Entscheidungsstichwort (Thema)

Besetzung der Einigungssstelle. Bildung einer Einigungsstelle mit den Beteiligten

 

Leitsatz (amtlich)

1) Ist die Einigungsstelle um deren Besetzung gem. § 76 Abs. 2 S. 2 und 3 BetrVG die Betriebsparteien streiten, nicht offensichtlich unzuständig, so ist für einen „Widerantrag”, der die Besetzung für eine Einigungsstelle mit erweiterter Thematik anstrebt, kein Raum; das Verfahren nach § 98 ArbGG dient nicht der Frage, mit welchen Angelegenheiten sich die Einigungstelle sinnvoll erweise noch befassen soll.

2) Vor Anrufung der Einigungsstelle muss eine gütliche Einigung versucht worden sein.

Es ist im Rahmen der Prüfung nach § 98 Abs. 1 Satz 1 ArbGG nicht zu beanstanden, wenn der Arbeitgeber den Einigungsversuch für gescheitert hält, weil der Betriebsrat den einen Änderungsvorschlag des Arbeitgebers abgelehnt hat und an der bisherigen Regelung festhalten will.

 

Normenkette

ArbGG § 98; BetrVG § 76 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Dresden (Entscheidung vom 02.08.2001; Aktenzeichen 12 BV 48/01)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners (Betriebsrat) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dresden vom 02.08.2001 – 12 BV 48/01 – sowie der Hilfsantrag des Antragsgegners werden

zurückgewiesen.

 

Gründe

1.

Die Antragstellerin beschäftigt 42 Arbeitnehmer und beabsichtigt, von einem durch Betriebsvereinbarung geregelten Drei-Schicht-Betrieb auf einen Zwei-Schicht-Betrieb überzugehen. Sie hat deshalb die bisherige Betriebsvereinbarung gekündigt und dem Antragsgegner, dem bei ihr gebildeten Betriebsrat, den Entwurf einer „Betriebsvereinbarung 03/2001” (Bl. 4/5 d. A.) am 01.06.2001 vorgelegt und erläutert. Der Antragsgegner, der bei der Antragstellerin gebildete Betriebsrat, hat diesen Entwurf abgelehnt und am 26.06.2001 erklärt, es solle nach der bisherigen – gekündigten – Betriebsvereinbarung weiter verfahren werden.

Mit Schreiben vom 10.07.2001 (Bl. 6 d. A.) vertrat die Antragstellerin die Ansicht, die innerbetrieblichen Verhandlungen seien endgültig gescheitert. Sie rief deshalb die Einigungsstelle an und schlug eine Besetzung mit je zwei Beisitzern sowie mit der Richterin am Arbeitsgericht …, Frau … als Vorsitzende.

Der Antragsgegner erklärte sich mit Schreiben vom 16.07.2001 (Bl. 7 d. A.) mit der Bildung der Einigungsstelle zu dem von der Antragstellerin genannten Betreff „Betriebsvereinbarung Schichtenplanung und Freischichtenregelung” einverstanden, schlug jedoch für jede Seite drei Beisitzer und als Vorsitzenden Herrn … Vorsitzender Richter am … vor.

2.

Die Antragstellerin hat mit am 20.07.2001 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz die Auffassung vertreten, in Anbetracht der geringen Zahl der Belegschaftsmitglieder sei die Besetzung mit je zwei Beisitzern ausreichend und entspräche der Regelbesetzung, Frau … sei als Vorsitzende benannt worden, da sie unparteiisch sei und bereits in einem Einigungsstellenverfahren tätig gewesen sei.

Die Antragstellerin hat beantragt,

  1. die Richterin am Arbeitsgericht Senftenberg, Frau Lore …, zur Vorsitzenden einer Einigungsstelle zu bestellen,
  2. die Zahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer auf zwei festzusetzen.

Der Antragsgegner hat beantragt,

  • die Anträge zurückzuweisen,
  • hilfsweise,

    als Vorsitzenden der Einigungsstelle Herrn Vorsitzenden Richter am … einzusetzen und die Zahl der Beisitzer auf je drei festzulegen.

Der Antragsgegner hat eingewandt, über die beabsichtigte Abschaffung der dritten Schicht hätte es keine Beratung zwischen den Beteiligten gegeben, diese stelle eine Betriebsänderung dar.

Zwar bestünden keine Bedenken gegen die von der Antragstellerin vorgeschlagene Vorsitzende. Jedoch habe die IG Metall Verwaltungsstelle …, mit Herrn … bisher gute Erfahrungen gemacht. Wegen der Komplexität der zu regelnden Materie sei auch die Anzahl der Beisitzer auf je drei festzulegen.

3. Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 01.08.2001 nach den Anträgen der Antragstellerin erkannt und zur Begründung u. a. ausgeführt, es gäbe keinen Anlass, vom Vorschlag der Antragstellerin abzuweichen, da keine Ansatzpunkte dafür vorhanden seien, dass die vorgeschlagene Person den Vorsitz nicht ebenso sachgerecht ausüben könne wie der vom Antragsgegner vorgeschlagene Richter. Für die Regelbesetzung mit je zwei Beisitzern sprächen im Übrigen bessere Gründe. Eine derart besetzte Einigungsstelle arbeite im Regelfall rascher, effizienter und kostengünstiger. Auch der Schwierigkeitsgrad der zu regelnden Materie rechtfertige nicht eine Abweichung von der Regelbesetzung.

Gegen diesen ihm am 06.08.2001 zugestellten Beschluss richtet sich die am 10.08.2001 beim Landesarbeitsgericht eingereichte Beschwerde des Antragsgegners (welcher sich in der Beschwerdeschrift allerdings als „Antragsteller” bezeichnet). Dieser führt aus, der Arbeitgeber sei, da ein Übergang auf den Zwei-Schicht-Betrieb nachteilige Folgen für die Arbeitnehmer habe, verpflichtet, im Rahmen der §§ 80, 92 BetrVG die Auswirkungen auf das Personal darzustellen. Diese Informationspflichten könne der Arbeitgeber nicht dadurch umgeh...

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