Verfahrensgang

ArbG Leipzig (Urteil vom 26.10.1994; Aktenzeichen 4 Ca 5347/94)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 26. Oktober 1994 – 4 Ca 5347/94 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Anerkennung von Beschäftigungszeiten.

Der am 18. Februar 1949 geborene Kläger ist Feuerwehrmann. Vom 01. September 1978 bis 31. August 1990 war er im Brandschutzamt B. der Deutschen Volkspolizei als Einsatzkraft mit dem Dienstgrad Hauptfeuerwehrmann beschäftigt. Mit Wirkung vom 01. September 1990 wurde er zum Brandschutzamt L. der Deutschen Volkspolizei versetzt.

Am 22. Februar 1991 schlossen die Parteien einen schriftlichen Arbeitsvertrag. In § 4 dieses Arbeitsvertrages wurde folgende Nebenabrede vereinbart:

  1. „Auf die Ableistung einer Probezeit wird verzichtet, sofern der Angestellte bis zum 31.12.1990 mindestens sechs Monate im Organ Feuerwehr tätig war.
  2. Der Angestellte ist seit dem 01.09.1978 im Organ Feuerwehr tätig. Diese Beschäftigungs- und Dienstzeit, beginnend ab 01.09.1978, wird vorbehaltlich neuer tariflicher Regelungen anerkannt.
  3. Bis zur tariflichen Neuregelung bleibt die bisherige Vergütung in Kraft”.

In der ehemaligen DDR war die Feuerwehr organisatorisch dem Ministerium des Innern zugeordnet. Im Ministerium des Innern gab es eine Hauptabteilung Feuerwehr. Der Hauptabteilung Feuerwehr im Ministerium des Innern waren auf Bezirksebene die Abteilung Feuerwehr der Bezirksbehörden der Deutschen Volkspolizei nachgeordnet und diesen wiederum die Abteilung Feuerwehr der Volkspolizei-Kreisämter. Die Abteilung Feuerwehr hatte auf den verschiedenen Ebenen keine eigene Rechtspersönlichkeit, auch waren die Bezirksbehörden und Volkspolizei-Kreisämter an Weisungen des Ministeriums des Innern gebunden.

Die Arbeitsverträge der Feuerwehrleute wurden nicht mit dem Ministerium des Innern, sondern – so auch beim Kläger mit der jeweiligen Beschäftigungsdienststelle, im Fall des Klägers der Deutschen Volkspolizei, Brandschutzamt B., geschlossen. Die Disziplinargewalt wurde auf unterster Ebene vom Leiter des Volkspolizei-Kreisamtes wahrgenommen, die fachliche Anleitung durch den übergeordneten Leiter der Abteilung Feuerwehr bei der Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei. Versetzungsanordnungen ergingen gleichfalls von der Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei.

Mit Inkrafttreten des Einigungsvertrages am 03. Oktober 1990 übernahm der Freistaat Sachsen zunächst die bei den Bezirksbehörden der Deutschen Volkspolizei und den Volkspolizei-Kreisämtern in Sachsen beschäftigten Feuerwehrleute als Teil der überführten Deutschen Volkspolizei. Zum 01. Januar 1991 wurden dann die Feuerwehren aus der Zuständigkeit des Freistaates Sachsen ausgegliedert und der Brandschutz den Städten und Gemeinden übertragen. Die Berufsfeuerwehren wurden von den Städten übernommen (auf die Anordnung des Staatsministeriums der Justiz vom 18. Dezember 1990 – Bl. 17 d. A. – wird Bezug genommen). Nach dem Sächsischen Brandschutzgesetz vom 02. Juli 1991 (GVBl. S. 227) obliegt den Gemeinden der abwehrende Brandschutz und die Hilfeleistung durch die Feuerwehr (§ 2 SächsBrandschutzG). Die Beklagte übernahm zum 01. Januar 1991 die im Stadtgebiet L. befindlichen Einrichtungen und Gerätschaften der Feuerwehr.

Die Beklagte setzte den Beginn der Beschäftigungszeit des Klägers bei der Stadt L. auf den 01. September 1990 fest. Die Zeiten der Beschäftigung des Klägers bei der Deutschen Volkspolizei, Brandschutzamt B., vom 01. September 1978 bis 31. August 1990 erkannte die Beklagte nicht als Beschäftigungszeit nach § 19 BAT-O an.

Die Anerkennung der Beschäftigungszeit beim Brandschutzamt B. würde die Grundvergütung des Klägers erhöhen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beschäftigungszeiten beim Brandschutzamt B. seien anzuerkennen. Das Brandschutzamt B. sei keine eigene Dienststelle gewesen, er sei vielmehr stets Beschäftigter des Ministerium des Innern gewesen.

Der Kläger hat beantragt:

Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, die Beschäftigungszeiten des Klägers seit dem 01. September 1978 gemäß § 19 BAT-O anzuerkennen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Beschäftigungszeiten des Klägers vor dem 01. September 1990 seien nicht anzuerkennen, weil der Kläger vor diesem Zeitpunkt nicht in L. beschäftigt gewesen sei.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 26. Oktober 1994 der Klage stattgegeben. Wegen der Einzelheiten dieser Entscheidung wird auf Bl. 45 bis 55 d. A. Bezug genommen.

Gegen das der Beklagten am 02. Dezember 1994 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Beklagte am 23. Dezember 1994 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 23. Februar 1995 am 23. Februar 1995 begründet.

Die Beklagte greift das Urteil des Arbeitsgerichts mit Rechtsausführungen an und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Dabei hebt sie hervor, daß in der Z...

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