um Informationen über einen Nachbarn, der als Kraftfahrer im grenzüberschreitenden Verkehr eingesetzt war. Dabei sei es zu zwei Treffen mit einem MfS-Mitarbeiter in seiner Wohnung gekommen.

Die Beklagte teilte dem Kläger sodann am 25.10.1994 mit, daß die vor dem 21.11.1989 liegenden Beschäftigungszeiten von der Berücksichtigung als Postdienst- und Dienstzeit nunmehr ausgeschlossen werden.

Mit weiteren Schreiben vom 10.11.1994 und 28.02.1995 erging an den Kläger der Hinweis, daß er aufgrund der Nichtanerkennung von Beschäftigungszeiten mit Rückforderung überzahlter Bezüge in Höhe von DM 4.130,00 bzw. 4.129,42 rechnen müsse.

Der Kläger hat mit einem Schreiben vom 29.01.1995 sowohl der Aberkennung der Beschäftigungszeiten als auch der damit verbundenen Rückforderung von Vergütung widersprochen.

Mit der am 03.05.1995 beim Arbeitsgericht Leipzig eingereichten Klage begehrt der Kläger die Feststellung, daß die Beklagte verpflichtet ist, eine Postdienst-/Dienstzeit ab 01.01.1985 anzuerkennen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei nicht für das MfS tätig gewesen. Es treffe zwar zu, daß es Anfang 1989 für kurze Zeit zu inoffiziellen Kontakten gekommen sei, wobei ihn MfS-Mitarbeiter aufgesucht hätten, eine Zusammenarbeit habe jedoch nicht vorgelegen. Man habe ihm Fragen hinsichtlich eines Nachbarn gestellt.

Im Personalfragebogen vom März 1991 und im Antrag auf Anerkennung von Vordienstzeiten habe er die Kontakte nicht vermerkt, weil er eine Zusammenarbeit mit dem MfS letztlich abgelehnt und keine wesentlichen Informationen über die persönlichen Verhältnisse und Familienverhältnisse seines Nachbarn geliefert habe. Dies werde auch deutlich, daß es in der Gauck-Akte keine Treffberichte gebe. Es sei in diesem Zusammenhang unzutreffend...

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